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Paris will Ende der Kuba-Blockade

Erster Staatsbesuch eines französischen Präsidenten auf der Karibikinsel.

Als erster westeuropäischer Staatschef seit 29 Jahren und als erster französischer Präsident überhaupt hat Francois Hollande am Montag die Republik Kuba besucht.

Havanna. Frankreichs Präsident Hollande traf mit Kubas Staatschef Raúl Castro sowie mit dessen Bruder Fidel Castro zusammen. Beide schlugen engere Bindungen zwischen Kuba und Frankreich vor, so Hollande. Raúl Castro sagte, Frankreich könne eine Schlüsselrolle in den Beziehungen zwischen der EU und Kuba spielen. Brüssel und Havanna verhandeln seit April 2014 über eine Annäherung; im Dezember hatten die USA und Kuba eine Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen angekündigt.

Hollande forderte ein Ende der US-Blockade gegen die Karibikinsel. Er werde alles Mögliche tun, dass »die Maßnahmen, die Kubas Entwicklung so schlimm beeinträchtigt haben, endlich aufgehoben werden«, sagte er in einer Rede in der Universität von Havanna. Seit 1992 stimmt Frankreich in der UNO regelmäßig für ein Ende der Blockade. Der Gast aus Paris rief Kuba auf, seine Wirtschaft zu öffnen. »Wir würden es natürlich gern sehen, dass Bestimmungen gelockert werden und unsere Unternehmen über ihre Ressourcen freier verfügen können«, sagte er auf einem Wirtschaftsforum in Kubas Hauptstadt. Zugleich versprach er, Frankreich werde ein verlässlicher Partner Kubas bei der »Aktualisierung seines ökonomischen Modells« sein. Das lateinamerikanische Land hat im vergangenen Jahr ein neues Investitionsgesetz erlassen, in Mariel vor den Toren Havannas eine Sonderwirtschaftszone eingerichtet und wirbt verstärkt um ausländisches Kapital.

Hollande wurde auf seiner Visite von einer bedeutenden Wirtschaftsdelegation und mehreren Ministern begleitet. Eine ganze Reihe französischer Unternehmen sind seit Jahren auf der Insel aktiv, darunter Bouygues (Bauwirtschaft), Total, Alstom (Energie), Alcatel-Lucent (Telekommunikation), Pernod Ricard (Miteigentümer der Rum-Marke Havanna Club), Accor (Tourismus) und Air France (Verkehr). Am Montag wurde bekannt, dass der französische Total-Konzern künftig vor der Küste Kubas nach Öl bohren wird. Das berichtete das kubanische Staatsfernsehen. Zudem soll die Zusammenarbeit in den Bereichen Tourismus, Gesundheit und Bildung verstärkt werden.

Neben den konkreten Vereinbarungen hat die Kuba-Reise Hollandes vor allem hohen symbolischen Wert. Beobachter sehen darin zum einen eine Art »transatlantische Solidarität« für die von US-Präsident Barack Obama angestoßene Neuausrichtung der US-Kuba-Politik, ein Zeichen an den US-Kongress, dass auch andere wichtige Nationen hinter der Annäherung an Havanna stehen, wie Rogelio Sanchez und Arturo Lopez-Levy in einem gemeinsamen Artikel für das Web-Portal esglobal.org schreiben.

Zum anderen drängt Frankreich mit dem Besuch in eine Führungsrolle in den Beziehungen EU-Kuba, in Zeiten, in denen das konservativ regierte Spanien weiterhin kein volles Vertrauen in Havanna genießt und Deutschland zurückhaltend gegenüber Kuba auftritt. Die Reise des französischen Präsidenten »ist Teil der von unserer Regierung im Jahr 2012 begonnenen Strategie, die französische Präsenz in Lateinamerika und der Karibik zu stärken. Kuba ist ein Schlüsselland in der Region, mit dem wir eine privilegierte Zusammenarbeit wünschen«, hatte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius beim Besuch seines kubanischen Amtskollegen Bruno Rodriguez Ende April in Paris gesagt. Während die »gemeinsame Position«, die eine Annäherung zwischen der EU und Kuba von Fortschritten bei den Menschenrechten auf der Insel abhängig macht, weiter besteht und die Verhandlungsposition der EU gegenüber Kuba einschränkt, setzt Paris auf aktive Kuba-Diplomatie.

Frankreich hat traditionell gute Beziehungen zu Kuba. Diese gründen in der ablehnenden Haltung des früheren Präsidenten Charles de Gaulle gegenüber den US-Sanktionen gegen Kubas Revolution. Die Gaullisten in den Reihen der französischen Konservativen haben sich seitdem immer für eine eigenständige Kuba-Politik in Abgrenzung zu Washington eingesetzt. Darüber hinaus gibt es starke kulturelle Verbindungen.

Neues Deutschalnd

Andreas Knobloch
Neues Deutschland, 13.05.2015