Kuba wappnet sich für Eventualitäten

Zum zweiten Mal nach Ronald Reagans Wahlsieg 1980 findet ein groß angelegtes »Bastión«-Manöver statt.

Medial ist Trumps Wahlsieg in Kuba eine Randnotiz: Die Tageszeitungen »Granma« und »Juventud Rebelde« brachten am Mittwoch als Titelgeschichte jeweils das bevorstehende Manöver »Bastión«; erst darunter folgte eine kleine Note zum Wahlausgang in den USA. Zwar wird keine direkte Verbindung zwischen der Militärübung, die vom 16. bis 18. November stattfinden soll, und den US-Präsidentschaftswahlen hergestellt, aber das zeitliche Zusammentreffen der Ankündigung mit Trumps überraschendem Wahlsieg dürfte kein Zufall sein. Das erste »Bastión«-Manöver war übrigens nach Ronald Reagans Wahlsieg 1980 ausgerufen worden. Die Botschaft damals wie heute: Kuba wird keinerlei Druck aus den USA nachgeben. Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, Obamas Annäherung zum Teil rückgängig zu machen, sollte die kubanische Regierung nicht mehr »politische und religiöse Freiheiten« gewähren.

Die kubanische Regierung äußerte sich auch am Mittwoch nicht offiziell zum Wahlausgang in den USA. Wie das Außenministerium bekannt gab, schickte Präsident Raúl Castro ein kurzes Schreiben an Donald Trump, in dem er ihm zum Wahlsieg gratulierte. Raúl Castro nahm am Mittwoch an einem Festakt zum 55. Jahrestag der Grenztruppen in Guatánamo teil wurde. Ein weiterer symbolischer Akt. Kuba verlangt die Rückgabe der dortigen US-Militärbasis.

»Es wird erwartet, dass, wer auch immer der nächste Präsident der USA ist, in Übereinstimmung mit dem Willen der großen Mehrheit der öffentlichen Meinung in den USA handelt, die mit breiter Mehrheit den aktuellen politischen Kurs gegenüber Kuba unterstützt«, hatte Josefina Vidal, die für die USA zuständige Direktorin im kubanischen Außenministerium und Verhandlungsführerin Kubas bei den Gesprächen mit den USA, in einem Interview mit der »Granma« vor der Wahl gesagt. Daran hat sich nichts geändert.

Für Trump selbst dürfte Kuba wiederum keine Priorität in den ersten 100 Tagen seiner Regierungszeit besitzen, so der politische Analyst Jesús Arboleya, der unter anderem für den Blog Progreso Semanal Texte zum Verhältnis USA-Kuba verfasst, gegenüber dem Fernsehsender Telesur. Obama habe in den Beziehungen so viel getan wie kein anderer US-Präsident. Die Blockade aber sei weiterhin intakt, insofern hat die Annäherung bisher kaum Auswirkungen auf das tägliche Leben der Kubaner.

Die meisten Kubaner lagen bereits im Bett, als am Dienstag weit nach Mitternacht Ortszeit in Havanna Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten endlich feststand. Vor dem Großbildschirm in der Bar des Hotels Habana Libre dagegen harrten rund 50, 60 Personen aus, um auf CNN die eintrudelnden Prognosen, Hochrechnungen und Ergebnisse zu verfolgen. »Das ist ja voller als bei den Fußballübertragungen«, staunte eine der Hotelangestellten. Nur waren es in diesem Fall keine Kubaner, sondern in der Mehrzahl US-Amerikaner, vor allem Austauschstudenten sowie einige Touristen, die die Stimmenauszählung verfolgten.

Anfangs noch brandet Applaus auf bei jedem Bundesstaat, den Hillary Clinton gewann. Im Laufe des Abends wurden die Gesichter immer länger, als sich abzeichnete, dass wohl doch Trump vorne liegt. Kopfschütteln, vor dem Gesicht zusammengeschlagene Hände und sogar die eine oder andere Träne, wurde vergossen - die meisten wähnten sich im falschen Film. Einer der wenigen Kubaner, der bis zur Entscheidung ausharrte, war René Navarro, Musiker, der mit seiner norwegischen Freundin da war. Er hatte wie die meisten Kubaner Clinton die Daumen gedrückt. »Das wird nun heiß werden«, kommentierte er lapidar, als deren Niederlage feststand. Alejandro Garcia, Restaurator, kann Trump sogar einiges abgewinnen. »Trump ist ein Magnat und hat Ahnung von der Wirtschaft. Er wird die wirtschaftlichen Beziehungen voranbringen und dann geht es hier auch endlich voran.«

Auf der Straße ruft das Phänomen Donald Trump vor allem Unbehagen hervor: »Unglaublich! Das ist ein Witz!«, sagt Reynier Gutiérrez, der als Touristenführer sein Geld verdient. »Er wird die Welt in den Abgrund führen.«

Neues Deutschalnd

Andreas Knobloch, Havanna
Neues Deutschland, 11.11.2016