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Nachrichten aus und über Kuba

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Die Phantasien des Señor Gómez

Diffamierungskampagne exilkubanischer Contras in Miami und Madrid.

Nachdem die Panamerikanische Gesundheitsorganisation (OPS) am Freitag letzter Woche eine Information der kubanischen Behörden über 163 neue Cholerafälle in Havanna, Santiago de Cuba und Camagüey veröffentlicht hatte, starteten die Medien der exilkubanischen Contras in Miami und Madrid am Dienstag eine neue Diffamierungskampagne. Diesmal warfen sie Havanna nicht vor, die Erkrankungen zu leugnen, sondern präsentierten einen Exilkubaner aus New York, der sich über eine horrende Krankenhausrechnung nach einer angeblichen Cholera-Erkrankung beklagte. Peinlich dabei: Meine Frau Lázara und ich lagen genau im gleichen Zeitraum, den der Kronzeuge angibt, mit einer Cholerainfektion im gleichen Krankenhaus und können bestätigen, daß die Geschichte von vorne bis hinten erlogen ist.

Den Auftakt lieferte die Tageszeitung El Nuevo Herald in Miami. Das Blatt berichtete am Dienstag mit Foto und in großer Aufmachung über den 49jährigen Alfredo Gómez, der Kuba 1997 verlassen habe und jetzt Lehrer in New York sei. Gómez habe sich bei einem Familienbesuch in Havanna mit Cholera angesteckt und sei vom 4. bis 10. August im »Institut für Tropenmedizin Pedro Kourí« (IPK) behandelt worden, behauptet das Sprachrohr der rechten Exilkubaner. Gómez gibt an, daß er dort Infusionen und Antibiotika erhalten habe. Am Ende habe man versucht, ihm für den Aufenthalt »widerrechtlich« und auf »rüpelhafte Weise« 4700 US-Dollar (ca. 3500 Euro) in Rechnung zu stellen. Unter Berufung auf die US-Blockade gegen Kuba habe er aber jede Zahlung abgelehnt und das Land verlassen, ohne die Krankenhausrechnung zu begleichen.

Auffällig ist, daß die Geschichte zeitgleich von drei antikubanischen Propagandamedien in Miami und Madrid veröffentlicht wurde. Neben El Nuevo Herald berichteten die Internetseite des 1985 eigens für Kampagnen gegen die Regierung in Havanna gegründeten staatlichen US-Propagandasenders Radio Martí sowie das seit rund 15 Jahren mit Unterstützung der US-Dienste NED und CIA in Madrid produzierte Internetportal Diario de Cuba über die angebliche Abzocke des vorgeblich an Cholera erkrankten Alfredo Gómez. Dumm ist nur, daß keine seiner Behauptungen stimmt.

Zunächst fällt auf, daß weder die Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch die OPS, das IPK oder das kubanische Gesundheitsministerium jemals eine Choleraerkrankung von einem Besucher mit Wohnsitz in den USA gemeldet haben. Kuba und die OPS informierten am 23. August über 163 Erkrankte, von denen zwölf ihren Wohnsitz im Ausland hätten. Die Cholera-Patienten kamen aus Chile (2), Deutschland (2), Holland (1), Italien (3), Spanien (2) und Venezuela (2).

Die beiden Fälle aus Deutschland waren wir. Am 3. August wurden wir im IPK aufgenommen, am 9. August entlassen. Die ausländischen Patienten werden dort im fünften Stock behandelt (nicht im vierten, wie der Kronzeuge im Nuevo Herald behauptet). Auch weitere Angaben, wie zum Beispiel über die Anzahl der ausländischen Patienten (laut Gómez zwischen sechs und 15 pro Tag) und eine große Zahl kubanischer Patienten aus dem Stadtteil Mantilla, in dem auch wir leben, sind falsch.

Völlig aus der Phantasiewelt stammt auch der Rechnungsbetrag von 4700 US-Dollar (4700 CUC) für Gómez’ angeblich sechstägigen Aufenthalt. Meine Gesamtrechnung für den einwöchigen Krankenhausaufenthalt mit täglicher Betreuung durch den Chefarzt und einen Assistenzarzt, drei Hämodialysen, etlichen Laboruntersuchungen, Medikamenten, Infusionslösungen und Vollverpflegung betrug insgesamt 1236,90 CUC (ca. 925 Euro). Meiner Frau, der weder Infusionen noch Dialysen verordnet worden waren, wurden 484,20 CUC (ca. 360 Euro) in Rechnung gestellt. Die Hausärztin in Hamburg mag den Betrag auf meiner Rechnung kaum glauben: »Hier in Deutschland würde eine vergleichbare Behandlung mindestens 20000 Euro kosten«, schätzt sie. In den USA würde nicht einmal dieser Betrag reichen.

Gut für unsere Reisekrankenversicherung, die sich jetzt über die niedrigen Kosten des kubanischen Gesundheitswesens freut. Seit dem 1. Mai 2010 ist diese Versicherung bei der Einreise nach Kuba obligatorisch. Das Land hatte diese Regelung unter anderem auch deswegen einführen müssen, weil vor allen in den USA lebende Kubaner die kostenlose medizinische Versorgung auf der sozialistischen Karibikinsel ausgenutzt hatten, wenn die Arzt- und Krankenhausrechnungen ihrer neuen Wahlheimat für sie zu teuer oder unbezahlbar waren. Für die in Kuba lebenden Bürger ist das Gesundheitssystem ohnehin kostenfrei.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 30.08.2013