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Nachrichten aus und über Kuba

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Vorwärts immer

Vor 60 Jahren siegten die kubanischen Revolutionäre im Kampf gegen den Diktator Fulgencio Batista – das Beispiel des sozialistischen Kuba ist einzigartig in Lateinamerika.

Kubanische Revolutionäre zu Pferde 1959
Siegreich. Kubanische Revolutionäre zu Pferde 1959
Foto: Raul Corrales Forno/Gemeinfrei via Wikimedia Commons


Totgesagte leben länger. Als eine Truppe langhaariger, bärtiger und blutjunger Guerilleros am 1. Januar 1959 den von Washington unterstützten kubanischen Diktator Fulgencio Batista in die Flucht geschlagen hatte und die Rebellenarmee unter Führung ihres »Comandante en Jefe« Fidel Castro Ruz nach einem Triumphzug durch das Land eine Woche später die Hauptstadt Havanna erreichte, prophezeiten viele Beobachter das baldige Ende der damit beginnenden neuen Ordnung. Seitdem läuten Gegner der Kubanischen Revolution, aber auch manche, die sich als deren Sympathisanten ausgeben, regelmäßig die Totenglocke. Doch auch 60 Jahre später zeigt sich das alternative Gesellschaftsmodell Kubas noch immer äußerst lebendig und attraktiv.

Es hat sich gelohnt

»Ohne Kuba und seine Geschichte wäre ich nicht Jorgito«, ist der Journalist Jorge Enrique Jerez Belisario überzeugt. Jorgito ist mit einer schweren spastischen Lähmung geboren worden, die das Leben der Betroffenen normalerweise dauerhaft und stark einschränkt. Das nach dem Sieg der Revolution errichtete kubanische Gesundheits- und Bildungssystem ermöglichte ihm jedoch, sich zu einem selbständigen und selbstbewussten Menschen zu entwickeln und seinen Traumberuf zu erlernen. »In Kuba geht es uns nicht vorrangig um Gewinne und eine starke Wirtschaft, das ist ein Nebenprodukt, der primäre Faktor ist der Mensch«, erklärt seine Lehrerin das vermeintliche Wunder. Die Entwicklung Jorgitos wäre, wie er selbst sagt, vor der Revolution undenkbar gewesen und ist zugleich eine Bestätigung für die von Fidel Castro zeitlebens wiederholte Behauptung, dass eine andere Welt möglich ist. Dies zu widerlegen und damit die Motivation und Hoffnung von Millionen Menschen vor allem im globalen Süden zu zerstören ist ein Hauptanliegen derjenigen, die das kubanische Modell als gescheitert bezeichnen. »Es hat sich nicht gelohnt«, überschrieb etwa die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung vor zehn Jahren einen Beitrag, in dem es hieß: »Anlass zu positiver Bilanz oder gar Triumph gibt es am 50. Jahrestag der Kubanischen Revolution, mit Blick auf das in fast jeder Hinsicht nach wie vor desaströse Erscheinungsbild der Karibikinsel, nicht.« Zum diesjährigen 60. Revolutionsjubiläum finden sich in den bürgerlichen Medien jede Menge ähnlicher Kommentare. Derartige Aussagen, die eher auf Wunschdenken als auf Fakten beruhen, ignorieren nicht nur die gegenwärtige Situation in Lateinamerika und großen Teilen der Welt, sondern verschweigen auch die Verhältnisse, die im vorrevolutionären Kuba herrschten.

Im Jahr 1958 war die Zahl der Arbeitslosen und Kurzarbeiter dort auf 657.000 gestiegen, das waren knapp 35 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung. Mehr als 65 Prozent der 900.000 Landarbeiter hatten zudem nur drei bis vier Monate im Jahr eine Beschäftigung und lebten entsprechend in Armut. Mehr als 86 Prozent der meist in Elendshütten hausenden Menschen waren ohne medizinische Versorgung, und für 64 Prozent der Kinder gab es keine Schulen. Als der Arzt Ernesto Che Guevara im Dezember 1956 mit den von Castro geführten Guerilleros an der Ostküste Kubas landete, traf er in den Bergen der Sierra Maestra auf Kinder, »die die physische Konstitution von acht- oder neunjährigen hatten, die jedoch fast alle 13 oder 14 Jahre alt waren«. Guevara bezeichnete die »Kinder der Sierra Maestra« als »authentische Produkte von Hunger und Elend. Sie sind Opfer der Unterernährung.« Nur elf Prozent dieser Kinder wussten, wie Milch schmeckt, und lediglich vier Prozent der Kubaner konsumierten Fleisch. Bis zum Sieg der Revolution konnte die Hälfte der Bevölkerung weder lesen noch schreiben. Während Angehörige der wohlhabenden Oberschicht, korrupte Politiker und die Schergen der Batista-Diktatur nach dem Sieg der Rebellen das Land verließen, um in Miami das von ihnen erwartete baldige Ende des »Spuks« abzuwarten, kam die Mehrheit der kubanischen Bevölkerung in den Genuss von politischen Freiheiten und sozialen Leistungen, die ihnen bis dahin verwehrt waren. Ihr Menschenrecht auf Gesundheit, Bildung, Wohnraum und Gleichstellung rückte zum ersten Mal ins Zentrum der politischen Agenda.

Umfassende Maßnahmen

Nach ihrem Sieg am 1. Januar 1959 hatten die Revolutionäre sofort mit dem Aufbau des neuen Staates begonnen. Schon im Februar 1959 wurde ein provisorisches Grundgesetz erlassen, das den Transformationsprozess ermöglichen sollte. »Wenn eine Revolution von 1868 mit der Befreiung der Sklaven beginnen musste, hatte eine Revolution von 1959 die Pflicht, die Gesellschaft von jenem Monopol zu befreien, kraft dessen eine Minderheit den Menschen ausbeutete. Und die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu beseitigen bedeutet, das Recht auf den Besitz jener Güter zu beseitigen, die der ganzen Gesellschaft gehören und gehören müssen«, erklärte Fidel Castro. Am 17. Mai 1959 wurde das erste Gesetz zur Agrarreform verabschiedet, durch das einheimische und ausländische Großgrundbesitzer enteignet und mehr als 100.000 Bauern unentgeltlich Land erhielten. 1960 wurde das Eigentum ausländischer Monopole und später auch der nationalen Bourgeoisie verstaatlicht. Parallel dazu begann die Umwandlung von Festungen und Militärkasernen in Schulen. »Es geht darum, dass auch der entfernteste Winkel in den Bergen nicht ohne Lehrer bleibt«, erläuterte Castro. Bereits ein Jahr später konnte er den Abschluss der Alphabetisierungskam­pagne verkünden, an der sich mehr als 270.000 Freiwillige als ehrenamtlich arbeitende Lehrer beteiligt hatten. Als erstes Land Lateinamerikas war Kuba frei von Analphabetismus.

Die Revolutionsregierung begann ebenfalls sofort damit, die medizinische Versorgung zu verbessern. Während unter Batista in den Jahren 1956 und 1957 für das nationale Gesundheitswesen ganze 22 Millionen Peso bereitgestellt wurden, waren es im Jahr 1969 bereits 220 Millionen. Jeder Bürger erhielt einen verfassungsmäßigen Rechtsanspruch auf unentgeltliche Betreuung im Krankheitsfall. Und Artikel 9 der (zur Zeit noch geltenden) kubanischen Verfassung von 1976 verpflichtet den Staat sicherzustellen, »dass es keinen Kranken gibt, der nicht medizinisch versorgt wird«. In den Artikeln 43 und 50 wird das Recht auf kostenlose Behandlung und Vorsorge garantiert. Die Mehrheit der Kubaner stand verständlicherweise hinter der Revolution. Begleitet von einer Massendemonstration verabschiedete die »Nationale Vollversammlung des kubanischen Volkes« am 2. September 1960 die »Erste Deklaration von Havanna«, in der »die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen« verurteilt und die Ziele einer anderen Gesellschaftsordnung formuliert wurden. Dazu gehören das Recht der Bauern auf Landbesitz, das Recht des Arbeiters auf den Ertrag seiner Arbeit, das Recht der Kinder auf Schulbildung und das der Jugendlichen auf Ausbildung, das Recht der schwarzen und indigenen Bevölkerung auf Wahrung ihrer uneingeschränkten Menschenwürde, das Recht der Frauen auf rechtliche, soziale und politische Gleichstellung und gleiche Bezahlung sowie das Recht der Kranken auf unentgeltlichen ärztlichen Beistand und Krankenpflege. Kuba ist bis heute das einzige Land auf dem amerikanischen Kontinent, das seinen Bürgern diese Menschenrechte – trotz aller Behinderungen durch den nördlichen Nachbarn USA – garantiert.

Blockade und Terror

Die Gegner der Revolution können sich bis heute nicht mit deren Erfolgen abfinden. Nachdem die Hauptzweige der Wirtschaft in allgemeines Volkseigentum überführt worden waren, machten die geflohenen kubanische Großgrund- und Fabrikbesitzer gemeinsam mit US-Unternehmern gegen das »Gespenst des Kommunismus« in Kuba mobil. US-Präsident Dwight D. Eisenhower verhängte bereits 1960 erste Sanktionen, die in der Folge mehrfach verschärft und auf alle Länder, die wirtschaftliche Beziehungen zu Kuba unterhalten, ausgeweitet wurden. Seit fast 60 Jahren unterliegt Kuba der längsten und umfangreichsten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade, die je gegen ein Land ausgesprochen wurde. Als Ziel aller Maßnahmen war in einem Memorandum der US-Regierung vom 6. April 1960 »das Provozieren von Enttäuschung und Entmutigung durch wirtschaftliche Not« vorgegeben worden. Konkret solle das »Verbot von Lieferungen und Geldzahlungen die Ökonomie schwächen, zu sinkenden Einkommen führen, Hunger, Elend und Verzweiflung erzeugen und so zum Sturz der Regierung beitragen«.

Neben der Blockade setzte die US-Regierung auf Aufbau und Unterstützung militanter Oppositionsgruppen, auf Sabotageakte und Terror. Bereits Anfang der 1960er Jahre hatte die Regierung Kennedy unter dem Namen »Operation Mongoose« ein Programm zur Durchführung von mehr als 30 Maßnahmen verabschiedet, »um das kommunistische Regime zu stürzen«. Dazu gehörten Propagandaaktionen, Anschläge gegen kubanische Politiker, Wirtschaftssabotage, die Zerstörung von Zuckerrohrfeldern und Fabriken, Verminung von Häfen, Bewaffnung und Training von Oppositionellen und der verdeckte Einsatz von US-Spezialeinheiten für Aktionen in Kuba.

Nach dem gescheiterten Invasionsversuch von CIA-Söldnern in der Schweinebucht im April 1961 wurde der Terror gegen kubanische Bürger und Einrichtungen verstärkt fortgesetzt. Am 6. Oktober 1976 explodierte an Bord einer DC-8, Flug CU 455 der Cubana de Aviación, kurz nach dem Start in Barbados eine Bombe. 73 Passagiere und Besatzungsmitglieder verloren ihr Leben. Die Behörden von Barbados ermittelten zwei ehemalige CIA-Agenten als Verantwortliche. Beide Terroristen, die 1997 noch eine Serie von Terroranschlägen gegen Hotels in Havanna und Varadero organisierten, lebten bis zu ihrem Tod unbehelligt in Miami und empfingen dort regelmäßig auf der Insel agierende Systemgegner. Der Terror als Option zum Sturz der kubanischen Regierung wurde – wie die Blockade – auch unter dem sich liberal gebenden Präsidenten Barack Obama fortgesetzt. Im April 2014, verhafteten Sicherheitskräfte in Kuba vier in Miami ansässige Exilkubaner, die Verbindungen zu Systemgegnern auf der Insel unterhielten. Die Terroristen gaben zu, dass sie militärische Einrichtungen in Kuba angreifen wollten, um gewaltsame Reaktionen zu provozieren. Nach einer vorläufigen Bilanz des kubanischen Innenministeriums waren seit dem Sieg der Revolution bis Ende 2014 in Kuba 713 Terroranschläge verübt worden, die 3.478 Todesopfer und 2.099 körperlich dauerhaft Versehrte gefordert haben. Nahezu alle Terrorakte waren im Namen von »Freiheit und Demokratie« vom Territorium der USA aus organisiert worden.

Da Blockade, Invasion und Terror seit 60 Jahren nicht vermögen, die Kubanische Revolution zu besiegen, sollen der Aufbau von subversiven Oppositionsgruppen, die Verbreitung von Fake News und Medienkampagnen zumindest dazu beitragen, Kubas Ansehen in der Welt zu schaden. Im Jahr 2015 dokumentierte der US-Journalist Tracey Eaton in seinem Blog »Along the Malecón«, dass die US-Agenturen NED, USAID und das State Departement das staatliche Budget für »Demokratieprogramme« in Kuba von 20 Millionen Dollar im Jahr 2015 auf 30 Millionen für das Jahr 2016 aufgestockt hatten. Der 1985 ausschließlich zur Destabilisierung Kubas aufgebaute staatliche US-Propagandasender Radio und TV Martí verfügt zudem über ein jährliches Budget von 27,9 Millionen Dollar und erhielt bisher insgesamt weit über 770 Millionen Dollar an Steuergeldern. Seit 2013 schickt das regierungseigene »Office of Cuba Broadcasting« (OCB) Woche für Woche Tausende DVDs, USB-Sticks und SMS-Mitteilungen mit US-Regierungspropaganda illegal nach Kuba, die Systemgegner dort verteilen. Ein zweiwöchentlich erscheinender Newsletter mit Namen »El Pitirre« geht an mehr als 75.000 E-Mail-Adressen.

Für die US-Regierung sind das Instrumente, um einen »arabischen Frühling« auf Kuba vorzubereiten. Dafür baute das OCB ein Netz von »unabhängigen Journalisten« auf, die »unzensiert« aus Kuba berichten und Interviews mit »Führern der Dissidentenbewegung« verbreiten sollen. Ihr »Job« besteht vor allem darin, ausländische Medien mit »authentischen« Stellungnahmen aus und über Kuba zu versorgen. Gleichlautende, meist ungeprüfte Berichte über »politische Gefangene« oder angebliche Menschenrechtsverletzungen erscheinen regelmäßig in großen westlichen Medien und verweisen als einzige Quelle auf »unabhängige Journalisten« in Kuba. Die Gegner der Revolution werden nicht nur von den USA alimentiert. So erhält die Bloggerin Yoani Sánchez auch vom staatlichen Auslandssender der BRD Deutsche Welle gutdotierte Honorarverträge und feste Sendeplätze. Die Konterrevolution kommt subtil daher. Die Bandbreite der Einflussnahme und Agentenanwerbung reicht von Kontaktanbahnung über angebliche Hilfsprogramme für AIDS-Kranke, Unterstützung junger Musiker und Rapper, Beratungsangeboten für Selbständige, Stipendienangeboten, Journalistenworkshops und Künstleraustausch bis hin zu Kontakten in kirchliche Kreise. Träger von subversiven Aktionen sind ausländische NGOs, Medienkonzerne und Parteistiftungen sowie international agierende Organisationen wie die rechtslastige »Internationale Gesellschaft für Menschenrechte« oder »Reporter ohne Grenzen«.

Ausnahmestellung

Obwohl kein anderes Land der Region ähnlichen Angriffen durch Blockade, Terror, Subversion und Medienkampagnen ausgesetzt war und ist, ist die sozialistische Insel heute das Land in der Region mit den höchsten sozialen Standards. Während die meisten Länder Lateinamerikas noch immer durch soziale Ungleichheit, Massenarbeitslosigkeit, fehlende Bildungschancen und mangelnde Gesundheitsversorgung, durch Armut, Hunger und Gewalt geprägt sind, hat Kuba die meisten dieser Probleme seit 60 Jahren überwunden. Trotz der Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade verhungert in Kuba niemand. Kein Kind muss auf der Straße leben; Kindersterblichkeit und die Analphabetenrate liegen unter den Werten der USA sowie Teilen der Bundesrepublik Deutschland und die durchschnittliche Lebenserwartung der kubanischen Bevölkerung ist die höchste aller lateinamerikanischen Länder. Für Journalisten ist Kuba zudem seit dem Sieg der Revolution das sicherste Land der Region. Während in Honduras, Kolumbien, Mexiko, Brasilien und anderen an den westlichen Werten orientierten Staaten Jahr für Jahr Dutzende Reporter getötet werden, ereignete sich der letzte Mord an einem Medienmitarbeiter in Kuba 1958, ein Jahr vor dem Sieg der Guerilleros. Der soziale Kahlschlag neoliberaler Regierungen in Argentinien und Chile, der Terror paramilitärischer Banden in Kolumbien, Armut, Hunger und Gewalt in Honduras, Guatemala, El Salvador und anderen Ländern Mittelamerikas, die Hunderttausende zur Flucht zwingen und schließlich die Machtübernahme des Faschisten Jair Bolsonaro in Brasilien, dem bevölkerungsreichsten und größten Land Südamerikas, lassen die Kubanische Revolution für Millionen Menschen heute als einzig realistische Alternative auf dem gesamten amerikanischen Kontinent erscheinen.

In Kuba selbst gilt der Erhalt von Chancengleichheit, sozialer Gerechtigkeit und der Revolution als der von Fidel Castro 1961 definierten »sozialistischen und demokratischen Revolution der einfachen Leute, von den einfachen Leuten und für die einfachen Leute«, als eine der größten gesellschafts- und innenpolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre. Das Land ist dafür politisch gut aufgestellt. Bei den Parlamentswahlen im März setzte sich der Generationenwechsel fort. 78 Prozent der 605 neuen Abgeordneten sind nach dem 1. Januar 1959 geboren. Bei einem Durchschnittsalter von 48 Jahren ist die neue Nationalversammlung eines der jüngsten Parlamente der Welt. Auch Kubas neuer Präsident, der 58jährige Elektronikingenieur Miguel Díaz-Canel, gehört in die Kategorie der jungen Staats- und Regierungschefs. Mit einem Frauenanteil im Parlament von mehr als 53 Prozent steht Kuba weltweit (nach Ruanda) an zweiter Stelle. Die Nachkommen der Guerilleros, die Kubas Politik in den nächsten Jahren bestimmen werden, sind jung, weiblich und revolutionär. Sie müssen nicht mehr – wie frühere Generationen – mit dem Karabiner für die Unabhängigkeit ihres Landes kämpfen. Ihre Waffen sind heute Bücher, Mikroskop und Skalpell, ihre Einsatzgebiete Forschungslabore, Operationssäle, Bildungseinrichtungen und Onlineredaktionen. Das Volk hat dabei keine Statistenrolle, sondern ist als Souverän Garant und Triebkraft der Revolution. Das zeigte sich erneut in der Debatte über eine neue Verfassung, an der sich in den letzten Monaten 8,9 Millionen Bürger in mehr als 133.000 Versammlungen in Betrieben, Verwaltungen, Stadtteilen und Bildungseinrichtungen beteiligt haben. Der Volksentscheid über die neue Verfassung soll am 24. Februar 2019 stattfinden, dem Jahrestag des 1895 begonnenen zweiten Unabhängigkeitskrieges gegen die spanische Kolonialherrschaft. Die bisher dazu geführten Diskussionen fasste Präsident Díaz-Canel in den Satz zusammen: »Wir sind ein Volk, das den Kompass der Werte, die uns seit mehr als 50 Jahren leiten, nicht aus den Augen verliert.«

Sozialismus oder Tod

Nur wer Tatsachen ignoriert oder leugnet, kann das kubanische Modell als »gescheitert« bezeichnen. Das Gegenteil trifft zu: Bis heute ist die Revolution unbesiegt. Mit ihr wurde nach fast 500jähriger Fremdherrschaft in Kuba zum ersten Mal die Vision des Nationalhelden José Martí von einem freien, unabhängigen und souveränen Land verwirklicht. Der Anführer dieser Revolution, Fidel Castro, war der erste Staats- und Regierungschef in der Geschichte Kubas, der sein Amt nicht zur persönlichen Bereicherung missbrauchte, nicht nach der Pfeife ausländischer Regierungen und Konzerne tanzte und dem »Koloss im Norden« – wie Martí die USA genannt hatte – erfolgreich die Stirn bot. Weder Invasion noch Terroranschläge, weder Subversion noch die vergifteten Ratschläge falscher Freunde konnten das kubanische Volk, das seine Erfolge seit 60 Jahren verteidigt, in die Knie zwingen. Fidel Castro hatte stets unterstrichen: Nicht obwohl, sondern weil Kuba den Weg zum Sozialismus eingeschlagen habe, sei sein Land zu außergewöhnlichen Leistungen fähig. Castro, der seine Reden zunächst mit den Worten »Patria o muerte« (Heimat oder Tod) beendet hatte, ersetzte dies später – im Sinne der von Rosa Luxemburg 1916 aufgezeigten Alternative »Sozialismus oder Barbarei« – durch den Schlusssatz »Socialismo o muerte« (Sozialismus oder Tod). Die oft Totgesagte lebt und statt um sie zu trauern, feiert das sozialistische Kuba in diesen Tagen den 60. Jahrestag seiner Revolution.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 02.01.2019