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Konterrevolutionäre feiern
Erneut antikubanische Resolution in EU-Parlament. Havanna kritisiert »politisch motiviertes« Manöver.
Mit einem Angriff auf die Regierung in Havanna hat die konservative Mehrheit im EU-Parlament am Donnerstag erneut versucht, die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Kuba zu belasten. Bereits am Tag vor der Debatte über die von rechten EU-Abgeordneten eingebrachte Resolution hatte die staatliche US-Propagandaplattform Martí Noticias unter der Schlagzeile »Europäisches Parlament fordert zum ersten Mal individuelle Sanktionen gegen Menschenrechtsverletzer in Kuba« das Ergebnis der für Donnerstag nachmittag angesetzten Abstimmung gefeiert. Deren Ergebnis sollte erst nach jW-Redaktionsschluss bekanntgegeben werden. Mit der Aktion soll Zustimmung zur US-Blockade ausgedrückt werden – die am 23. Juni auch mit den Stimmen aller 27 EU-Mitgliedsländer in der UN-Generalversammlung verurteilt worden war.
Die Resolution wird unter anderem von Faschisten unterstützt, so der spanischen Partei Vox, den Brüdern Italiens und HSP-AS aus Kroatien sowie von der spanischen Volkspartei (PP), der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer und dem liberalen Bündnis Renew Europe, dem auch die deutsche FDP angehört. Sie berufe sich auf das vor kurzem auch vom EU-Parlament verabschiedete »EU-Magnitsky-Gesetz«, berichtete das von der US-Regierung jährlich mit rund 30 Millionen US-Dollar finanzierte Onlineportal. Im Juli war das Strasbourger Gremium dem Europäischen Rat gefolgt, der eine »Globale Sanktionsregelung im Bereich der Menschenrechte« bereits im Dezember 2020 nach dem Vorbild der in den USA geltenden gleichlautenden Rechtsnorm in Kraft gesetzt hatte. Mit dem »Magnitsky Act« habe Washington bereits Minister und Institutionen in Kuba mit Sanktionen belegen können, erläuterte Martí Noticias.
Der neue Vorstoß der Rechten folgt einem am 10. Juni vom EU-Parlament mit 386 gegen 236 Stimmen und 59 Enthaltungen verabschiedeten »Entschließungsantrag zu den Menschenrechten und der politischen Lage in Kuba«, der unter anderem auf den Abbruch des Dialogs zwischen Havanna und Brüssel zielte. Kubas Parlament, die Nationalversammlung der Volksmacht (ANPP), verurteilte die jüngste EU-Debatte als »politisch motiviertes« Manöver. »Derselben kleinen Gruppe von EU-Abgeordneten, die sich der Agenda Washingtons verpflichtet fühlt und bereits eine ähnlichen Versuch inszeniert hat, ist es gelungen, am 16. September eine neue Debatte über Kuba durchzusetzen, die das Europäische Parlament erneut zur traurigen Geisel einer aggressiven Eskalation macht, die den wirklichen europäischen Interessen und dem Geist des respektvollen Dialogs, der in den Beziehungen zwischen Kuba und der Europäischen Union vorherrscht, zuwiderläuft«, erklärte der ANPP-Ausschuss für internationale Beziehungen am Montag. Die Befürworter dieses neuen Manövers hätten jedoch »keine moralische Berechtigung, sich als Verteidiger der Rechte des kubanischen Volkes auszugeben«, heißt es in dem Text. Die Doppelmoral und die von den Initiatoren verbreiteten Lügen sollten »für die Bürger und die Institutionen der Europäischen Union statt dessen Anlass zur Sorge sein«.
Nur Vorwände
Während Medien und Politiker der EU über die staatliche Repression in Ländern wie Honduras, Ecuador, Chile und insbesondere Kolumbien schweigen würden, die »bis heute dazu geführt hat, dass Hunderte Menschen von der Polizei getötet und weitere Hunderte schwer verstümmelt wurden«, werde Kuba erneut mit falschen Anschuldigungen an den Pranger gestellt, kritisierten am Mittwoch auch 54 im spanischen Movimiento Estatal de Solidaridad con Cuba (MESC) zusammengeschlossene Organisationen. Aber »kein einziger Mensch ist auf der Revolutionsinsel ›verschwunden‹, gefoltert oder außergerichtlich hingerichtet worden, auch wenn man mit der Lupe nach ihnen sucht«, heißt es in der Erklärung. »Es ist klar, dass der neue Angriff auf Kuba nichts mit der Verteidigung der Menschenrechte, dem Schutz der Kubaner vor nicht vorhandener politischer Unterdrückung oder dem freien Zugang zum Internet zu tun hat. Ziel ist es, die öffentliche Meinung in der Welt so zu manipulieren, dass sie sich, verängstigt durch konterrevolutionäre Propaganda, zugunsten einer ausländischen Intervention wendet, deren Endziel die neokoloniale Restauration Kubas ist«, warnt das MESC.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 17.09.2021