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Honecker auf Touchscreen

Multimedia in Kolonialvilla: Ein Besuch im Fidel-Castro-Zentrum

Die diesjährige europäische »Unblock Cuba!«-Kampagne stößt auch in Havanna auf Interesse und Zustimmung. Am Mittwoch besuchte der stellvertretende Vorsitzende des Netzwerks Cuba, Edgar Göll, auf Einladung des Kubanischen Instituts für Völkerfreundschaft (ICAP) das »Centro Fidel Castro Ruz« in Havanna. Bei der Führung durch das am 25. November 2021, dem fünften Todestag des Revolutionsführers, eröffnete Zentrum »für das Studium und die Verbreitung der Ideen und des Werkes von Fidel Castro«, wurden unter anderem dessen Besuche in der DDR und die Beziehungen zwischen Kuba und Deutschland thematisiert.

In einem der Ausstellungsräume, in dem Fidels Staatsbesuche über Touchscreens abrufbar sind, erscheinen beim Stichwort Deutschland neben den gegenseitigen Besuchen Castros und Erich Honeckers auch Details über die Unterstützung der sozialistischen Inselrepublik durch die DDR. Das Verhältnis zur BRD wird vor allem durch eine Auflistung von Aktivitäten verschiedener Solidaritätsorganisationen dargestellt. Dabei tauchen in einer Multimediapräsentation auch Fotos und Informationen zu den unter anderem von jW koordinierten »Unblock Cuba!«-Kampagnen der vergangenen Jahre auf.

»Für uns sollte das Ansporn sein, uns in der diesjährigen Kampagne noch engagierter für die Aufhebung der US-Blockade gegen Kuba einzusetzen«, erklärte Göll nach dem Besuch gegenüber jW. Ein Rundgang durch das Fidel-Castro-Zentrum, das über die progressiven, humanistischen Ideen und das Wirken Castros informiere, sei für jeden Besucher, der sich für die Geschichte Kubas und Lateinamerikas und deren aktuelle Probleme interessiere, lohnend, sagte Göll.

Das Zentrum befindet sich in einer Kolonialvilla, die einst einem wohlhabenden Offizier gehörte, der für Kubas Unabhängigkeit von Spanien kämpfte. In dem zweistöckigen Gebäude sind auf 1.400 Quadratmetern eine Bibliothek mit Buchhandlung und Graphikwerkstatt, eine Bühne und neun Ausstellungsräume untergebracht, in denen die Geschichte des Landes anhand des Lebens von Fidel Castro dargestellt wird.

Da Castro selbst verfügt hatte, dass weder Denkmäler oder Statuen zu seinen Ehren errichtet werden noch Straßen, Plätze oder Einrichtungen seinen Namen tragen sollen, sei das unter Leitung des mittlerweile verstorbenen Stadthistorikers Eusebio Leal konzipierte Zentrum in einem Gesetz vom Dezember 2016 als einzige Ausnahme zugelassen worden, wird uns erklärt. Eine Bronzebüste im Eingangsbereich, die Chinas Staatspräsident Xi Jinping 2014 als Geschenk mit nach Kuba brachte, sei die einzige Statue des Comandante en Jefe im ganzen Land.

Der Besuch des Zentrums vermittelt den Eindruck, dass Castros Denken heute aktueller denn je ist. So etwa seine Warnung vor den Folgen von Aufrüstung, die den Reichtum weniger vergrößere, aber Hunger und Armut in der Welt verschlimmern würde. Castro prangerte die »zerstörerische Macht moderner Waffen« an und erklärte: »Wir widmen unsere Ressourcen der Entwicklung von Waffen, um den Tod zu bekämpfen, um AIDS zu bekämpfen, um Krebs zu bekämpfen.«

Auf einem Weltgipfel der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro warnte er bereits 1992: »Eine wichtige biologische Spezies läuft aufgrund der schnellen und progressiven Beseitigung seiner natürlichen Lebensgrundlagen Gefahr zu verschwinden: der Mensch.« Damals forderte er: »Wenn man die Menschheit vor der Selbstzerstörung bewahren will, müssen die Reichtümer und die verfügbaren Technologien auf dem Planeten besser verteilt werden.«

2003 geißelte Castro auf einer anderen UN-Konferenz den Energieverbrauch und das Konsumdenken der Industrienationen. »Diese Wirtschaftsordnung und diese Verbrauchsmuster sind unvereinbar mit den begrenzten und nicht erneuerbaren Ressourcen unseres Planeten, mit den Gesetzen der Natur und des Lebens«, erklärte der kubanische Comandante en Jefe. Auf seine Veranlassung zog Kuba daraus Konsequenzen und ist heute das Land der Welt, das die Kriterien der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung am weitesten erfüllt.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf, Havanna
junge Welt, 09.04.2022