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Korruption als Vorwand

In Peru ist am Wochenende der 8. Amerikagipfel zu Ende gegangen. Progressive Regierungen sollten isoliert werden.

Der am Sonnabend (Ortszeit) beendete 8. Amerikagipfel in Peru war ein Treffen der negativen Rekorde. Während im April 2015 erstmals alle 35 Staaten des Kontinents am 7. Gipfel in Panama teilgenommen und damit den anspruchsvollen Titel »Gipfel der Amerikas« gerechtfertigt hatten, verzichteten in diesem Jahr mehrere Staats- und Regierungschefs auf eine Reise nach Lima.

Zum ersten Mal fand der seit 1994 veranstaltete Gipfel ohne den Präsidenten der Vereinigten Staaten statt. Offiziell hatte Donald Trump seine Absage mit den Raketenangriffen auf Syrien begründet, die er »überwachen« müsse. Tatsächlich dürfte er die zu erwartende Konfrontation mit Vertretern der lateinamerikanischen Zivilgesellschaft gescheut haben. Während es Washington beim ersten Amerikagipfel noch gelungen war, Kuba – als einziges Land – auszuschließen, richtete sich diese »Sanktion« diesmal gegen Venezuela. Dessen gewählter Präsident Nicolas Maduro verzichtete allerdings von sich aus auf eine Teilnahme und bezeichnete das Treffen in Lima als »Zeitverschwendung«. US-Vizepräsident Mike Pence, der Trump in Lima vertrat, scheiterte mit seiner Aufforderung, die Regierung Maduros »stärker zu isolieren«. Nur 16 der 34 teilnehmenden Länder schlossen sich seinem Appell an, die in Venezuela für den 20. Mai angesetzten Präsidentschaftswahlen nicht anzuerkennen. Den entsprechenden Aufruf hatten neben den USA lediglich die 16 Staaten der »Lima-Gruppe« unterzeichnet. Zu der Gruppe gehören unter anderem das durch einen institutionellen Staatsstreich an die Macht gekommene Regime Brasiliens sowie die Regierung von Honduras. Nach einer offenkundigen Manipulation der Wahlen im vergangenen November kann sie sich nur durch brutale Repression an der Macht halten. Der »Kampf gegen die Korruption« war offizielles Thema des Gipfels. Die Vertreter Washingtons und einiger rechtskonservativer Regierungen der Region versuchten fast ausschließlich, das Motto als Plattform für Angriffe auf Venezuela und das sozialistische Kuba zu nutzen.

Zum Abschluss war es den Organisatoren noch gelungen, eine gemeinsame Erklärung zu verabschieden, in der nationale und regionale Aktionsprogramme für mehr Transparenz und zur Bekämpfung der Korruption angekündigt werden. Über weite Strecken wurden die Debatten über das eigentliche Hauptthema jedoch zur Farce. Vertreter sozialer Organisationen nannten es absurd, dass ein Antikorruptionsgipfel ausgerechnet in Peru stattfinde, dessen Präsidenten der letzten 30 Jahre allesamt wegen Vergehen während ihrer Amtszeit unter Anklage stünden. Auch gegen den Generalsekretär der den Gipfel ausrichtenden Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, wurden Vorwürfe erhoben. Das Onlineportal Caras & Caretas aus Montevideo berichtete am Wochenende, dass Almagro als Außenminister Uruguays (2010–2015) teilweise zu Unrecht rund 240.000 US-Dollar Reisekosten und Spesen kassiert hatte, von denen er nur 9.900 Dollar an die Staatskasse zurückerstattet habe. Unbequeme Fragen waren auf dem Gipfel jedoch nicht erwünscht. Als der Redakteur der kubanischen Parteizeitung Granma, Sergio Alejandro Gómez, den aus Miami angereisten rechtsgerichteten US-Senator Marco Rubio, der in den letzten Jahren über drei Millionen Dollar von der »National Rifle Association« (NRA) kassiert hatte, nach dessen Beziehungen zur Waffenlobby befragen wollte, vermied dieser jede Kritik an der NRA.

Boliviens Präsident Evo Morales warnte dementsprechend davor, der »Kampf gegen die Korruption« diene lediglich als Vorwand, um demokratisch gewählte, progressive Regierungen zu stürzen. Als Beispiel nannte er die Kampagne gegen den brasilianischen Exstaatschef und Präsidentschaftskandidaten, »unseren Bruder« Lula Da Silva, der ohne jeden Beweis ins Gefängnis gesteckt worden sei, um seine erneute Wahl zu verhindern. »Die wahre Ursache der Korruption ist der Kapitalismus, der abgeschafft werden muss«, erklärte Morales. Er nannte die USA die »größte Bedrohung für den Weltfrieden und die Demokratie«. Diese Position vertraten auch die Besucher des zeitgleich mit dem Amerikagipfel der OAS in Lima stattfindenden »Gipfels der Völker«, der sich als »Antwort der sozialen Bewegungen« auf die neoliberalen Konzepte der rechten Gegenoffensive in Lateinamerika verstand. In der Schlusserklärung des von Gewerkschaften, Jugend-, Studenten-, Bauern- und Frauenverbänden, Umweltaktivisten, indigenen und feministischen Gruppen organisierten Alternativgipfels verurteilten die Teilnehmer unter anderem die »militärische Aggression des nordamerikanischen Imperialismus gegen Syrien«. Ein Thema, das bei den offiziellen OAS-Veranstaltungen keine Rolle spielte.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 16.04.2018