UN-Gremium im Dienste der Machtpolitik

In Genf steht auch das Schicksal der Menschenrechtskommission auf der Tagesordnung. Kluft zwischen Anspruch und Realität. Fragwürdige Pläne zur Reform.

Die UN-Menschenrechtskommission ist gescheitert. Das war den Beteiligten schon zu Beginn der 61. Tagung in Genf am Montag klar. Offen zur Sprache brachte es aber niemand – bis der kubanische Außenminister Felipe Pérez Roque das Wort ergriff, um dem Gremium seine Doppelzüngigkeit vorzuwerfen. »Es gibt keinen wahrhaften Zugang zu den Menschenrechten, wenn es keine Gleichheit und keinen Ausgleich gibt«, so Pérez Roque. Die Armen und die Reichen würden im wirklichen Leben niemals gleiche Rechte haben, auch wenn diese auf dem Papier verkündet und anerkannt sein sollten, erklärte der kubanische Minister unter dem Beifall der Vertreter aus Lateinamerika, Asien und Afrika.

Harte Kritik hatte es schon zu Beginn der Tagung am Montag von der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte gegeben. Bisher sei die Kommission bei der Umsetzung der Menschenrechte hinter ihrem Auftrag zurückgeblieben, sagte Louise Arbour. Statt sich gegenseitig zu beschuldigen oder zu entlasten, sollten sich die Mitgliedsstaaten darauf konzentrieren, den Opfern zu helfen. Es steht zu befürchten, daß der Appell ungehört verhallt und sich die Farce fortsetzt. Auch in diesem Jahr wird auf Initiative Washingtons eine Resolution gegen Kuba eingebracht werden. Die Folterverbrechen der USA in Irak oder im Internierungslager im US-Marinestützpunkt Guantánamo hingegen wurden nicht in die offizielle Tagesordnung aufgenommen. Bis auf Kuba, so scheint es, traut sich niemand, den USA die Stirn zu bieten.

Vor diesem Hintergrund sind auch die Pläne zur Reform der Kommission fragwürdig. Würde die Zahl der derzeit 53 Mitglieder auf alle 191 UN-Mitgliedsstaaten ausgeweitet, änderte das nichts an der Polarisierung. Bedenklicher aber noch ist der von den USA befürwortete Vorschlag, Staaten, die nach Meinung der Kommission gegen Menschenrechte verstoßen, aus dem Gremium auszuschließen. Das Ergebnis wäre verheerend. »Menschenrechtsverstöße« könnten dann von einer »bereinigten« Kommission ohne weiteren Widerstand als Vorwand für militärische Aktionen geliefert werden. Weil die USA und die EU-Staaten sich in den vergangenen Jahren gegenseitig deckten, und arme Staaten unter mehr oder weniger offenen Drohungen zu einem opportunen Votum zwangen, würden sie bei Verstößen hingegen ungeschoren davonkommen. Das trifft nicht nur auf die USA zu, sondern z.B. auch auf Spanien. Als ein Sonderberichterstatter im vergangenen Jahr Folter in spanischen Gefängnissen anklagte, brach bei den Vertretern der Industrienationen ein Sturm der Empörung los. Eine Verurteilung wurde – natürlich – abgelehnt. Auch von Deutschland.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Harald Neuber
Junge Welt, 19.03.2005