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Feminismus auf kubanisch

Kubas Frauen: Vom Guerrillakampf für die Revolution bis zur Gleichstellung.

Aus europäischer Sicht werden kubanische Frauen oft sexualisiert, und es wird angenommen, dass die Revolution von 1959 an ihnen vorbeigegangen sei. Dabei hatten sich bereits in den beiden Unabhängigkeitskämpfen gegen Sklavenhaltung und spanische Kolonialbesetzung (1868–1879) feministische Bewegungen herausgebildet, die sich klassenübergreifend und jenseits rassifizierter Zuschreibungen organisierten.

Vor der Revolution 1959 dominierten jedoch feministische Debatten aus dem bürgerlichen Milieu. So war anfangs selbst der Hintergrund von Guerrilleras der »Bewegung des 26. Juli« bürgerlich. Frauen aus bäuerlichen und proletarischen Verhältnissen übernahmen vorerst Versorgungstätigkeiten innerhalb der Revolution, lehnten sich jedoch gegen diese soziale Zuweisung auf und verlangten an der Waffe ausgebildet zu werden: Es gründete sich die bewaffnete Fraueneinheit »Las Marianas«, die in der Sierra Maestra gegen das Regime von Fulgencio Batista kämpfte.

Nach der Revolution gründete sich die Föderation der Frauen Kubas (FMC), deren Basis in Nachbarschaftsorganisationen liegt. Über diesen Weg kann eine Beteiligung bis in die staatlichen Organe gesichert und können nationale Entwicklungen beeinflusst werden. Die FMC spielt bei der Entwicklung von Gesetzen, Kampagnen, Bildungsstrategien etc. eine wichtige Rolle, um die Gleichstellung der Frauen Kubas voranzutreiben. In aktuellen Debatten, die an die neue Verfassung und die anstehenden Veränderungen des Familiengesetzes anknüpfen, wird immer wieder betont, wie wichtig ein gleichzeitiges Agieren innerhalb der Gesellschaft ist, um für Gleichstellungsprozesse zu sensibilisieren und sich ihrer bewusst zu werden.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Aufklärung über verschiedene Gewaltformen, aber auch über Strategien, sie bewältigen und abwehren zu können. Angesichts eines drohenden Anstiegs sogenannter häuslicher Gewalt in der Pandemie wurde besonderes Augenmerk auf den Erhalt der nachbarschaftlichen Organisationsformen gelegt. Dadurch können Fälle weiterhin früh erkannt werden, so dass soziale Isolation nicht zu einer zusätzlichen Gefährdung von Frauen führt.

Aber auch abseits der FMC gibt es zahlreiche feministische Kollektive, die in vielen Bereichen – von Kunst und Literatur bis hin zu Sport und Wissenschaft – aktiv sind. So setzt sich ein Feminismus durch, der durch Diversität und Antirassismus geprägt ist und unterschiedliche Kämpfe und Bedürfnisse vereint.

Auch wenn Kubanerinnen durch die Revolution ökonomisch unabhängig wurden, wird ein großer Teil der Sorgearbeit weiterhin von Frauen erledigt. Laut Statistiken beteiligen sich jedoch immer mehr Männer daran, wie es auch das Gesetz vorsieht. Im Bildungs-, Politik- und Gesundheitssektor sind Frauen bereits in einer gleichgestellten Position.

Schwieriger zu durchbrechen sind soziale Normen, die geschlechtsspezifische Eigenschaften und Rollen zuschreiben. Besonders der lateinamerikanische Machismo, der eine gewaltvolle sexuelle Eroberung der Frauen impliziert und dessen Wurzeln in der Kolonialisierung liegen, erschwert die Befreiung der Frauen Kubas.

Doch die Selbstverständlichkeit, die eigenen Rechte wahrzunehmen, spiegelt sich auch im Kampf gegen den Machismo wider. Bei Belästigung organisieren die Frauen ihren Selbstschutz und entwickeln Strategien, die Sicherheit einer jeden Frau zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass sie respektiert werden. Auch wenn Respekt und Achtung der Kubanerinnen noch nicht überall die Norm sind und einige Kräfte immer wieder versuchen, sie in eine unterdrückte Rolle zu zwingen, stehen die Frauen Kubas stolz Schulter an Schulter: Sie sind gewillt, den eigenen, langen und komplizierten Weg ihrer vollständigen Befreiung zu gehen und sie zu erkämpfen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Raven Jahns
junge Welt, 30.04.2021