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Nicht nur ein Justizfall, auch ein Familiendrama

Gespräch mit Elizabeth Palmeiro, deren Mann Ramón Labañinos als einer der »Cuban Five« im USA-Gefängnis sitzt.

Im Jahre 2001 wurden Ramón Labañino, René González, Antonio Guerrero, Gerardo Hernández und Fernando González wegen Spionage in Miami zu drastischen Freiheitsstrafen verurteilt. Immer lauter werden weltweit die Rufe nach Freilassung der Kubaner. Auch die Angehörigen der »Cuban Five« tragen dazu bei, dass der Fall lebendig bleibt. Mit Elizabeth Palmeiro, der Frau Ramón Labañinos, sprach Ute Evers.

nd: Señora Palmeiro, seit der Verurteilung Ihres Mannes und der anderen vier kubanischen Staatsbürger ist Ihr privates Leben öffentlich geworden. Wie verhalten Sie sich angesichts dessen?

Palmeiro: Es kostet Überwindung, über die Situation unserer Männer zu reden. Aber wir müssen das tun. Denn wir wollen auch Menschen erreichen, die sonst nie etwas über »Die Fünf« erfahren würden. In Kuba versuchen wir, ein normales Leben zu führen. Aber das gelingt nur halbwegs. Man hält unsere Männer für etwas sehr Großes und die Familien für eine Verlängerung von ihnen. Dies mit Würde zu tragen, ist eine ziemliche Verantwortung. Eine »normale« Erziehung unserer Kinder ist fast unmöglich. Fast, denn ich kann immerhin mit den Töchtern meinen Mann besuchen. Bei Gerardos Frau ist das anders…

Warum?

Man verweigert ihr immer wieder das Einreisevisum in die USA, stets aus anderen Gründen. Es handelt sich wirklich nicht nur um eine juristische Angelegenheit, dahinter steckt auch ein Familiendrama, eine Menschenrechtsverletzung für Verurteilte und Angehörige.

Was verbirgt sich hinter den harten Urteilen?

Unsere Männer hat man aufgrund einer Beweislage von 20 Prozent verurteilt, und selbst diese 20 Prozent wurden manipuliert. Man schuf einen Frankenstein. Kaum ein Anklagepunkt entspricht der Wahrheit. Die USA-Regierung weiß das. Aber es sind Kubaner, Verteidiger der kubanischen Revolution. Und die Verhandlung wurde ausgerechnet in der Stadt geführt, wo ein gerechtes Urteil am wenigsten zu erwarten ist: in Miami, dem Zentrum der Exilkubaner.

Wie haben deutsche Politiker reagiert?

Die Partei DIE LINKE leistet wichtige Solidaritätsarbeit. Sie hat im Bundestag Unterschriftenlisten verbreitet. Das war mengenmäßig kein Erfolg. Trotzdem sind solche Initiativen sehr wichtig.

2009 wurden die Urteile gegen die Fünf revidiert. Die Haftstrafen wurden gemildert …

Ja, die Staatsanwaltschaft musste auf die Forderungen der Verteidigung eingehen. Das Gericht erklärte die lebenslangen Zuchthausstrafen für Ramón und Antonio für unrechtmäßig und reduzierte sie auf 30 und 21 Jahre. Fernando erhielt 17 Jahre. Im Fall der anderen beiden anderen bleiben die Urteile bestehen: zwei lebenslange Haftstrafen plus 15 Jahre für Gerardo und 15 Jahre für René, der seit 2011 auf Bewährung frei ist.

Warum geschah dies ausgerechnet 2009?

Die Proteste gegen die Urteile wurden lauter. Die USA-Justiz sah sich zu Zugeständnissen gezwungen und gab gewissermaßen etwas nach. Internationale Organisationen, Intellektuelle, kanadische Abgeordnete, Regierungen aus Lateinamerika, auch Nobelpreisträger verfassten Protestschreiben und forderten die Freilassung.

Welche Rolle spielt die Presse in den USA?

Wir haben stets die Medienkampagne gegen Kuba angeprangert. Uns liegen Listen bezahlter Journalisten mehrerer Blätter und Sender vor, die schon vor der Urteilsverkündung behaupteten, dass es sich bei den »Fünf« um Spione handele, obwohl noch nicht einmal Näheres über sie bekannt war. Unsere Männer hätten genauso gut Taschendiebe sein können. Die Diffamierungen gehen weiter.

Welche Chancen sehen Sie noch auf juristischer Ebene?

Das Beweismaterial besteht aus allen möglichen Auszügen und Presseartikeln jener Zeit. Dazu die Namen, wer was schrieb und wie viel ihm für seinen Dienst von US-Behörden bezahlt wurde. Es ist wichtig, dass dieses Material an die Öffentlichkeit gelangt. Der Richterin liegt es vor, sie könnte den Fall neu aufrollen. Wird einer Revision im Falle der vier noch Inhaftierten nicht stattgegeben, bleibt es vor allem bei der doppelten lebenslänglichen Strafe für Gerardo. Er müsste dann im Gefängnis sterben. Als der kolumbianische Schriftsteller Gabriel García Márquez dem USA-Präsidenten Bill Clinton im Auftrag Fidel Castros am 7. Mai 1998 ein Schreiben wegen terroristischer Aktivitäten von Exilkubanern überreichte, konnte man nicht ahnen, was sich daraus entwickeln sollte. Nicht die gewaltbereiten Exilkubaner, sondern jene Kubaner wurden in den USA festgenommen, die sie im Auftrag der Regierung Kubas beobachtet hatten.

Neues Deutschland

Neues Deutschland, 05.12.2012