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»Wir wollen Differenzen offen austragen, Konsens suchen«

Lateinamerika-Regionalkonferenz in Hessen soll helfen, Solidarität mit progressiven Bewegungen zu stärken. Ein Gespräch mit Achim Kessler.

Am kommenden Sonnabend findet in Frankfurt am Main die Regionalkonferenz »Lateinamerika: Ein Kontinent unter Druck« statt. Sie organisieren diese gemeinsam mit Cuba Sí Hessen, dem Studierendenverband »Die Linke SDS« in Frankfurt sowie der örtlichen Linksjugend »Solid«. Wieso finden Sie die Beschäftigung damit relevant?

Der Name sagt es ja bereits. Nach dem Aufstieg linker Regierungen um die Jahrtausendwende werden diese seit einigen Jahren immer härter vom US-Imperialismus attackiert. In Brasilien und Ecuador haben bereits rechte Regierungen übernommen, und in Venezuela, Bolivien und Nicaragua richten die Kämpfe schwere Schäden an Menschen und Umwelt an. Wir wollen die Solidarität der deutschen Linken, vor allem der Partei Die Linke, mit den progressiven Bewegungen und Regierungen in Lateinamerika stärken und von ihren Erfolgen, aber auch Problemen und Fehlern lernen.

Was verbinden Sie als Gesundheitspolitiker mit Lateinamerika?

Im Mai letzten Jahres war ich zehn Tage lang mit einer Bundestagsdelegation auf einer Solidaritätsreise in Kuba. Das kubanische Gesundheitssystem ist vollkommen entkommerzialisiert und mit seinen Polikliniken, Community-Ärzten und bedürfnis- statt profitorientierten Heilungsmethoden nahezu eine Utopie im Vergleich zur BRD. Die Bevölkerung bestimmt seit 60 Jahren ihr Schicksal selbst – und ihre Ehrlichkeit im Umgang auch mit Defiziten beim Aufbau ihres Sozialismus hat mich tief beeindruckt.

Sehen Sie durch die Verschärfung der US-Sanktionen diese Errungenschaften gefährdet?

Die völkerrechtswidrigen Sanktionen beeinträchtigen das Leben der Kubaner. Sie bremsen die sozialistische Revolution, aber stoppen sie nicht. Die Regierung war vorbereitet und hat vor allem im Transport Abstriche gemacht, während sie Gesundheitsprojekte wie die Bekämpfung der Ägyptischen Tigermücke, der Hauptüberträgerin des Dengue-Fiebers, sogar fortgesetzt. Spätestens nächsten Monat sollen wieder Öllieferungen in Kuba eintreffen, dank internationaler Solidarität.

Auf dem vorherigen Parteitag wurde die Behandlung eines Solidaritätsantrags mit Venezuela abgelehnt. Wieso bezieht Ihre Partei keine eindeutige Position zu Lateinamerika?

Die Verhinderung des Antrags wurde von engagierten Genossen mit einer Protestaktion geahndet. Ich heiße die Stürmung der Parteitagsbühne gut, denn sie bringt den Willen der Parteibasis zum Ausdruck. Viele Genossen sind in der Lateinamerikasolidarität aktiv, die meisten sprechen sich dafür aus. Das dünnt in den höheren Parteiebenen aus – auch, weil man im bürgerlichen Politbetrieb dafür hart attackiert wird.

Den Abschluss der Konferenz wird ein Podium bilden zur Frage »Was bedeutet internationale Solidarität heute?« mit Ihnen sowie Ihren Fraktionskollegen Heike Hänsel und Stefan Liebich. Wieso ausgerechnet Liebich?

Stefan und ich arbeiten konstruktiv zusammen, doch als außenpolitischer Fraktionssprecher steht er mit seinen Ansichten zu Lateinamerika am anderen Ende des innerparteilichen Meinungsspektrums. Wir wollen diese Differenzen offen austragen und einen solidarischen Konsens mit linken Regierungen in Lateinamerika suchen. Ich bin optimistisch, aber wenn das nicht klappt, schärfen wir im Streit wenigstens unsere Argumente. Das ist lehrreicher, als wenn alle im Saal einer Meinung sind.

Was können deutsche Sozialisten für ihre Genossen in Lateinamerika tun?

Das, was wir auf der Konferenz machen: Die Kämpfe fortschrittlicher Kräfte in Lateinamerika kritisch-solidarisch begleiten, ihre Erfolge und Misserfolge verarbeiten, fundierte Kritik an der bürgerlichen Berichterstattung üben, Regime-Changes und Völkerrechtsbrüche verurteilen sowie den Imperialismus analysieren und bekämpfen.

Achim Kessler ist gesundheits­ökonomischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Bundestag
Lateinamerika-Konferenz »Ein Kontinent unter Druck«: Samstag, 28.9., 11 bis 17.30 Uhr, Saalbau Titus-Forum, Walter-Möller-Platz 2, Frankfurt am Main. Eintritt frei

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Interview: Milan Nowak
junge Welt, 23.09.2019