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Nachrichten aus und über Kuba

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Die Partisanen nannten sie "Tania la Guerrillera"

Tamara Bunke wäre heute 50 Jahre alt geworden.

"Das Wertvollste, was der Mensch besitzt, ist das Leben. Es wird ihm nur einmal gegeben, und benutzen soll er es so, daß ihn zwecklos verlebte Jahre nicht bedrücken." Tamara Bunke, die heute 50 Jahre alt geworden wäre, setzte die Worte Nikolai Ostrowskis ihrem nie geschriebenen Tagebuch voran; sie bildeten den Leitspruch ihres kurzen, intensiven Lebens.

1935 waren die Eltern, aktive Gegner des Hitlerfaschismus, auf Beschluß der KPD aus Deutschland nach Argentinien emigriert, wo sie sich sofort in der auch hier verbotenen Kommunistischen Partei engagierten. Am 19. November 1937 wird Haydee Tamara in Buenos Aires geboren. Ita, wie ihr Kosename lautet, kommt als Kind mit der illegalen Tätigkeit der Eltern in Berührung, sie hat eine harte Schule hinter sich, als sie 1952 in die DDR reist. Nach dem Besuch der Oberschule in Fürstenberg an der Oder, dem heutigen Eisenhüttenstadt arbeitet sie als Pionierleiterin und auf Grund ihrer Spanischkenntnisse als Dolmetscherin. 1955 wird sie Kandidat der SED.

Freunde setzte sie immer wieder durch den Enthusiasmus, mit dem sie sich jeder Aufgabe widmet, in Erstaunen. Bei allem bleibt es ihr größter Wunsch, das Los der arbeitenden Menschen in Lateinamerika verbessern zu helfen. Sie hofft auf die Möglichkeit, dorthin zurückzukehren, wo sie geboren wurde. Der Wunsch nimmt konkrete Gestalt an, als in Kuba die Revolution siegt. Der Kampf des kubanischen Volkes ist für Tamara Bunke "wahrhaftig ein Beispiel für die ganze Welt". Als sie im Dezember 1960,/ eine kubanische Wirtschaftsdelegation dolmetschend, Che Guevara trifft, geht ein Teil ihres Traumes in Erfüllung. Nichts kann sie mehr davon abbringen, bekennt sie, "an der Seite des kubanischen Volkes die Revolution des Ersten Freien Territoriums Amerikas zu verteidigen".

1961 reist sie nach. Kuba, und es wird ein Abschied für immer. In Havanna nimmt sie ein Journalistik-Studium auf, arbeitet als Dolmetscherin im Ministerium für Bildung, wirkt in der kubanischen Frauenföderation, beteiligt sich an der Zuckerrohrernte und als Milizionär am Schutz der Volksmacht. Im März 1963 erfährt sie von Che Guevara, daß sie, inzwischen kubanische Staatsbürgerin, entsprechend ihrem eigenen Willen ab sofort für die direkte Teilnahme am revolutionären Kampf vorgesehen ist. Mehrmonatige harte Ausbildung schließt sich an. Tamara Bunke besteht die Prüfungen, beflügelt von dem Gedanken, daß der ganze Kontinent im Aufbruch ist und sie nicht abseits stehen kann. Nachdem sie sich einige Monate in der BRD und Frankreich mit völkerkundlichen Studien beschäftigt hatte, läßt sie sich im Oktober 1964 in Bolivien nieder. Als Laura Gutierrez- Bauer reist sie erst mit argentinischen und dann bolivianischen Papieren als Völkerkundlerin durch das Hochland Boliviens, legt eine beachtliche Sammlung bolivianischer Volkslieder an, arbeitet in der Presseabteilung des Präsidenten, macht die Bekanntschaft von Künstlern und Intellektuellen, von Politikern und Militärs. So bereitet sie den Einsatz von Che Guevara und seiner Gruppe vor, die am 7. November 1966 in Bolivien eintrifft.

"Tania la Guerrillera", wie sie von den Partisanen genannt wurde, übernimmt Kurierdienste für Che, besorgt Medikamente und Ausrüstungen, informiert ihn über Stimmung und Pläne in der Hauptstadt. Dreimal besucht sie das Basislager der Rebellen am Nancahuazu-Fluß. Denunziation macht es ihr unmöglich, nach La Paz zurückzukehren. Sie führt fortan das Leben eines Partisanen, bis ihre Gruppe am 31. August 1967 in einen Hinterhalt gerät Tamara Bunke, findet mit den meisten der Kampfgefährten beim Durchqueren einer. Furt den Tod, ihr Leichnam wird erst. Tage später gefunden.

Neues Deutschland


Uwe Scheffler
Neues Deutschland, 19.11.1987