Nachrichten


Nachrichten aus und über Kuba

Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.


Aus dem Herzen der Bestie

Antiimperialistische US-Linke organisiert Kampf gegen Blockade Kubas.

US-Aktivisten
US-Aktivisten auf einem Treffen mit Miguel Díaz-Canel (Havanna, 1.5.2023)
Foto: Palacio de La Revolución


Hintergrund: IPA


Was ist die Asamblea internacional de los pueblos?

In der International Peoples’ Assembly (IPA) sind mehr als 200 Organisationen zusammengeschlossen, vor allem aus dem globalen Süden. Politische und soziale Bewegungen, Jugendorganisationen, Gewerkschaften, Bauern und Bäuerinnen, Frauenformationen und linke Parteien kämpfen vereint gegen Kapitalismus und Imperialismus, für ökologische Belange und Feminismus – für eine sozialistische Perspektive.

Die Gründungskonferenz »Dilemmas of Humanity« in Sao Paulo im Jahr 2017 hat vier Aktionsfelder der IPA bestimmt, für die in den zurückliegenden Jahren entsprechende Infrastrukturen aufgebaut wurden:

(1) Das internationalistische Kollektiv für politische Bildung widmet sich der Ausbildung von Mitgliedern und Kadern der IPA-Organisationen und befreundeter Zusammenschlüsse. Dabei steht der internationale Austausch im Vordergrund.
(2) Ein globales Netzwerk unabhängiger progressiver Medienprojekte entwickelt in einer Zeit globaler Krisen einen internationalen und bewegungsorientierten Journalismus, mit besonderem Schwerpunkt auf Kämpfen, die in Mainstreammedien nicht vorkommen.
(3) »Tricontinental: The Institute for Social Research« ist eine internationale, bewegungsorientierte Forschungseinrichtung, die theoretische Debatten anregt, die den Organisationen und Bewegungen in ihrer praktischen Arbeit dienen.
(4) Solidaritätskampagnen sind geprägt von Antiimperialismus, dem Gedanken des proletarischen Internationalismus. Im Vordergrund dabei: Solidarität mit Kuba und Venezuela, mit dem palästinensischen Volk und politischen Gefangenen wie Julian Assange.
In Europa bemüht sich die IPA um Dialog und Austausch hiesiger linker Kräfte mit Genossinnen und Genossen des globalen Südens. (fms)



»Built the future, break the blockade!« An der inmitten einer schweren Ölkrise im sozialistischen Inselstaat Kuba von der International Peoples’ Assembly (IPA) organisierten »May Day Brigade« nahmen Repräsentanten antirassistischer, gewerkschaftlicher und kommunistischer Organisationen aus den gesamten USA teil, etwa aus der Black-Lives-Matter-Bewegung, der Party for Socialism and Liberation (PSL) oder dem Codepink-Friedensnetzwerk. Die Teilnahme von Aktivisten aus Hawaii und Puerto Rico sowie aus der koreanischen und chinesischen Diaspora dokumentiert den dezidiert antiimperialistischen Charakter der Brigade.



Kawena'ulaokala Kapahua von Academic Labor United, der Gewerkschaft arbeitender Studenten an der Universität von Hawaii, verwies auf den vergleichbaren Kontext der beiden Inselstaaten: »Wie Kuba vor der Revolution ist auch Hawaii vom Einfluss und Militarismus der USA geprägt, unsere Wirtschaft ist fast ausschließlich auf Tourismus und Produktion von Zucker ausgerichtet.« Vor allem im Widerstand gegen die starke Militarisierung sieht Kapahua vergleichbare Probleme wie in Korea und den Philippinen. 25 Prozent des hawaiianischen Territoriums seien von den USA mit mehr als 50.000 stationierten Truppen und dem Indopazifischen Kommando besetzt. Die Insel sei einer der meist militarisierten Orte der Welt. »Kuba zeigt uns mögliche Lösungen«, sagte Kapahua.



Zu dieser Erkenntnis zu gelangen ist im Angesicht der in den US-Medien omnipräsenten und geifernden antikubanischen Berichterstattung nicht leicht. Johana Tablada de la Torre, stellvertretende Generaldirektorin für die Vereinigten Staaten im kubanischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten (Minrex), betonte: »Die USA geben Millionen aus, um uns glauben zu machen, dass unsere schwierige ökonomische Situation auf Kubas Politik zurückzuführen ist und nicht etwa auf die Blockade.« Als Resultat einer aggressiven Politik, die Kuba lieber ausbluten lassen will, als dem Land auch nur ein Minimum an Souveränität zuzugestehen, befinde sich Kuba in einer ökonomischen Krise, die sich durch die Einordnung des Landes als vermeintlicher Terrorismusunterstützer noch verschärft habe. Der Anstieg der Kindersterblichkeit sei laut Tablada direkt auf diese letzte Maßnahme Trumps zurückzuführen.




Trotz der schwierigen Lage bleibt Kubas Gesundheitsversorgung kostenlos. Aus einem Land kommend, das seiner Bevölkerung keine Gesundheitsversorgung zu bieten hat, das einem das Recht auf ein Dach über dem Kopf verwehrt, das seine schwarze Bevölkerung erschießt und wegsperrt, lernten die Brigadisten eine erstaunlich andere Realität kennen. So führt der kleine, von der Blockade erdrückte Inselstaat die größte Wirtschaftsmacht USA wegen ihrer sozialen Lage vor. Rassistische Polizeigewalt? Kein Thema auf Kuba. Statt Verschuldung für das Studium Stipendien für Studierende aus aller Welt in der Lateinamerikanischen Schule für Medizin (ELAM). Statt Verdrängung und Zwangsräumung ist die Schaffung von Wohnraum gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wer als Friedensaktivist in den USA als fünfte Kolonne Russlands oder Chinas beschuldigt wird und im Alltag die wachsende Gewalt gegen Asiaten erfährt, ist erstaunt, wenn die Kubaner ihn mit offenen Armen empfangen und zwischen der Politik der US-Regierung und seiner Bevölkerung unterscheiden.

Wer selbst den Repressalien gegen die LGBTQI-plus-Community ausgesetzt ist und erleben muss, wie Transmenschen systematisch ausgegrenzt werden, liest staunend das neue Familiengesetzbuch Kubas. Und wer dann noch nachfragt und erfährt, wie dieses Familiengesetz entstanden ist – ganz ohne Lobbyisten, unter aktiver Beteiligung der Bevölkerung –, der sieht das Land, das die USA zum Feind erklärt haben, mit anderen Augen. Und so zeigte Kuba der Delegation vor allem seine Widerstandskraft und seine fest verankerten demokratischen Strukturen.

Wegen Zerstörungen durch einen heftigen Tropensturm wurde die Maiparade um eine Woche verschoben. War die Enttäuschung zunächst groß, entpuppte sich das Ersatzprogramm als um so interessanter: Der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel empfing die US-amerikanischen Delegationen, darunter das amerikanische Hands-Off-Cuba-Bündnis, das vom Generalsekretär der ersten Amazon-Gewerkschaft (ALU), Chris Smalls, angeführt wurde. Trotz Euphorie des Moments mahnte Díaz-Canel, Kuba nicht zu idealisieren – es sei kein Paradies, sondern befinde sich in kontinuierlicher Entwicklung, die von der gesamten Gesellschaft getragen wird.

Die jungen Teilnehmer kehrten mit einem gewachsenen Pflichtbewusstsein zurück in ihr Land, den Kampf gegen die Blockade im Herzen der Bestie zu verstärken und zugleich die gesellschaftliche Realität des revolutionären Kubas in den Klassenkämpfen Amerikas sichtbar zu machen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

junge Welt


Dieser Artikel wurde ermöglicht
durch die Abonnnentinen und Abonennenten
der jungen Welt
Dein Abo fehlt

Florentine Morales Sandoval
junge Welt, 04.05.2023