Der große, alte Mann aus Havanna

Fidel Castro feiert seinen 90. Geburtstag.

Am 13. August wird er 90 Jahre alt, der große alte Mann in Havanna - Fidel Castro. Anfang 1959 machte er die Welt aufhorchen; aus den Bergen kommend, mit seiner kleinen Rebellenarmee, schickte er sich an, der Insel Kuba, dem Vergnügungsparadies der USA, nationale Würde und Souveränität zu geben. Schon deshalb ist ihm ein Platz in der Geschichte sicher. Aber auch, weil mit ihm das Wort Revolution einen neuen Sinn bekam, denn der Mann hielt nicht nur, was er versprochen hatte - das ganze soziale Programm mit Bodenreform sowie Bildung und Gesundheit für alle als Basis -, er begann den weltweit so seltenen Dialog mit dem Volk. 2006 gab er wegen einer schweren Erkrankung seine Ämter auf - und ist doch präsent, meldet sich hin und wieder mit einem Kommentar in der Zeitung »Granma«, empfängt ausländische Politiker, trifft Kinder oder Studenten.

Zu seinem Geburtstag erinnert sich das Land. An Episoden und Erfolge mit ihm, an Kämpfe und an Desaster. Der Journalist Julio García Luis (1942-2012) beschreibt in einem Buch, das demnächst posthum erscheint, eine Szene, die deutlich macht, was so viele Kubaner an Fidel faszinierte.

Es geht um 1970 und die sensationellste Zuckerrohrernte: 10 Millionen Tonnen! Nie vorher erreicht, nie vorher gedacht. Auch nicht bedacht, ob das Ziel nicht größenwahnsinnig sei: 70 Prozent mehr als das Mittel der vergangenen zehn Jahre! Vielleicht eine »Jetzt-erst-recht-Reaktion«, denn die Träume von einem Stahlwerk, von einer Werft, von großer Industrie hatten bei den sozialistischen Partnern keine Unterstützung gefunden. Also, zurück zum ungeliebten Zuckerrohr.

Aus allen Bereichen mobilisiert man Erntehelfer. Das ganze Land befindet sich in einer Schlacht. Und in Schwierigkeiten. Da werden im Mai elf Fischer entführt, von Exilkubanern, durch die Nixon-Regierung und die CIA unterstützt. Zum Kampf um den Zucker kommt die Kampagne für deren Freilassung. Als diese erreicht ist, versammelt sich halb Havanna zu einer Siegeskundgebung, die Fischer sprechen, die Stimmung ist euphorisch. Fidel redet auf seine schöne Art; er fängt leise an, erklärt, steigert sich, nimmt die Zuhörer mit, geht darauf ein, dass westliche Medien verbreitet haben, Kuba hätte die Entführung vorgetäuscht, weil es von den sich abzeichnenden Problemen bei der zafra, der Zuckerrohrernte, ablenken wolle, und empört sich darüber. So kommt er zum Thema zafra. Was er daraus macht, lesen Sie in der Dokumentation unten. wah

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Neues Deutschland, 13.08.2016