Kuba bereitet sich auf den unmittelbaren Einschlag des Hurrikans Melissa vor, der inzwischen die höchste Kategorie 5 erreicht hat. Meteorologen erwarten, dass der Sturm in der Nacht zum Mittwoch auf Kuba trifft und mit extremen Winden, starken Regenfällen und Sturmfluten vor allem den Osten der Insel schwer treffen wird.
Kuba hat wegen des herannahenden Hurrikans Melissa die Alarmphase für seine östlichen Provinzen ausgerufen. Nach Angaben des staatlichen Zivilschutzes gilt diese höchste Vorwarnstufe für Guantánamo, Santiago de Cuba, Holguín, Granma, Las Tunas und Camagüey. Die benachbarten Provinzen Ciego de Ávila und Sancti Spíritus wurden in die Phase der „zyklonischen Warnung“ versetzt. Das Zentrum des Hurrikans, der derzeit mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 270 Kilometern pro Stunde tobt, befindet sich südlich von Jamaika und bewegt sich mit rund sechs Kilometern pro Stunde langsam westwärts.
Die kubanischen Meteorologen erwarten, dass sich Melissa im Laufe des Dienstags nach Nordosten dreht, Jamaika mit voller Wucht trifft und in der Nacht zum Mittwoch über den Süden der Ostprovinzen Kubas hinwegzieht. Besonders betroffen dürften die Küstenregionen von Granma, Santiago de Cuba und Guantánamo sein, wo mit schweren Regenfällen, Sturmfluten und Überschwemmungen gerechnet wird. Der Wirbelsturm könne in den betroffenen Regionen binnen zwei Tagen 200 bis 400 Millimeter Regen bringen, in den Bergen auch deutlich mehr.

Abbildung: Melissa wird voraussichtlich in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch (Lokalzeit) in Osten Kubas auf Land treffen. Quelle: NOAA
Die Behörden haben die Evakuierung und Unterbringung von rund 650.000 Menschen angeordnet. Schulen bleiben geschlossen, und der öffentliche Verkehr in den östlichen Landesteilen ist weitgehend eingestellt. Bus- und Zugverbindungen wurden ausgesetzt, ebenso Inlandsflüge nach und von Santiago de Cuba und Holguín. Die Zivilschutzbehörde rief die Bevölkerung dazu auf, den Anweisungen der Behörden strikt Folge zu leisten und sich über staatliche Medien und offizielle Kanäle fortlaufend über die Entwicklung des Sturms zu informieren.
In der Provinz Granma wurden 98 Risikogebiete identifiziert. Nach Angaben der dortigen Parteisekretärin Yudelkis Ortiz Barceló sollen rund 110.000 Menschen – etwa 15 Prozent der Bevölkerung – vorübergehend untergebracht werden. 224 Evakuierungszentren stehen bereit, zusätzlich werden viele Familien privat Schutz bieten. Bis Sonntagmorgen waren bereits mehrere Hundert Schwangere aus gefährdeten Regionen in Sicherheit gebracht worden.
Auch in Santiago de Cuba laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Etwa ein Viertel der Bevölkerung – mehr als 250.000 Menschen – soll evakuiert werden. Die Behörden kontrollieren Staudämme, organisieren Hilfskräfte und versuchen, die Kaffeernte noch vor dem Eintreffen des Sturms zu sichern.
In Holguín ist die Evakuierung von rund 300.000 Menschen vorgesehen. Dort soll vor allem die Kommunikation mit der Bevölkerung intensiviert werden, um das Risikobewusstsein zu erhöhen.
In Guantánamo, das in den vergangenen Monaten wiederholt von extremen Wetterereignissen betroffen war, sollen etwa 140.000 Menschen – rund 30 Prozent der Bevölkerung – Schutz in 108 Zentren finden.
Auch in Las Tunas wurden Evakuierungen für rund 72.000 Menschen vorbereitet.
Besonderes Augenmerk gilt hier der Sicherung der Solarparks und der Wasserreservoirs, die aktuell nur zu 41 Prozent gefüllt sind und zusätzliche Niederschläge aufnehmen können.
Der Leiter des Nationalen Katastrophenschutzes, General Ramón Pardo Guerra, berichtete von ersten Evakuierungen mehrerer Hundert Personen, darunter auch Touristen in Guantánamo, Santiago de Cuba und Holguín. Die Lage bleibe angespannt, da die Böden durch vorangegangene Niederschläge stark durchnässt seien.
Kuba bereitet sich nun auf den möglicherweise heftigsten Sturm seit Jahren vor. Während in den Küstenstädten Schutzräume gefüllt und Fenster verriegelt werden, rüstet sich das Land für eine Nacht, die über die kommenden Tage hinaus prägend sein dürfte – eine Bewährungsprobe für den Katastrophenschutz und die Widerstandskraft der Bevölkerung im Osten der Insel.