Neue Qualität der Beziehungen

Chinas Regierungschef besucht Kuba. Ausbau politischer und ökonomischer Kooperation geplant.

Der chinesische Regierungschef Li Keqiang beendet Anfang dieser Woche einen mehrtägigen Aufenthalt in Havanna. Mit dem ersten Besuch eines chinesischen Ministerpräsidenten in Kuba seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen im Jahr 1960 hätten die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen eine neue Qualität erreicht, sagte Li laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zum Abschluss seiner Reise.

Zwischen den Regierungen und verschiedenen Unternehmen beider Länder wurden insgesamt 30 Kooperationsverträge in den Bereichen Wirtschaft, Technologie, Finanzwesen, Industrie, Telekommunikation, erneuerbare Energien, Umweltschutz, Kontrollwesen und Qualitätssicherung unterzeichnet. Mit einem Volumen von 2,2 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015 ist China derzeit Kubas zweitgrößter Handelspartner. Nachdem der bilaterale Handel 2016 schon deutlich ausgeweitet wurde, will China seine Schlüsselrolle für die wirtschaftliche Entwicklung der Insel künftig noch verstärken. Li sagte Kuba unter anderem Unterstützung bei der Industrialisierung des Landes zu und schlug eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Infrastruktur und Anlagentechnik vor.

Bei einem Treffen von Vertretern der Handelskammern und Unternehmen aus beiden Ländern ging es am Sonntag entsprechend um mehr chinesische Investitionen und eine langfristige Unterstützung bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten, des Straßenbaus sowie des Ausbaus und der Modernisierung von Häfen und Flughäfen. Durch eine entsprechende Kreditzusage wird Kuba in die Lage versetzt, künftig anspruchsvolle Zeitungen, Zeitschriften und andere Druckerzeugnisse in hoher technischer Qualität herzustellen. Andere Vereinbarungen betreffen die Produktion von Solaranlagen, gemeinsame Forschungsprojekte zum Umweltschutz, in der Biotechnologie und in der Pharmazeutik.

Am Sonnabend war Li Keqiang in Begleitung hochrangiger Vertreter aus Politik und Wirtschaft mit Kubas Präsident Raúl Castro zusammengetroffen. Am Sonntag nachmittag wurde der chinesische Gast dann auch von dessen Vorgänger, Revolutionsführer Fidel Castro, empfangen. In den Gesprächen betonten die kubanischen Politiker ihr Interesse, von Chinas Entwicklungserfahrungen zu lernen.

Die chinesischen Vertreter erklärten, dass ihr Land ebenfalls viel von Kuba lernen könne, zum Beispiel im Bereich der Gesundheitsversorgung. Auch hier soll die Zusammenarbeit ausgebaut werden. Raúl Castro schlug zudem eine verstärkte Kooperation nicht nur im wirtschaftlichen, sondern auch im politischen Bereich vor, etwa bei internationalen Angelegenheiten. So könnten Kuba und China gemeinsam stärker die Interessen der Entwicklungsländer verteidigen.

Ein Mitarbeiter der Chinesischen Stiftung für Internationale Studien, der ehemalige chinesische Botschafter in Kuba Liu Yuqin, erklärte gegenüber Xinhua, dass sich nach Lis Besuch ohne Zweifel mehr chinesische Investoren von Kuba anziehen lassen würden. Dass die Reise nach dem VII. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas stattfinde, zeige, »dass China die Entwicklung unterstützt, die Kuba und sein Volk gewählt haben«, sagte Liu Yuqin. Das wichtigste Signal dieses Parteitages sei, »dass Kuba den sozialistischen Weg beibehält, aber wirtschaftliche Reformen durchführt, die den Bedingungen des Landes entsprechen«.

Der kubanische China-Experte und frühere Rektor der Universität von Havanna hob dazu gegenüber Xinhua hervor, dass der Tourismussektor seines Landes nicht nur von der stark zunehmenden Zahl chinesischer Besucher, sondern auch von Investitionen in die Infrastruktur profitiere. Er unterstrich die Chancen Kubas – zum Beispiel im Gesundheitssektor –, seine Exporte nach China kräftig zu steigern. Havannas Außenminister Bruno Rodríguez gab sich nach Lis Besuch zufrieden und bewertete ihn als »Meilenstein für den Ausbau der Beziehungen zwischen Kuba und China«.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

junge Welt


Dieser Artikel wurde ermöglicht
durch die Abonnnentinen und Abonennenten
der jungen Welt
Dein Abo fehlt

Volker Hermsdorf
Junge Welt, 27.09.2016