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Durchbruch vertagt

Kuba und die USA können sich in vierter Verhandlungsrunde nicht auf Wiedereröffnung von Botschaften einigen.

Die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Kuba und den USA lässt weiter auf sich warten. Am Freitag gingen in Washington die zweitägigen Verhandlungen beider Seite ohne das erwartete Ergebnis zu Ende. Die Gespräche sollen »in den kommenden Wochen fortgesetzt werden«, erklärten Diplomaten beider Seiten. Dabei solle es erneut »um die Funktion der diplomatischen Missionen«, bestätigte die kubanische Verhandlungsführerin Josefina Vidal Ferreiro am Freitag nachmittag (Ortszeit) vor der Presse in Washington. Die Generaldirektorin für die Vereinigten Staaten im kubanischen Außenministerium lobte das »respektvolle und professionelle« Klima, das zwischen beiden Delegationen in den letzten beiden Tagen geherrscht habe. Auch die Abteilungsleiterin für Lateinamerika im US-Außenministerium, Roberta Jacobson, die die Gespräche auf Seiten der USA führte, übte sich in diplomatischen Artigkeiten. Sie wies nichtssagend auf »bedeutende Fortschritte in den bisherigen vier Treffen« hin, hielt sich mit Informationen darüber, woran die für Freitag erwartete Einigung gescheitert war, zurück.

»Wir haben unsere Ansichten über jeden Aspekt der Arbeitsweise der Botschaften und das Verhalten der dort tätigen Diplomaten ausgetauscht«, erklärte die Kubanerin Vidal Ferreiro, einem Bericht in der Online-Ausgabe der New York Times zufolge. Zu Details der Differenzen zwischen beiden Delegationen habe sie keine Stellungnahme abgeben wollen, weil dies »auf der diplomatischen Ebene zu klären» sei, berichtet die Zeitung. Nachdem die ursprünglich nur für Donnerstag geplante Verhandlungsrunde überraschend um einen Tag verlängert worden war, schien die Einigung in greifbare Nähe gerückt zu sein. US-Medien zitierten eine »hohe US-Beamtin«, die anonym bleiben wolle, mit der Aussage, das Treffen am Donnerstag diene nur noch dazu, »die letzten Aspekte auszufeilen, die für die Eröffnung der Botschaften notwendig» seien. Das klang für viele Beobachter plausibel, zumal zwei Hauptforderungen der kubanischen Seite, nämlich die Streichung Kubas von der US-Liste der Staaten, die den Terrorismus unterstützen sowie die Ermöglichung normaler Bankgeschäfte in den USA, als nahezu erfüllt gelten. Anfang der Woche hatte die Interessenvertretung Havannas ein Konto bei der Stonegate Bank in Fort Lauderdale (Florida) eröffnet. Am Freitag nächster Woche endet die 45tägige Frist, innerhalb derer der US-Kongress der Entscheidung von Präsident Barack Obama zur Streichung Kubas von der US-Terrorliste widersprechen kann. Da die Republikaner keinen Widerspruch einlegen wollen gilt die Streichung von der Liste als sicher.

Trotz des gegenseitigen Austausches von Höflichkeiten am Freitag, scheint es schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten zu geben, die nicht leicht ausgeräumt werden können. Dazu gehört die Forderung des US-Außenministeriums, dass seine Botschaftsmitarbeiter sich künftig leichter in allen Provinzen Kubas bewegen und dort Kontakte zu Gruppen von Systemgegnern unterhalten können. Bisher brauchen US-Diplomaten für Reisen außerhalb der Hauptstadt eine Genehmigung. Havanna hatte diese Einschränkung eingeführt, weil die US-Regierung den kubanischen Vertretern den Aufenthalt außerhalb Washington nur unter scharfen Auflagen erlaubt. Josefina Vidal Ferreiro bestand in der Verhandlung auf Respektierung des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen. In dieser Charta werden alle Rechte und Pflichten von Botschaftsvertretern aufgezählt. Diplomaten sind danach verpflichtet, die Gesetze des Gastgeberlandes einzuhalten und dürfen sich nicht in dessen innere Angelegenheiten einmischen. Ein weiterer Streitpunkt ist die Ausbildung von Gegnern der kubanischen Verfassung, in der nach einer Volksabstimmung im Jahr 2002 das sozialistische Gesellschaftssystem als »unwiderruflich« verankert worden war, zu »unabhängigen Journalisten«. Die US-Interessenvertretung in Havanna bietet dazu im Rahmen des »Pro-Demokratie-Programms« ihrer Regierung offiziell Kurse an, deren Teilnehmer mit Spesen, Verpflegung und kleinen Geschenken (USB-Sticks) geködert werden. Raúl Castro hatte diese Praxis erst am Dienstag letzter Woche erneut als illegal kritisiert. Die Fortsetzung subversiver Aktionen zur Destabilisierung Kubas erschwere eine Normalisierung der Beziehung zwischen beiden Ländern, sagte der Staatschef.

Nach Ansicht Kubas würde die Eröffnung von Botschaften ohnehin noch keine Normalisierung bedeuten. Dazu müssten eine Reihe weiterer Voraussetzungen erfüllt sein. Havanna fordert unter anderem die völlige Aufhebung der US-Blockade, die Rückgabe des seit 1903 von den USA besetzten Gebietes in der Bucht von Guantánamo, eine Entschädigung für die durch Blockade und Terror gegenüber Kuba angerichteten Schäden, die Einstellung der illegalen Radio- und Fernsehprogramme zur Destabilisierung des Landes sowie die Beendigung des illegalen Trainings von Systemgegnern in den diplomatischen Einrichtungen der USA in Kuba.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 22.05.2015