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Falsch berichtet

Medien meldeten am Donnerstag den Tod von Raúl Castros Tochter, vergaßen aber den Faktencheck.

Ohne Faktencheck meldeten Medien weltweit am Donnerstag abend den Tod von Mariela Castro Espín, der Tochter des kubanischen Präsidenten Raúl und Nichte von Revolutionsführer Fidel Castro. Während die Nachricht noch über die Ticker lief, daß die studierte Pädagogin und Direktorin des kubanischen nationalen Zentrums für Sexualerziehung (CENESEX) an Bord des am Donnerstag in Mali abgestürzten algerischen Flugzeuges gewesen sei, diskutierte Mariela Castro auf einer wissenschaftlichen Tagung ihrer Organisation mit Kollegen im Hotel Nacional de Cuba in Havanna.

Qulle der Falschmeldung soll eine Facebook-Notiz des Flughafens von Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos, gewesen sein, von wo aus die verunglückte Maschine am Morgen gestartet war. Demnach hatte sich eine Passagierin mit dem Namen Mariela Castro an Bord befunden. Tatsächlich handelte es sich dabei offenbar um eine Reisende mit spanischem Paß, bei der zwar der Vorname und der erste Nachname mit denen der Tochter des kubanischen Präsidenten übereinstimmten, nicht aber deren zweiter Nachname Espín. Westliche Agenturen und Onlineportale, aber auch das sonst eher kritische russische Auslandsfernsehen Russia Today übernahm die Falschmeldung zunächst ungeprüft- Der südamerikanische Nachrichtensender Telesur machte dagegen als einziges Medium den für Journalisten obligatorischen Gegencheck und klärte den tatsächlichen Sachverhalt mit einem einzigen Anruf bei dem kubanischen Journalisten Francisco Cruz in Havanna auf. Während des Telefonats mit Cruz, der an der CENESEX-Veranstaltung im Hotel Nacional teilgenommen hatte, wurde Mariela Castro über die weltweit verbreitete Falschmeldung von ihrem Tod informiert.

»Ich lebe und bin gesund«, sagte sie dem Telesur-Redakteur am Telefon und erklärte sichtlich geschockt: »Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, was dieses Theater soll, eine derartig absurde Notiz zu verbreiten.« dies sei eine weitere Bestätigung für den Ansehensverlust derjenigen Medien, »die desinformieren und Lügen wiederholen«. Castro kritisierte, daß Journalisten angesichts des tragischen Unfalltodes von 116 Menschen »eine derartig würdelose Show veranstalten«, die zudem viele ihrer Bekannten und Freunde beunruhigt habe. »die Medien sollen die Bevölkerung informieren«, forderte sie, doch statt dessen hätten sie mit ihrem vermeintlichen Tod spekuliert, ohne sich die geringste Mühe zu machen, die Fakten zu überprüfen. Sie beglückwünschte den Sender Telesur, der sein Programm seit kurzen auch in englischer Sprache ausstrahlt, zu dessen verantwortungsvollem und qualitativ hochwertigen Journalismus.

Falschmeldungen über den Tod von führenden Persönlichkeiten in Kuba gehören seit Jahrzehnten zum Repertoire des Medienkrieges gegen die sozialistische Karibikinsel. Nachrichten vom Ableben von Marielas Onkel Fidel Castro waren erstmals bereits vor dem Sieg der Revolution von der damals noch privaten kubanischen Presse verbreitet worden, um die revolutionären Gruppen zu demoralisieren. Seitdem wird der Tod des Revolutionsführers bis heute in so verläßlicher Regelmäßigkeit behauptet und die »Meldung«ohne Überprüfung der Fakten medial verbreitet, daß Castro selbst darüber spottete: »Wenn ich wirklich einmal sterbe, wird es niemand glauben.«

Während die meisten Agenturen, Sender und Zeitungen ihre jüngste Ente stillschweigend korrigierten, ließ die Tageszeitung Nuevo Herald, das Sprachrohr der antikubanischen Contras in Miami, den Vorgang von Gegnern Mariela Castros mit bösartigen Bemerkungen kommentieren. So durfte etwa ein Leser mit dem Namen Jose Estevez auf der Homepage des Blattes verbreiten: »Es wäre gut gewesen, wenn sie in dem Flugzeug gesessen hätte, damit ich nicht warten muß, bis ich 90 bin, bis sie stirbt.«

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 26.07.2014