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Nachrichten aus und über Kuba

Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.


Kuba lädt ein

Neben Pauschaltourismus sollen auch Bedingungen für Individualreisende weiter verbessert werden. Lage jedoch nach wie vor schwierig.

Kuba bietet mehr als traumhafte Strände, atemberaubende tropische Landschaften, Sonne, Rum und Tabak oder Salsa und Son. So legitim es für erholungsbedürftige Urlauber ist, sich an den auf jeder Pauschalreise gebotenen Highlights zu erfreuen, bleiben die kulturelle Vielfalt, das tatsächliche Leben, die Geschichte und die aktuellen politischen Entwicklungen beim Urlaub im All-Inklusive-Ressort in Varadero oder auf einem der Cayos verborgen. Doch Individualreisende, die das erste und bisher einzige sozialistische Land auf dem amerikanischen Kontinent jenseits ausgetretener Pauschalreisepfade auf eigene Faust erkunden möchten, standen in den vergangenen Monaten vor vielfältigen Problemen. Einschränkungen durch die Coronapandemie, Folgen der Hurrikanschäden und Versorgungsmängel verursachten mehr Stress als Erholung und raubten Zeit. Seit Kuba sich wieder für den Massentourismus geöffnet hat, wurden mit Beginn der Wintersaison auch die Bedingungen für individuelle Reisen deutlich verbessert. Wer in den nächsten Wochen eine Reise nach Kuba plant, kann davon bereits profitieren.

Vieles wieder einfacher

Seit dem 1. November können Kuba-Besucher mit einer einfachen Touristenkarte, die bei Onlineanbietern, Reiseveranstaltern oder den kubanischen Konsulaten erhältlich ist, sich 90 statt bisher 30 Tage im Land aufhalten. Danach kann das Visum einmalig auf dann insgesamt 180 Tage verlängert werden. Damit wird Kuba auch für Menschen attraktiv, die in den Wintermonaten den aufgrund der Russlandsanktionen explodierenden Energie- und Heizkosten entfliehen wollen. Auch die nach der Währungsvereinheitlichung zeitweise aufgetretenen Probleme beim Geldwechseln wurden gelöst. Seit August tauschen die landesweit 155 staatlichen Wechselstuben (CADECA) Fremdwährungen wie Euro oder Schweizer Franken zu attraktiven Kursen in Kubanische Pesos (CUP). Anschriften, Öffnungszeiten und Kurse werden tagesaktuell unter cadeca.cu/ veröffentlicht. Da es in ländlichen Regionen nur wenige Geldautomaten gibt und Stromausfälle häufiger sind, sollte neben (nicht von US-Banken ausgestellten) Kreditkarten auch ausreichend Bargeld mitgenommen werden. Covid-19 bedingte Reiseeinschränkungen sind (Stand Mitte Dezember) aufgehoben. Auch bei unvollständigem Impfschutz gibt es keine Test- oder Quarantänepflicht bei der Einreise. Im Land besteht jedoch Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und Einrichtungen des Gesundheitswesens.

Mit Einschränkungen müssen Reisende allerdings nach wie vor und vor allem auf dem Land bei der Beschaffung von Nahrungsmitteln, der Stromversorgung und beim Transport rechnen. Auch Medikamente sollten mitgeführt werden. Für Überlandtouren bietet die Busgesellschaft »Viazul« (Terminal in Havanna in der Avenida 26 y Zoologico) Verbindungen in das Valle de Viñales, nach Trinidad, Playa Giron, Varadero, Santiago de Cuba und zu anderen Zielen an. Zwischen Havanna und Santiago de Cuba gibt es außerdem Zugverbindungen und Inlandsflüge. Auch zwischen Camagüey und Bayamo verkehrt ein Zug. Einmalige ökotouristische Ziele wie das Tal von Viñales und Las Terrazas in Pinar del Río im Westen, die unberührte Gegend um Baracoa an der Ostküste und die Halbinsel Zapata im Süden, auf der sich der größte Sumpf der Karibik befindet, sind neben interessanten Städten und historischen Orten der Kubanischen Revolution wieder einfacher zu erreichen.

Provozierter Mangel

Während Kuba sich darum bemüht, die Bedingungen für Individualreisen weiter zu verbessern und Einzelreisenden mehr Möglichkeiten zu bieten, sich ein eigenes Bild von Land und Leuten zu machen, versuchen die USA die Erholung des Tourismussektors zu behindern. Seit Oktober dürfen EU-Bürger, die Kuba besucht haben, nicht mehr visumfrei mit dem digitalen Formular »ESTA« in die USA einreisen. Wer nicht als Pauschaltourist nach Kuba reist, bekommt die Folgen der US-Blockade, unter der die kubanische Bevölkerung seit über 60 Jahren leidet, auch dort zu spüren. Zimmerbuchungen über »Booking.com« oder andere Portale sind wegen der US-Sanktionen ebensowenig möglich, wie Onlinebestellungen bei internationalen Anbietern aus Kuba, selbst wenn die Lieferung nach Europa erfolgen soll. Sind derartige Einschränkungen noch relativ leicht verschmerzbar, so kann der von Washington provozierte Mangel an Treibstoffen, Nahrungsmitteln, Medikamenten und medizinischen Geräten für kubanische Bürger tödliche Folgen haben. Wer sich ein Bild der Gründe für die mörderische US-Politik machen möchte, sich für die Geschichte Kubas und Lateinamerikas und deren aktuelle Probleme interessiert, sollte unbedingt das »Centro Fidel Castro Ruz« in Havanna besuchen. Der Eintritt ist frei, und Führungen können auf centrofidel.cu gebucht werden

Der Tourismus ist für Kuba mittlerweile zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige geworden, der Devisen einbringt, auf die das Land zur Bedienung ausländischer Verbindlichkeiten wie zum Erwerb von Medikamenten, medizinischen Geräten, Nahrungsmitteln, Brennstoffen und Ersatzteilen dringend angewiesen ist. Nach einem starken Rückgang, der unter anderem durch die Pandemie, die globale Wirtschaftskrise und die verschärfte US-Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade verursacht wurde, hat sich der Tourismussektor 2022 wieder erholt. Bis zum Jahr 2030 peilt die kubanische Regierung eine Erhöhung der Hotelkapazität auf 95.000 Zimmer an und hofft auf sechs Millionen Besucher im Jahr. Das dürfte zwar zur wirtschaftlichen Erholung, aber auch zu neuen Problemen führen, zu denen Besucher, die sich jenseits der ausgetretenen Pauschalreisepfade auf Kuba bewegen, allerdings nur in geringem Umfang beitragen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 4.12.2022