Die Lüge reist auf einem Drachenflieger von Kuba nach Miami

In den Sportnachrichten eines spanischen Senders, Antena 3 heißt es: "Sie wählten den perfekten Tag, um ihre Mission zu erfüllen: aus Kuba zu fliehen. Sie entkamen in einem motorisierten Drachenflieger (...) Ihre Art, sich den Lebensunterhalt zu verdienen, wurde zu ihrem Fluchtweg".


Flucht nach Florida Entkommen, flüchten, fliehen: Dies ist das übliche sprachliche Arsenal, das auf jedes Migrationsereignis in Kuba angewendet wird. Dies sind die Verbformen, die im Falle eines ähnlichen Ereignisses in einem anderen Land - Honduras oder Haiti, um naheliegende Beispiele zu nennen - durch andere ersetzt würden: Die Migranten würden weder "entkommen" noch "fliehen", sondern "auswandern", "fortgehen", "reisen" oder einfach "eine bessere Zukunft" in einem reicheren Land suchen.




Und die Worte sind nicht unschuldig. Denn wenn die beiden kubanischen Piloten in den Nachrichten, die mit einem aus einem Fliegerclub, der auf der Insel touristische Dienstleistungen anbietet, gestohlenen Hängegleiter in die USA gekommen sind, "geflohen" sind, dann deshalb, weil sie in Kuba von jemandem gejagt oder bedroht wurden. Oder etwa nicht? Nun, offensichtlich nicht. Es handelt sich um zwei Wirtschaftsmigranten. Genau wie die aus Honduras oder Haiti.

Und warum haben sie sich für den Diebstahl eines Hängegleiters entschieden? Weil die USA einige Wochen zuvor einem anderen Piloten politisches Asyl gewährt hatten, der in jenem Fall ein Sprühflugzeug gestohlen hatte.

Man kann dies einen "Aufforderungseffekt" nennen. Oder einen "Zynismus-Effekt", denn wenn einer der drei Piloten einen Antrag auf legale Auswanderung - oder sogar auf eine Reise - in die USA gestellt hätte, hätte die Botschaft ihnen mit großer statistischer Wahrscheinlichkeit das Visum verweigert. Und zwar nicht nur die US-Botschaft, sondern auch die Botschaft Spaniens und die so vieler anderer Staaten auf der Welt. Die kurze Begründung für die Ablehnung ist Tausenden von Antragstellern aus Kuba wohlbekannt: "ein möglicher Migrant".

Aber wenn die Show erst vorbei ist, wenn die Drachenflieger so wie der erste Flieger in Miami erklären, dass sie aus Kuba "geflohen" sind, weil "es im kommunistischen System keine Freiheit gibt" und dass sie, wenn sie auf die Insel zurückkehrten, gefoltert oder erschossen würden, haben sie gewonnen! Sie werden nicht länger "mögliche Migranten" sein, sondern arme Seelen, die im "Land der Freiheit" willkommen sind.

In der Tat bereiten ihre Familien und viele Medien ihnen bereits das Terrain: "Die Familien wollen, dass ihnen in den USA Asyl gewährt wird (...), denn wenn sie abgeschoben werden, ist ihre Zukunft in Kuba zum Gefängnis verdammt", heißt es. Natürlich würde das in jedem Land mit jedem passieren, der Eigentum stiehlt. Und in Kuba würde es jeden treffen, der ein öffentliches Produktionsmittel entwendet, das einem Land Devisen einbringt, das unter einer Wirtschaftsblockade steht. Oder wer einfach die Luftverkehrssicherheit gefährdet, indem er ohne Vorwarnung oder Genehmigung fliegt.

Doch die Nachrichtensendung von Antena 3 wollte die Geschichte aufbauschen und befragte einen spanischen Fluglehrer, der die gewünschte Schlagzeile lieferte: "Man muss schon sehr verzweifelt sein, um eine solche Odyssee in einer solchen Art von Fluggerät zu unternehmen".

Welche Schlussfolgerung wird ein uninformierter Betrachter ziehen, wenn ihm nicht jeden Tag gesagt wird, dass "Kuba den größten Migrations-Exodus seiner Geschichte erlebt" und ihm die brutalen Auswirkungen der US-Sanktionen auf die Wirtschaft der Insel verschwiegen werden? Dass in Kuba "das System", "der Sozialismus" oder - besser noch - "der Kommunismus gescheitert ist", dass er gleichbedeutend sei mit Mangel und Armut. Dies wurde ihnen durch eine anhaltende Dauerberieselung mit Desinformationen und Halbwahrheiten eingetrichtert, die die internationale öffentliche Meinung seit Jahren prägt.

Übrigens, über den Erfolg des Kapitalismus in Honduras und Haiti... werden wir ein anderes Mal reden.

CUBA LIBRE
Übersetzung: Klaus Lehmann/Tobias Kriele

CUBA LIBRE 3-2023