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Berliner Doppelmoral
Bundesregierung äußert Kritik an US-Blockade gegen Kuba, will aber nichts dagegen unternehmen.
Die Bundesregierung hat erneut ihre Forderung nach einer Aufhebung der Blockade gegen Kuba bekräftigt. Das geht aus der jetzt veröffentlichten Antwort auf eine kleine Anfrage der Linke-Bundestagsabgeordneten Zaklin Nastic hervor. Zwar drückt die Regierung in der Stellungnahme ihre »Sorge« über »die negativen Auswirkungen der Embargomaßnahmen auf das kubanische Volk« und »auf das kubanische Gesundheitssystem« aus. Doch verweigert sie jede Information darüber, ob und wie bundesdeutsche Diplomaten gegenüber den USA auf die Beendigung oder zumindest auf eine Lockerung der Blockade hinwirken. Dies könne »erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die bilateralen Beziehungen und damit das Staatswohl der Bundesrepublik Deutschland« haben, wird die Auskunftsverweigerung lapidar begründet.
In ihrer bereits am 31. Oktober eingereichten Anfrage geht die Abgeordnete, die auch Sprecherin für Menschenrechtspolitik der Linksfraktion ist, auf die völkerrechtswidrige Anwendung der US-Blockade gegen Kuba ein und fragt nach etwaigen Gegenmaßnahmen der Bundesregierung und der EU. Am vorigen Sonnabend veröffentlichte die Bundesregierung ihre auf den 6. November datierte Antwort.
Obwohl in dem Dokument zahlreiche konkrete Fakten über die extraterritoriale Anwendung der Sanktionen – wie etwa die Einschränkung von Bankgeschäften auch in Deutschland und der EU, die Blockade von Spenden für Hurrikanopfer oder das Verbot des Imports überlebenswichtiger Medikamente – aufgelistet sind, heißt es in der Antwort an mehreren Stellen, die Regierung verfüge »über keine Erkenntnisse« und ihr seien »keine genauen Zahlen« bekannt.
Zaklin Nastic nimmt die pauschalen Aussagen zu ihren insgesamt 40 Fragen so nicht hin. »Die Bundesregierung ist mit der Behauptung, ihr lägen ›keine belastbaren Informationen‹ zu den Auswirkungen der von US-Präsident Donald Trump weiter verschärften US-Sanktionen gegen Kuba vor, wenig glaubwürdig, da sie den detaillierten Bericht der kubanischen Regierung mit der zugehörigen und auch von der Bundesregierung unterstützten UN-Resolution zur Kenntnis genommen hat«, erklärte Nastic am Donnerstag gegenüber junge Welt.
Auch zu zahlreichen anderen Themen blieb die Bundesregierung Antworten schuldig und demonstrierte lediglich ihre Doppelmoral. So wurde eine Stellungnahme zu der Frage, inwiefern die Einschränkung der Reisefreiheit von US-Bürgern durch die Blockade deren verfassungsmäßige Rechte verletze, mit der Begründung verweigert, dies falle »nicht in den Zuständigkeitsbereich der Bundesregierung«. Das Argument klingt zunächst plausibel, scheint aber nur gegenüber der US-Regierung zu gelten. Denn auf eine ähnliche Anfrage der Partei Bündnis 90/Die Grünen in Bezug auf Kuba lautete eine Antwort am 14. November 2012: »Die Bundesregierung fordert seit langem von der kubanischen Regierung, allen kubanischen Staatsbürgern Reisefreiheit zu gewähren«.
Das Messen mit zweierlei Maß zieht sich wie ein roter Faden durch die zehnseitige Regierungsantwort. Zwar heißt es darin zunächst korrekt, dass »US-Gesetze innerhalb der EU keine Geltung« haben. Berlin muss dann aber zugeben, »dass einseitige US-Sanktionen und andere administrative und rechtliche Maßnahmen auch Wirtschaftsinteressen der Europäischen Union negativ berühren«. Gleichzeitig räumt die Regierung ein, keine Maßnahmen zu ergreifen, um deutsche Unternehmen – entsprechend einer EU-Verordnung aus dem Jahr 1996 – vor der extraterritorialen Anwendung der US-Blockade zu schützen. Dazu seien »keine weiteren Schritte« geplant.
Für Nastic ist die Antwort auf ihre Anfrage nicht akzeptabel. »Dass die Bundesregierung offensichtlich keinen konkreten Handlungsbedarf sieht, die US-Administration zu einem Kurswechsel zu bewegen und sich auf EU-Ebene für die effektive Umsetzung der seit über 20 Jahren geltenden Verordnung 2271/96 einzusetzen, in der die Kuba-Blockade richtigerweise als ›völkerrechtswidrig‹ und ›illegal‹ bezeichnet wird, stellt eine eklatante Missachtung des Völkerrechts und der international verbrieften Rechte der kubanischen Bevölkerung auf Selbstbestimmung und Entwicklung dar«, so Nastic.
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Volker Hermsdorf
junge Welt, 07.12.2018