Söldner neuen Typs

Es soll kubanisch aussehen, doch die Instruktionen kommen aus Washington: Wie die USA Regime-Change planen.

Nur drei Tage nach seiner Rede im Großen Theater von Havanna stand Barack Obama in Kuba als Lügner da. Am Freitag veröffentlichte das Außenministerium in Washington Details über ein neues Programm zum »Regime-Change« auf der Insel. Der kubanische Journalist Iroel Sánchez erinnerte am gleichen Tag an die Aussage des US-Präsidenten, dass die »USA weder die Möglichkeiten noch die Absicht« hätten, »Veränderungen in Kuba zu erzwingen«, und stellte Obama in seinem Blog »La pupila insomne« mit Pinocchio-Nase dar.

Für das jüngste Projekt zur Destabilisierung der Regierung in Havanna stellt Washington insgesamt 753.989 Dollar (knapp 675.000 Euro) bereit. Erst Ende vergangenen Jahres war das Budget für die Förderung eines Systemwechsels in Kuba im US-Haushalt von 20 auf 30 Millionen Dollar (26,9 Millionen Euro) erhöht worden. Der US-amerikanische Journalist Tracey Eaton veröffentlichte in seinem Blog »Along the Malecón« alle Einzelheiten über das am Freitag bekanntgewordene neue Einmischungsprogramm. Dessen vorrangiges Ziel besteht in der Auswahl, dem Aufbau und der Ausbildung von künftigen »Anführern der kubanischen Zivilgesellschaft«. Diese Aufgabe will die US-Behörde an Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in den USA übertragen, die sich bis zum 20. Mai dafür bewerben können. Das Programm soll bereits im August 2016 gestartet und über einen Zeitraum von drei Jahren fortgesetzt werden. Träger ist das seit 2012 von Roberta S. Jacobson geleitete »Bureau of Western Hemisphere Affairs« (WHA) des US-Außenministeriums. Jacobson hatte in Obamas Auftrag auch die Verhandlungen zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Kuba geführt.

Laut Ausschreibung des WHA sollen in den nächsten Wochen mindestens 25 und höchstens 30 kubanische Staatsbürger im Alter zwischen 20 und 35 Jahren, vorzugsweise Hochschulabsolventen oder Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung, rekrutiert werden. Ihre »Erstorientierung« soll in Kuba durch Videokonferenzschaltungen erfolgen, zudem werde Material auf USB-Speichern und als CD oder DVD übermittelt. Der Hauptteil der »Ausbildung« soll danach in drei Schritten in den USA erfolgen. Nach einer ersten, als »Orientierungsstufe« bezeichneten Phase, in der auch die »professionelle Anwendung« moderner Informations- und Kommunikationstechnologien geübt werden soll, besteht das zweite Ausbildungssegment in »Praktika« bei »erfahrenen und gut organisierten NGOs« in den USA. Der dritte und letzte Abschritt steht unter der Überschrift »Planung und Netzwerkarbeit«. Hier sollen die künftigen »Kader« (O-Ton WHA) mit Hilfe der US-Trainer einen »Aktionsplan für Aktivitäten in Kuba« entwickeln. Es sei wichtig, dass sie lernten, sich dabei mit »zivilgesellschaftlichen Organisationen« in anderen Ländern zu vernetzen.

Voraussetzung für die Teilnahme am Trainingsprogramm sei die glaubhafte Versicherung der Bewerber, nach Kuba zurückzukehren. Zudem müssen sie sich verpflichten, dort »unabhängige Organisationen« aufzubauen, um die Entwicklung »demokratischer Prinzipien« voranzutreiben. Die US-Behörde unterstreicht ausdrücklich, dass alle derartigen Folgeaktivitäten der Trainees nur in »enger Abstimmung mit dem WHA« entwickelt werden dürfen. Die US-Ausbilder und die beteiligten NGOs sollten dabei aber in Kuba selbst nicht in Erscheinung treten. Im Gegenzug zu den strikten Auflagen verpflichtet sich die US-Regierung zur Übernahme aller Kosten, einschließlich der Pass- und Visagebühren, Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, Krankenversicherung, der Flüge zwischen Kuba und den USA, aller dortigen Reisekosten und Spesen sowie sämtlicher »Ausbildungsmaterialien«. Mit dem neuen Programm, erklärt das WHA, wollten die USA »Kubaner in die Lage versetzen, frei über ihre eigene Zukunft zu entscheiden«.

Das ist genau die Rhetorik Obamas, der noch am Dienstag vergangener Woche in Havanna versicherte, dass die USA der sozialistischen Insel nicht ihr eigenes »politisches und wirtschaftliches System aufzwingen« würden, weil sie wüssten, »dass jedes Land und jedes Volk selbst über seine Richtung entscheiden müsse«. Ungeachtet dessen appellierte Obama dann aber »an die kubanische Jugend, sich zu erheben, um etwas Neues aufzubauen«. Da hatte sein Außenministerium die neuen Pläne für den Umsturz bereits ausgearbeitet. Nach diesem neuen Tiefschlag formulierte der Journalist Sánchez die Gefühle seiner Landsleute so: »Kuba hat Obama mit Respekt empfangen und zugehört. Freundlichkeit sollte jedoch nicht mit Naivität verwechselt werden.«


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

junge Welt


Dieser Artikel wurde ermöglicht
durch die Abonnnentinen und Abonennenten
der jungen Welt
Dein Abo fehlt

Volker Hermsdorf
Junge Welt, 29.03.2016