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Keine Überraschung

Vereinte Nationen gegen Blockade Kubas: In Havanna klares Ergebnis erwartet. Kritik in Brasilien und Kolumbien an Haltung der Regierungen.

Victoria de Cuba
»Sieg für Kuba«: Im kubanischen Konsulat in Berlin wurde das Ergebnis der Abstimmung in New York am Donnerstag abend gefeiert.
Foto: Frank Kopperschläger


Mit 187 gegen drei Stimmen bei zwei Enthaltungen hat die UN-Vollversammlung am Donnerstag (Ortszeit) ein weiteres Mal die von den USA gegen Kuba verhängte Blockade verurteilt. Das eindeutige Ergebnis überraschte in Havanna niemanden. Silvia und Carlos, zwei junge Informatikstudenten, die im Internet die Übertragung aus New York verfolgt hatten, kommentierten die erstmalige Gegenstimme aus Brasilien im Gespräch mit junge Welt. Es spreche doch für sich, wenn ein Faschist wie der Staatschef Jair Bolsonaro mit den USA und Israel gegen Kuba stimme. Die Enthaltung Kolumbiens sei ein Indiz dafür, dass sich die Regierung in Bogotá nicht traue, ihre totale Abhängigkeit von Washington offen zu demonstrieren. Zur Ukraine, deren Vertreter sich ebenfalls enthalten hatte, wollten sich die beiden jungen Kubaner nicht äußern: »Das könnt ihr Europäer besser beurteilen«.

Viele andere Passanten in der kubanischen Hauptstadt hatten die Resultate am Donnerstag nachmittag (Ortszeit) noch gar nicht mitbekommen. Man werde sich in den Fernsehnachrichten am Abend oder am Freitag in den Tageszeitungen informieren, hieß es immer wieder. Da die UN-Mitgliedsstaaten den Antrag Kubas zur Beendigung der Blockade seit 1991 Jahr für Jahr mit überwältigender Mehrheit unterstützt haben, interessierten sich viele Menschen diesmal mehr für die Angebote zur bevorstehenden 500-Jahr-Feier der Gründung Havannas. Nicht so Armando Bariel aus dem Arbeiterviertel Mantilla, der die aus New York übertragenen Reden verfolgt hat. »Solange Trump im Weißen Haus sitzt, wird sich an der Feindseligkeit gegenüber Kuba nichts ändern«, fürchtete er. Der 64jährige, der sich als Lagerarbeiter am Flughafen etwas zu seiner Rente hinzuverdient, hat selbst erfahren, dass sich Washingtons Behörden nicht einmal an eigene Zusagen halten. Mitte 2015 hatte er ein für fünf Jahre gültiges Visum für die Vereinigten Staaten erhalten und danach seinen Sohn und die Enkelkinder in Naples im US-Bundesstaat Florida dreimal besuchen können. Für immer bei ihnen zu bleiben, kam für ihn jedoch nicht in Frage. »Für nichts in der Welt würde ich Kuba verlassen, um in den USA zu leben.« Im Januar wurde ihm allerdings trotz seines noch gültigen Visums in Miami ohne Begründung die Einreise verweigert. »Warum sollte ein Land, das einen Kubaner daran hindert, seine Kinder und Enkel zu besuchen, das Votum der Vereinten Nationen respektieren?«

Auch Osmany Villegas, der auf einem Kunstgewerbemarkt am Hafen Andenken verkauft, ist frustriert: »Im März 2016 hat US-Präsident Barack Obama bei seinem Besuch in Havanna uns kleine Selbständige aufgefordert, den privaten Sektor in Kubas Wirtschaft auszuweiten. Doch jetzt drückt sein Nachfolger uns die Luft ab.« Seit Trump im Juni alle Kreuzfahrten aus den USA nach Kuba verboten hat, sei sein Umsatz um die Hälfte zurückgegangen, klagte Villegas. Auch der Fahrradtaxifahrer Francisco Pérez steht kurz vor der Pleite. Er sei aus Guantánamo nach Havanna gekommen, um vom vermeintlichen Boom mit den US-Touristen zu profitieren, erzählte er. »Das lief sehr gut, ich habe manchmal in einer Woche mehr verdient als zu Hause in einem Jahr«, sagte er offen. »Die Kreuzfahrtpassagiere und andere Besucher aus den USA fanden es romantisch, mit dem Fahrradtaxi durch die Altstadt gefahren zu werden und gaben reichlich Trinkgeld.« Jetzt will er wieder zurück in den Osten, wo er eine kleine Finca besitzt. »Ich habe meine Kunden als selbstbewusste und offene Menschen erlebt und kann nicht verstehen, dass dieselben Menschen sich jetzt von ihrer Regierung vorschreiben lassen, wohin sie reisen dürfen und wohin nicht.«

In den Ländern, die sich bei der UN-Abstimmung hinter die US-Administration gestellt haben, hagelt es derweil Kritik an den Regierungen. So warf die frühere brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff dem jetzigen Staatschef vor, ein Brasilien freundschaftlich verbundenes Land angegriffen zu haben. Bolsonaro habe mit einer »diplomatischen und demokratischen Tradition in Brasilien« gebrochen, als er zum ersten Mal in 27 Jahren für die Blockade votierte. In Kolumbien kritisierte die Bewegung »Verteidigen wir den Frieden« die erstmalige Stimmenthaltung Bogotás. In einem Statement wies die Organisation die Behauptung des Außenministeriums zurück, wonach Havanna eine »feindselige Haltung« gegenüber Kolumbien eingenommen habe. Vielmehr habe die Insel seit Jahrzehnten zum Dialog und Frieden in dem südamerikanischen Land beigetragen, insbesondere durch die Unterstützung der Verhandlungen zwischen Regierung und der Guerilla Kolumbiens.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf, Havanna

junge Welt, 09.11.2019