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Nachrichten aus und über Kuba

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»Gegencheck findet nicht statt«

Koordinator von Cubainformación sieht Rechtsentwicklung in Spaniens Medienlandschaft. Von US-Diensten bezahlte Quellen werden kaum hinterfragt. Ein Gespräch mit José Manzaneda in Bilbao.

José Manzaneda

José Manzaneda ist Koordinator des am 1. Mai 2007 in Bilbao gegründeten alternativen Medienprojektes Cubainformación

Sie haben ein Journalistikstudium abgeschlossen, jahrelange Erfahrung in diesem Beruf und Videos für soziale Organisationen und NGOs produziert. Seit einigen Jahren sind Sie Koordinator von Cubainformación. Wie kam es dazu?

Als Journalist war ich schon immer sozial engagiert und deshalb auch an Kuba interessiert. 1993 habe ich dann an der jährlich vom kubanischen Institut für Völkerfreundschaft, dem ICAP, organisierten internationalen Solidaritätsbrigade José Martí teilgenommen. Das hat den Ausschlag gegeben, mich stärker in der Solidaritätsarbeit einzubringen. Als Koordinator von Cubainformación kann ich meine beruflichen Erfahrungen für dieses Engagement gut nutzen.

Was reizt Sie, neben der Sympathie für Kuba, journalistisch an dieser Aufgabe?

Kuba unterliegt seit mehr als 50 Jahren nicht nur einer Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade durch die USA, sondern in der westlichen Welt auch einer fast totalen Medienblockade. Positive Berichte über das Gesundheits- und Bildungswesen werden unterdrückt, soziale und wirtschaftliche Erfolge verschwiegen, Politiker dämonisiert. Der journalistisch gebotene Gegencheck von Quellen findet nicht statt, häufig werden abstruse Behauptungen von Systemgegnern ohne Prüfung blind übernommen, obwohl bekannt ist, daß diese Gruppen auf der Gehaltsliste von US-Diensten stehen. Dem Medienkrieg gegen Kuba Fakten und korrekte Informationen entgegenzusetzen, halte ich für eine echte journalistische Herausforderung.

Nach dem Ende des Franco-Faschismus wurden in den spanischen Medien hin und wieder auch linke Positionen publiziert. Wo sind solche kritischen Stimmen heute?

In der Presse hat eine permanente Rechtsentwicklung stattgefunden. Im Gegensatz zur postfranquistischen ABC und der auch eher rechten El Mundo hat die größte Tageszeitung, El País, früher auch fortschrittliche Artikel veröffentlicht. Seit Ende der 1990er Jahre ist sie immer weiter nach rechts gerückt. Mittlerweile ist die Linie aller überregionalen Tageszeitungen nicht nur in Bezug auf Kuba, sondern auch in anderen internationalen Fragen nahezu identisch mit den Positionen der USA und der NATO. Seit die gedruckte Ausgabe der linksliberalen Publico vor zwei Jahren eingestellt wurde, werden linke Argumente höchstens noch in einigen kleineren Provinzzeitungen veröffentlicht. Es gibt in Spanien keine überregionale linke Tageszeitung mehr.

Bieten die vielen Fernsehsender des Landes eine Alternative dazu?

Nein, im Gegenteil. Dort ist die Situation schlimmer und das journalistische Niveau noch erbärmlicher. Die wichtigsten Fernsehsender gehören den Eigentümern der großen Agenturen und Medienkonzerne. Wenn dort zum Beispiel eine Diskussionsrunde über Kuba auf dem Programm steht, werden Journalisten der großen Tageszeitungen eingeladen, die alle die gleiche Meinung vertreten. Es wird einvernehmlich festgestellt, daß Kuba eine Diktatur ist, daß ein Teil der Bürger aus dem Land zu fliehen versucht, der andere brutal unterdrückt wird und das Volk hungert. Das ist das Kuba-Bild, das die Massenmedien verbreiten.

Fühlen sich Zuschauer, Hörer und Leser von den Konzern­medien falsch informiert?

In der Bevölkerung nimmt das Mißtrauen gegenüber den großen Medien ständig zu. Viele Menschen spüren, daß sie ein wichtiges Herrschaftsinstrument der wirtschaftlichen und politischen Elite sind. Die Berichterstattung über den Irak, Libyen, Syrien und den Putsch in der Ukraine hat deutlich gemacht, daß Medienkampagnen zunehmend als Instrument der Außenpolitik und der Kriegsvorbereitung eingesetzt werden. Auch innenpolitisch sind Linke, Gewerkschafter und soziale Organisationen mittlerweile ständigen Medienkampagnen ausgesetzt. Doch obwohl immer weniger Menschen den Konzernmedien glauben, zeigt deren permanente aggressive Propaganda gegen Kuba und Venezuela Wirkung.

Warum ist Kuba immer noch ein zentrales Manipulationsobjekt der Konzernmedien?

Kuba ist ein politisches Symbol, dessen Gefährlichkeit darin besteht, daß es seit über 50 Jahren als Alternative zum kapitalistischen System überlebt hat und damit für viele in der Welt zum Vorbild geworden ist. Trotz Invasion, terroristischer Angriffe, Blockade und Medienkrieg hat Kuba sich nicht dem Kapital ausgeliefert. Da die Realität die Sympathien für Kuba eher erhöhen würde, wird sie verschwiegen, lächerlich gemacht oder durch Verleumdungskampagnen ersetzt. Medien wie Cubainformación und die junge Welt sind wichtig, damit Leser, Hörer und Zuschauer sich ein eigenes Bild über die Fakten machen können.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Interview: Volker Hermsdorf, Bilbao
junge Welt, 24.07.2014