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Mein Kuba

Gedanken über eine Ausstellung in der GBM-Galerie Berlin

Landläufig verbindet man mit Kuba Temperament, feurige Tänze, mitreißende Musik und prächtige Farben. Daß es auch ein anderes Kuba gibt, zeigt uns Yoel Moreno-Aurioles Pupo, genannt Pincho. Seit Ende Juni wird in der Galerie der »Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde« (GBM) in Berlin-Lichtenberg eine Ausstellung mit Bildern dieses jungen kubanischen Malers gezeigt. Sie trägt den Titel »Baum meiner Seele« und wurde von der Botschaft der Republik Kuba und der GBM gemeinsam vorbereitet.

Der Künstler, der gegenwärtig in Spanien als Designer und Illustrator – vorwiegend für Kinderbücher – arbeitet, gab bei der Vernissage Auskunft. Er verglich seine Heimat Kuba mit einem großen Baum, der »unberührbar« und »zauberhaft« ist, dessen »Wurzeln tief sind und die Samen weit verstreut«. Pincho tritt zurückhaltend, fast schüchtern auf. Eine tiefe Verehrung verbindet ihn mit dem Schriftsteller und Journalisten José Julian Martí (geboren 1853, gefallen 1895). Martí verehrte die deutschen Dichter Goethe und Schiller, die deutsche Kultur, Philosophie und Wissenschaft. Sein Kampf richtete sich gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit. Die Befreiung Kubas von der spanischen Vorherrschaft war sein Ziel.

Martís sensible, metaphernreiche Lyrik spiegelt sich in Pinchos Gemälden wider. Auf einem zeigt er den Dichter, der behutsam einige Königspalmen (die »Bäume seiner Seele«) umarmt. Die Königspalme, ein hoher, schlanker Baum mit spärlichen Palmwedeln, zählt zu den Symbolen Kubas. Die Titel aller Gemälde beziehen sich auf Werke von Martí, sie sind poesievoll und fordern zum Nachdenken heraus, z.B. »Weit ist mein Herz«, »Ich fühle dein Denken zu mir kommen«, »Das verspeiste Blütenblatt« oder »Leide und sterbe«. »José Martí begleitet uns in jeder Phase des Lebens mit seinen Werken, mit seinen schlichten Versen, seiner reinen und leuchtenden Erscheinung«, sagte Pincho in seiner Eröffnungsrede. »Er war und ist einer von uns; und ich habe ihn so wahrnehmen wollen.«

Ungewöhnlich sind die 21 großformatigen Bilder: Porträts, die in den Jahren 2010 bis 2012 entstanden. Die Köpfe füllen fast das ganze Bildformat aus. Pincho erläuterte, sie seien so groß, damit sich »ihr umfassendes Denken offenbart«. Und er gestand: »Ich bin es selbst in jedem Porträt.« Extrem klein sind die Hände, die kaum etwas fassen und halten können. Früchte, Pflanzen und Tiere sind beigefügt. »Diese und jene Person läßt hinter ihrer durchsichtigen Schutzhülle Sorgen und Verletzungen erkennen, aber auch Ruhe und Beständigkeit. Mein Land sind seine Menschen. Es ist Frohsinn, Tanz, Sinnlichkeit, Sport, frische Früchte, Zuckerrohr, Schmetterlinge. Mein Kuba ist auch Nostalgie, unbemalte Wände, Kampf, Stille, es ist weiß und schwarz. Mein Kuba ist Hoffnung.«

Mit diesen Worten wies Pincho auf die spannungsvolle Dialektik hin, die den Werken innewohnt. Die Farben sind zurückhaltend, vielfach gebrochen, eher dunkel; eine akribische, linienhafte Pinselführung läßt sie dennoch leuchten.

»Baum meiner Seele«, bis 31. August 2012, GBM-Galerie, Weitlingstr. 89, Berlin-Lichtenberg

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Maria Michel
junge Welt, 24.07.2012