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Kuba-Blockade trifft auch PayPal-Kunden

Händler werden vom Internetbezahldienst sanktioniert.

Der Onlinedienstleister PayPal ahndet Kuba-Kontakte mit Kontosperren – obwohl die US-Blockade gegen den Karibikstaat in der EU nicht gilt. Den Konzern vor Gericht zu bringen, ist aber schwierig.

Der Internetbezahldienst PayPal geht mit unverminderter Härte gegen deutsche Kunden vor, die mit kubanischen Produkten handeln oder anderweitig mit dem sozialistischen Karibikstaat in Verbindung stehen. Obwohl die Europavertretung von PayPal in Luxemburg ansässig ist, begründet die Firma ihr restriktives Vorgehen mit der US-Blockade gegen Kuba. Nach den neuen Fällen erwägen Händler und politische Akteure nun, das Onlineunternehmen vor Gericht zu bringen. Die Chancen, PayPal in die Knie zu zwingen, stehen theoretisch nicht schlecht: Ende 1996 hat der Europäische Rat eine Verordnung erlassen, mit der die Durchsetzung der US-Blockade in EU-Ländern strafbewehrt untersagt wird.

Dessen ungeachtet hat PayPal die Blockaderegelungen in den vergangenen Jahren immer wieder auch im EU-Wirtschaftsraum durchgesetzt. Vor zwei Jahren hatten Medien über Kontosperrungen für deutsche Onlinehändler berichtet, die Spirituosen und Tabakwaren aus Kuba vertreiben. Damals endete der Disput vor dem Landgericht im bayerischen Traunstein mit einem Vergleich: Die Händler nahmen die beanstandeten Waren aus dem Sortiment, PayPal schaltete die Konten frei. Eine konkrete Gerichtsentscheidung hat das Unternehmen so in mehreren Fällen verhindert. Das Damoklesschwert der US-Blockade hängt damit weiter auch über deutschen Händlern.

Gefeit ist vor Kontosperrungen niemand. Vor wenigen Wochen traf die Maßnahme die Heavy-Metal-Band COR aus Rügen. Die Musiker wollten über eine Spendenplattform im Internet gut 8300 Euro zusammentragen. Dann sperrte PayPal das Konto und fror zugleich knapp die Hälfte der bereits zugesagten Spenden ein. Kurz darauf traf es den »Teeladen Herzberg « in Brandenburg: Das Familienunternehmen musste über Nacht auf PayPal verzichten, weil sich im Sortiment ein deutscher Kaffee befand, der kubanische Bohnen enthielt. Die beiden Streitfälle konnten inzwischen zwar beigelegt werden, Rechtssicherheit aber gibt es nicht: COR sammelte die Spenden kurzerhand über alternative Wege, der Teeladen nahm den strittigen Kaffee aus dem Sortiment.

Unter den Betroffenen aber wächst der Unmut. »Mein Mann und ich sind von dem Erfolg unseres Geschäftes abhängig, zumal wir zusätzlich eine behinderte Tochter betreuen«, sagte Ina Kukla, die den Teeladen betreibt. Die Abrechnungen über PayPal, quasi einem Monopolisten in der Internetbezahlbranche, machten einen Großteil des Umsatzes aus. In dem Dilemma des Ehepaars Kukla stecken viele Händler. Sie sind einerseits zwar nicht einverstanden mit der Anwendung der US-Blockadegesetze in Europa. Andererseits sind sie auf den Marktführer PayPal angewiesen.

Vor allem aber hat kein mittelständisches Unternehmen die Ressourcen, den Disput trotz im Grunde genommen klarer Rechtslage durch die Gerichtsinstanzen hindurch auszufechten. Dessen scheint sich »PayPal Europe« bewusst. In enger Abstimmung mit dem US-Mutterkonzern Ebay mit Sitz in Kalifornien geht die Europazentrale gegen Kunden vor, die – wie auch immer – mit Kuba in Kontakt stehen. Selbst über Einzelfälle in Europa wird Berichten von Händlern zufolge in den USA entschieden. Nun aber überlegen Betroffene und politische Gruppen, sich zusammenzutun, um Rechtsklarheit zu schaffen. Ein solches Verfahren wäre ein Mammutakt: Juristische Beobachte gehen davon aus, dass es um die 100.000 Euro kosten könnte.

Neues Deutschland
Harald Neuber
Neues Deutschland, 06.11.2013