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Kuba stimmt ab

»Mit allen und zum Wohle aller«: Referendum zu neuer Verfassung am Sonntag.

Falls der Text der neuen »Magna Charta« eine Mehrheit findet, ersetzt er die 1976 per Volksentscheid angenommene, erste sozialistische Verfassung des Landes. Bis dahin galt ein provisorisches Grundgesetz, das nach dem Sieg der Revolution am 6. Februar 1959 in Kraft getreten war. Die 1992 und 2002 teilweise reformierte und derzeit noch geltende Verfassung entspreche heute nicht mehr den aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen des Landes, begründete Präsident Miguel Díaz-Canel das Reformprojekt.

Die kubanische Nationalversammlung hatte den der Bevölkerung jetzt vorgelegten neuen Entwurf am 22. Dezember einstimmig verabschiedet. Das Parlament musste über 700 Änderungsvorschläge der zuvor erfolgten Volksaussprache befinden, an der sich vom 13. August bis zum 15. November rund 8,9 Millionen Bürger in mehr als 133.000 Versammlungen in Betrieben, Verwaltungen, Bildungseinrichtungen und Stadtteilen beteiligt hatten. Dabei waren etwa 60 Prozent des ursprünglichen Textes verändert worden. Die Ergebnisse der Debatten schlagen sich auch in der Anzahl von künftig 229 Verfassungsartikeln nieder. Das sind fünf mehr als im ursprünglichen Entwurf vorgesehen waren und 92 mehr als im derzeit noch geltenden Grundgesetz.(vh)

In Kuba sind am Sonntag mehr als acht Millionen Bürger zur Abstimmung über eine neue Verfassung aufgerufen. Der Volksentscheid findet am Jahrestag des 1895 begonnenen zweiten Unabhängigkeitskrieges gegen die spanische Kolonialherrschaft statt. Das Datum symbolisiert den Anspruch der künftigen »Magna Charta«, die Unabhängigkeit des Landes weiterhin zu garantieren.

Die neue Verfassung definiert Kuba als »unabhängigen und souveränen Rechtsstaat«, der auf der Grundlage von sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit das Wohlergehen und die freie persönliche Entwicklung seiner Bürgerinnen und Bürger zum Ziel hat. »Mit allen und zum Wohle aller«, heißt es in Artikel 1. Während im ersten Entwurf – im Gegensatz zur 1976er Verfassung – noch der ausdrückliche Bezug auf den »Kommunismus« fehlte, heißt es in der jetzt zur Abstimmung stehenden Präambel wieder: »Nur im Sozialismus und Kommunismus kann der Mensch zu voller Würde gelangen«. In Artikel 5 wird die kommunistische Gesellschaft als Ziel definiert. Die Formulierung sorge für ideologische Klarheit, hatte der Abgeordnete Yusuam Palacios die Kritik vieler Bürger am ersten Entwurf aufgegriffen. Zudem werde damit »eine Manipulation unserer Gegner« beendet, die von einem anderen System in Kuba träumten.

Das Fundament der Wirtschaft bildet auch künftig der sozialistische Staatsbetrieb. Zu den Kernpunkten der Veränderungen gehört jedoch, dass ein privater Sektor und der »freie Markt« in einem eingeschränkten und kontrollierten Umfang anerkannt werden. Indem nichtstaatliches Eigentum und Genossenschaften verankert werden, soll ein verbindlicher Rechtsrahmen für den vor gut zehn Jahren eingeleiteten Prozess der Zulassung kleiner und mittlerer privater Betriebe im Produktions-, Handwerks-, Handels- und Dienstleistungsbereich geschaffen werden. Diese sollen aber auch künftig nur ergänzenden Charakter haben. Die Produktionsmittel und das Eigentum der strategisch wichtigen Wirtschaftssektoren bleiben weiter in den Händen des Staates und damit Eigentum der Allgemeinheit.

Weitere Neuerungen sind, dass die Amtszeit des Präsidenten und andere führende politische Positionen auf zweimal fünf Jahre begrenzt und die Macht zwischen Staatsoberhaupt (Präsident) und einem Regierungschef (Premierminister) aufgeteilt wird. Auch der sozialistische Charakter des politischen Systems und die führende Rolle der Kommunistischen Partei in Gesellschaft und Staat sind in der künftigen Verfassung festgeschrieben.

Das rief unter anderem die von den USA dominierte Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) auf den Plan, die das Referendum sofort in Frage stellte. »Die OAS ist die Organisation, die im Dienst des US-Imperialismus versucht, Kuba zu isolieren«, konterte der für Lateinamerika und die Karibik im kubanischen Außenministerium zuständige Direktor Eugenio Martínez. »Über die Verfassung Kubas diskutieren die Kubaner und sie sind es auch, die sie annehmen werden«, stellte Martínez klar.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 21.02.2019