Keine Lösung in Sicht

Für die Situation der an der Grenze zwischen Costa Rica und Nicaragua festsitzenden kubanischen Migranten zeichnet sich weiter keine Lösung ab. Die Außenminister von zwölf Ländern der Region konnten sich am Dienstag in San Salvador nicht auf gemeinsame Maßnahmen einigen. Jedes Land wolle aber im Rahmen seiner souveränen Entscheidungen dazu beitragen, die Krise zu bewältigen, erklärte El Salvadors Außenminister Hugo Martínez nach dem Treffen. Der Schlüssel zur Beseitigung der aktuellen Probleme liege jedoch »außerhalb der Region«, ergänzte sein Amtskollege Manuel González aus Costa Rica. Er verwies darauf, dass Washington durch den »Cuban Adjustment Act« (CAA) die USA zu einem »Magneten« gemacht habe, der »diese Art von Migration« verursache. Das 1966 beschlossene Gesetz garantiert Kubanern – im Gegensatz zu anderen Lateinamerikanern – auch nach »illegaler« Einreise ein Aufenthaltsrecht auf Lebenszeit in den Vereinigten Staaten und zahlreiche weitere Privilegien.

An der außerordentlichen Sitzung des Zentralamerikanischen Integrationssystems (SICA), dem neben Costa Rica, Nicaragua und El Salvador auch Belize, Panama, Guatemala, Honduras und die Dominikanische Republik angehören, nahmen auch Vertreter Kubas, Ecuadors, Kolumbiens und Mexikos teil, nicht aber der USA. Deren Politik stand gleichwohl im Zentrum der Debatten. Martínez warf Washington eine diskriminierende Praxis vor, da sie die Auswanderung von Kubanern förderten, während Migranten aus anderen Ländern Zentralamerikas abgeschoben würden. Nicaraguas stellvertretender Außenminister Denis Moncada erklärte deshalb, sein Land werde sich nicht dafür hergeben, »eine illegale Politik zu legitimieren, die Menschen, ganzen Familien, Regierungen sowie den Völkern Kubas und der Region Schäden, Leiden und wirtschaftliche Verluste zufügte«. Deshalb werde Nicaragua die in Costa Rica gestrandeten kubanischen Migranten auch weiterhin nicht passieren lassen, kündigte Moncada an.

Costa Rica hatte die Einrichtung eines »humanitären Korridors« vorgeschlagen, um die Migranten passieren zu lassen. Ecuadors Vizeministerin für Auswärtiges und Migration, María Landázuri, erwiderte darauf, dass dieser Begriff gemäß internationalen Regeln nur in Kriegssituationen oder bewaffneten Konflikten zulässig sei. Die Teilnehmer waren sich zudem darüber einig, dass das Problem so nicht grundsätzlich gelöst werden könne, denn solange der CAA in Kraft sei, würden ständig weitere Migranten aus Kuba nachfolgen. Havannas Außenminister Bruno Rodríguez, der am Donnerstag und Freitag letzter Woche bereits zu Gesprächen nach Ecuador und Nicaragua gereist war, betonte auf dem Treffen, dass seine Regierung sich weiterhin für die Landsleute einsetze, die »Opfer der politischen Instrumentalisierung der Migration durch die USA« geworden seien. Rodríguez wies erneut darauf hin, dass alle Bürger, die legal ausgereist seien, das Recht hätten, nach Kuba zurückzukehren, wenn sie dies wünschten.

Während die USA bislang nicht bereit sind, zur Lösung der Krise beizutragen, nimmt der Druck auf die mittelamerikanischen Länder ständig zu. Inzwischen sind rund 3.000 kubanische Migranten an der Grenze zwischen Costa Rica und Nicaragua gestrandet, und täglich kommen neue hinzu. Die Situation eskalierte, nachdem die Behörden Costa Ricas am 10. November einen Schleuserring zerschlagen hatten und zwei Tage später ankündigten, alle Kubaner nach Panama zurückzuschicken, wenn sie versuchten, »illegal« einzureisen. Kurz darauf bestätigte Präsident Luis ­Guillermo Solís jedoch gegenüber der Tageszeitung La Nación, dass über 3.000 Transitvisa für kubanische Migranten ausgestellt worden seien. Als Kubaner daraufhin einen Grenzposten in Nicaragua stürmten, schloss das Land seine Grenzen.

Das kubanische Fernsehen erinnerte in dieser Woche daran, dass sich in Lateinamerika täglich Menschen aus verschiedenen Ländern auf den Weg nach Norden machen. Dabei seien nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zwischen Januar und Juni 2015 in Zentralamerika, Nordamerika und der Karibik 114 Menschen getötet worden. Im Jahr 2014 verloren 480 Migranten bei dem Versuch, die USA zu erreichen, ihr Leben.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

junge Welt


Dieser Artikel wurde ermöglicht
durch die Abonnnentinen und Abonennenten
der jungen Welt
Dein Abo fehlt

Volker Hermsdorf
Junge Welt, 26.11.2015