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»Unmöglich, Geldtransaktionen durchzuführen«

Über die Folgen der US-Blockade für Forschungskooperationen mit Kuba und die Kampagne »1 Cent 4 Cuba«. Ein Gespräch mit Helen Yaffe.

Sie forschen zu Kuba. Welchen Einfluss hat die US-Blockade Kubas auf Ihre Forschung?

Es ist immer ein ideologischer Kampf. Bei akademischen Publikationen gibt es ein Gutachterverfahren und diese Gutachter erwarten oft, dass man Kuba kritisiert bis hin zur Beleidigung.

Ich habe Studenten, die in Kuba forschenwollen, aber damit sie das können, müssen sie ein ethisches Gutachtergremium durchlaufen (ein Prozess, der im angelsächsischen Hochschulsystem bei allen Forschungen, die Personen als Forschungsobjekte einbeziehen, vorgeschrieben ist, jW). Da kommen dann Fragen an diese Studenten wie: »Können Sie sicherstellen, dass die kubanischen Bienenzüchter nicht von Repression betroffen und eingesperrt werden, wenn sie mit Ihnen im Rahmen eines Forschungsprojekts sprechen?« Würde diese Frage auch im Zusammenhang mit Forschungen in den USA gestellt werden? In diesem Umfeld muss man als Forscher zu Kuba also navigieren.

Wie wirkt sich das auf die Finanzierung solcher Projekte aus?

Das andere große Problem für mich und andere Akademiker, die mit kubanischen Partnern zusammenarbeiten wollen, sind die finanziellen Folgen der US-Sanktionen. Ein Beispiel: Ich hatte einen Antrag für ein Forschungsprojekt ausgearbeitet, bei dem ich mit einem kubanischen Partner zusammenarbeiten wollte. Die Universität Glasgow verzögerte das Projekt, da die Finanzabteilung der Universität behauptete, ein kubanischer Partner könne nicht in das Projekt einbezogen werden, da Kuba unter US-Sanktionen stehe. Das ist aber unrichtig, da es in Großbritannien Gesetze gibt, die besagen, dass unilaterale US-Sanktionen gegen Einzelpersonen und Institutionen in Großbritannien nicht angewendet werden dürfen. Den US-Sanktionen in Großbritannien zu folgen, bricht also nationales Recht.

In Wahrheit ist es so, dass OFAC, das US-amerikanische Office of Foreign Assets Control (Amt für Auslandsvermögen), Banken auf der ganzen Welt mit Gegenmaßnahmen bedroht, wenn sie Transaktionen mit Kuba durchführen. Das ist ein sehr großes Problem, weil es die Forschungskooperation einschränkt.

Warum ist diese Praxis gerade so problematisch für die Forschung?

Weil es jede finanzielle Transaktion unterbindet, aber ohne diese funktioniert Forschung nicht. Es geht hier um Dinge wie die Bezahlung eines Kollegen, Geldüberweisung zur Finanzierung von Ressourcen und Forschungsinfrastruktur, die für das Projekt gebraucht wird. Es ist heute aber nahezu unmöglich, irgendwelche Geldtransaktionen durchzuführen.

Wie kann dagegen gesteuert werden?

Es gibt die Kampagne »1 Cent 4 Cuba«, die sehr wichtig ist. Ich bin von Anfang an darin involviert. Es ist eine neue Kampagne, die von Gruppen in Großbritannien, Irland und Belgien ins Leben gerufen wurde, aber rasch von Aktivisten in anderen Ländern, darunter Deutschland, Spanien und Kanada, unterstützt wurde. In Deutschland wird sie vom Netzwerk Kuba koordiniert.

Das Augenmerk der Kampagne richtet sich auf internationale Finanzinstitutionen. Das Problem ist, wenn ich dir von Edinburgh nach Berlin einen Pfund Sterling überweise und im Verwendungszweck das Wort »Kuba« erwähne, wird die Überweisung automatisch blockiert, obwohl das Geld gar nicht nach Kuba geht. Es wird also nicht mehr nur das Land Kuba blockiert, sondern alles im Zusammenhang mit Kuba. Mit unserer Kampagne wollen wir zeigen, dass das eine illegale Praxis der Banken ist.

Was wollen Sie dagegen tun?

Wir wollen eine große Zahl von Bankkunden dazu bringen, kleine Transaktionen in Höhe von einem Cent durchzuführen und dabei »Kuba« zu erwähnen, was dann automatische Sanktionsmechanismen der Banken auslöst. Bei einer Beschwerde muss die Bank einen Bericht erstellen, gegen den wir Einspruch bei der nationalen Kontrollbehörde einreichen können. Jede kleine Transaktion und der anschließende Beschwerdeprozess können für die Bank einen kostspieligen Verwaltungsaufwand bei minimalen Kosten für den Kunden bedeuten. Die Banken brechen mit dieser Praxis nationales Recht. Was wir herausfinden wollen: Brechen sie auch die Datenschutzgrundverordnung der EU? Und werden europäische Bankdaten ohne dem Wissen der Kunden an die US-Behörden weitergegeben?

Helen Yaffe ist aktiv in der Kuba-Solidaritätsbewegung und die Autorin von »We are Cuba« (Yale University Press, 2020). Sie lehrt an der Universität Glasgow.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Interview: Dieter Reinisch
junge Welt, 29.08.2023