Nachrichten

Nachrichten aus und über Kuba


Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.


EU kuscht vor Kontras

Kritik an US-Blockade Kubas: Brüssels Botschafter in Havanna zurückbeordert. Kleine Gruppe rechter EU-Abgeordneter treibt Borrell vor sich her.

Demonstration von »Unblock Cuba!« vor der EU-Vertretung
Wirtschaftskrieg beenden: Demonstration von »Unblock Cuba!« vor der EU-Vertretung in Berlin (17.10.2020)
Foto: Christian-Ditsch.de


Eine Handvoll rechter EU-Politiker hat der Union einen diplomatischen Skandal in den Beziehungen zu Kuba eingebrockt. Weil 16 der derzeit 705 Abgeordneten die Entlassung des EU-Botschafters in Havanna, Alberto Navarro, forderten, hat der Außenbeauftragte Josep Borrell seinen Diplomaten am Wochenende zum Rapport nach Brüssel einbestellt. Die Abgeordneten hatten Navarro die Unterstützung einer Initiative und die Unterzeichnung eines Briefes an US-Präsident Joseph Biden vorgeworfen, in dem dieser auffordert wird, die Blockade gegen Kuba aufzuheben.

Die Haltung des spanischen Diplomaten sei »ein schwerwiegender Akt und eine unberechenbare Handlungsweise hinsichtlich dessen, was die Verteidigung unserer Interessen und Werte sein sollte«, heißt es in dem Schreiben der 16 Politiker von der rechten Europäischen Volkspartei (EVP), dem liberalen Bündnis Renew Europe, dem auch die deutsche FDP angehört, sowie der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer an Borrell. »Wir betrachten den Botschafter als unwürdig für das hohe Amt, das ihm anvertraut wurde, und wir fordern Sie auf, seine sofortige Ablösung zu veranlassen«, erklärten die Verfasser, zu denen die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Dita Charanzová, von der rechtsliberalen tschechischen Partei ANO 2011, der stellvertretende Vorsitzende der EVP-Fraktion, Esteban González Pons, und EVP-Generalsekretär Antonio López-Istúriz White, beide von der postfranquistischen spanischen Volkspartei, gehören.

Obwohl die Initiative gerade einmal von zwei Prozent der Abgeordneten ausging und die US-Blockade von der EU als völkerrechtswidrig eingestuft wird, gab der Chefdiplomat dem Druck der Rechten nach. »Wir haben Botschafter Navarro gebeten, nach Brüssel zu kommen, um die Gründe für seine Haltung zu erklären«, teilte ein Sprecher Borrells der Nachrichtenagentur AFP am Sonnabend mit.

Der skandalöse Vorgang steht im krassen Gegensatz zu offiziellen EU-Positionen. In den vergangenen Monaten hatte Brüssel die abgewählte Trump-Administration wiederholt dafür verurteilt, Sanktionen gegen Kuba zu verschärfen, die von Barack Obama gelockert worden waren. Mitte Januar diskutierte Borrell mit dem kubanischen Außenminister Bruno Rodríguez in einem Videogespräch über die zukünftige Zusammenarbeit und die Auswirkungen der US-Blockade, die der EU-Außenpolitikchef während einer Pressekonferenz mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow noch Anfang Februar in Moskau erneut öffentlich kritisiert hatte.

Doch seit Biden im Weißen Haus sitzt, versuchen Abgeordnete des EU-Parlaments, eine gemeinsame Position mit den USA zu Kuba zu finden. Dabei ist Navarro für die rechten Parteien so etwas wie ein schmerzender Stein im Schuh. In einem am Freitag veröffentlichten Interview mit dem von Washington finanzierten Contra-Portal »Cubanet« mit Sitz in Miami hatte der EU-Botschafter zwar bestritten, den Appell an Biden unterzeichnet zu haben, bestätigte aber, dass er dessen Inhalt unterstütze. »Ich war immer, seit ich seit mehr als 40 Jahren spanischer Diplomat bin, gegen das einseitige Embargo der Vereinigten Staaten gegen Kuba«, erklärte Navarro gegenüber dem vom US-Dienst NED im Jahr 2019 mit 225.000 Dollar geförderten Portal. Auf eine provokative Nachfrage antwortete der EU-Botschafter: »Nein, ich halte Kuba nicht für eine Diktatur. Natürlich nicht.«

www.unblock-cuba.org

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

junge Welt


Dieser Artikel wurde ermöglicht
durch die Abonnnentinen und Abonennenten
der jungen Welt
Dein Abo fehlt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 01.03.2021