Die wahre Internationale des Terrors

Kuba runter von der Terrorliste!

Manchmal werfen Ereignisse und Gedenken Schlaglichter auf falsche Erzählungen, die den Mantel des Schweigens über Unvorstellbares auszubreiten versuchen. So im September 2023 in Hamburg die nationale Demonstration gegen Anklage und Inhaftierung von Julian Assange. Er hatte die dunklen Geheimnisse von Unternehmen und Regierungen auf der ganzen Welt ans Licht gebracht und wurde verleumdet, verfolgt, eingesperrt und gefoltert. Seine Verfolgung begann, als der Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks Verbrechen US-amerikanischer Soldaten im Irakkrieg aufdeckte. Dies zeigte: Wer Kriegsverbrechen begeht, kommt ungeschoren davon, wer die Taten aufdeckt, wird gnadenlos verfolgt.

Was ein weltweiter Krieg vertuscht

Nach dem 11.9.2001, als Islamisten Flugzeuge als fliegende Bomben für Terroranschläge in den USA nutzten und 3000 Menschen starben, begann der "Krieg gegen den Terror". Das war der Eintritt in einen weltweiten Krieg gegen jeden Staat, dem vorgeworfen wurde, Terrorismus zu unterstützen.

Der Patriot Act, ein US-amerikanisches Bundesgesetz, wurde durchgepeitscht. Schon im Oktober 2001 begann so der Einmarsch in Afghanistan, obwohl die Flugzeugentführer nicht von dort stammten, sondern aus Saudi-Arabien. Im Oktober 2002 folgte die Ermächtigung des US-Kongresses zur Invasion in den Irak einschließlich des Einsatzes von Atomwaffen. Es wurde fälschlicherweise behauptet, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen.

Oliver Stone schreibt, die USA brauchten ein katastrophales Ereignis wie ein neues Pearl Harbour, um die globale Führungsrolle der USA durchzusetzen. (1) 60 Länder sollen auf Bushs Liste potentieller Angriffsziele gelandet sein. Das Pentagon sah einen fünfjährigen Feldzug gegen sieben Länder vor: Irak, Syrien, Libanon, Libyen, Somalia, Sudan und Iran.

Es wurde die NSA (National Security Agency) gegründet, die pro Tag 1,7 Milliarden Kontaktdaten sammelt und ohne richterlichen Beschluss Abhöraktionen durchführt; ein riesiges Heimatschutzministerium entstand; Geheimgefängnisse in Thailand, Polen, Rumänien, Marokko wurden errichtet; im Vietnamkrieg erprobte raketenbestückte Drohnen, die außergerichtlich gezielte Tötungen bedeuten, vielfältig eingesetzt. In dem von den USA auf Kuba besetzten Guantanamo errichteten die USA ein Gefängnis. Im Mai 2003 waren 680 Männer inhaftiert, die Mehrheit von ihnen von Kopfgeldjägern gefangen, nur acht Prozent stellten sich später als Al-Quaida-Kämpfer heraus. Die Bilder von Folter und sadistischen Misshandlung gingen um die Welt.

Wie Kuba auf die Liste der Terrorismus fördernden Staaten geriet


USA Patriot Act

Foto: Bryan Jones / CC BY-NC-ND 2.0 Deed


Auf die Terrorliste war Kuba bereits 1982 geraten, weil es verfolgten Guerillakämpfern Unterkunft gewährte.

Nach Jahrzehnten strich die Obama-Regierung 2015 Kuba von der Terrorliste, aber es wurde von Trump am Ende seiner Amtszeit im Januar 2021, als nur noch drei Staaten – Iran, Syrien und Nordkorea – auf der Liste standen, wieder daraufgesetzt, ein Geschenk an die Exilkubaner in Miami. Begründung war, dass Kuba sein Territorium für Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der ELN zur Verfügung stellt und die Regierung in Venezuela unterstützt. US-Präsident Joe Biden hat entgegen aller Erwartungen Kuba nicht von der US-Liste angeblich den Terrorismus fördernder Staaten entfernt.

Wer übt Terror aus? Die Studie des renommierten Projekts "Costs of War" schätzt, dass mindestens 37 Millionen Menschen aus ihrer Heimat geflohen sind in den acht gewaltsamsten Kriegen, die von den Vereinigten Staaten geführt wurden oder an denen sie beteiligt waren seit Oktober 2001, dem ersten Krieg gegen Afghanistan, und des Einmarsches in den Irak im Jahr 2003. Diese Zahlen beziehen sich nur auf die acht gewalttätigsten Kriege, da die US-Streitkräfte seit 2001 in mindestens 24 Ländern in bewaffnete Konflikte verwickelt waren. In dem Bericht heißt es: "Die Menschen hinter den Zahlen sind schwer zu erkennen, und Zahlen können nicht vermitteln, wie es sich anfühlt, sein Zuhause, sein Hab und Gut, seine Gemeinschaft und vieles mehr zu verlieren." (2)

Es geht auch um 4 Millionen Tote, die sechs Präsidenten der USA zuzuschreiben sind – von Jugoslawien bis zum Irak, von Afghanistan bis Syrien, über den Jemen und Somalia, schreibt der Journalist Fabrizio Casari in seinem Artikel "USA, der Terror des Friedens". (3)

Wie Washingtons mörderisches Programm unsere Welt bis heute prägt und ein ungeheures internationales Netzwerk der Vernichtung und des systematischen Massenmords an Zivilisten entstand, beschreibt dagegen Vincent Bevins in "Die Jakarta Methode". (4)

Gewalttätiger Rechtsextremismus

Während in den letzten Jahrzehnten der islamistische Terrorismus als die größte Bedrohung für die globale Sicherheit dargestellt wurde, hat es in Wirklichkeit in den USA und Europa eine Welle der Gewalt gegeben, die rechtsextrem, rassistisch, fremdenfeindlich und faschistisch ist, sagte der US-Wirtschaftswissenschaftler und Analyst des Lateinamerikanischen Zentrums für Strategische Analyse, Mirko C. Trudeau im September 2023: Fast 70 Prozent der Anschläge und Bombenanschläge, die die USA in den ersten acht Monaten des Jahres erlebt haben, werden als "white supremacist", d. h. als rechtsextremistisch, eingestuft; es gab 39 Tote. Und das Ministerium für Heimatschutz warnte, dass dieser "white supremacist" Terrorismus auch in Zukunft "die hartnäckigste und tödlichste Bedrohung im Land" sein wird.

Auch in Europa sei die terroristische Bedrohung durch die gewalttätige extreme Rechte eine wachsende Realität. Nach Angaben des Instituts für Wirtschaft und Frieden haben Terroranschläge, die im Namen gewalttätiger rechtsextremer Ideologien verübt werden, zwischen 2016 und 2019 weltweit um 320 Prozent zugenommen und sind in den letzten fünf Jahren weiter gestiegen. Es handelt sich um ein transnationales Netzwerk von Aktivisten, die digital miteinander verbunden sind und die Technologie nutzen, um rassistisches Gedankengut zu verbreiten, wahllos Verbrechen zu begehen, um die Gesellschaft zu destabilisieren.

Der rechtsextreme Terrorismus ist heute die größte Bedrohung in den Vereinigten Staaten und auch in Westeuropa. (5)

Das internationale Netzwerk der Vernichtung

Schule der Attentäter

"Schule der Attentäter"



Für Kuba gilt diese Bedrohung bereits seit mehr als 60 Jahren. Auch der 50. Jahrestag des Putsches in Chile mahnt an den Terror, den diese imperiale Macht zur Aufrechterhaltung einer angestrebten Weltherrschaft ausübt. Während sich die einen mit Grauen an die Ermordung Allendes und des folgenden Völkermords in Lateinamerika erinnern, suchen die anderen nach einer Rechtfertigung und Verharmlosung.

Dazu hat die argentinische Schriftstellerin Stella Calloni viel zu sagen, die in ihrem Buch "Operación Cóndor – Lateinamerika im Griff der Todesschwadronen" die Erinnerung an die Opfer wachhält und die Strukturen enthüllt, die diese Verbrechen möglich machen. Sie möchte sich von dem heuchlerischen "demokratischen" Chor derjenigen distanzieren, die die grausamen Militärdiktaturen in Lateinamerika verurteilen, aber die US-"Demokratie", die sie ins Leben riefen, kritiklos befürworten. (6) Und im Nachwort: "Die Vereinigten Staaten waren zu gleicher Zeit Anstifter, Geldgeber und fachlicher Berater der Repressionen und legten das Fundament für die Opéracion Cóndor."





1992 gelang dem Anwalt und Folteropfer Martín Almada aus Paraguay die Entdeckung des "Achivs des Grauens". Seit 1954 hatte der deutschstämmige und 1989 gestürzte und nach Brasilien geflüchtete Diktator Paraguays, Alfredo Stroessner, alle Dokumente des Terrors aufbewahrt – fünf Tonnen. Stella Calloni, damals Korrespondentin einer Tageszeitung in Mexiko, war die Bedeutung dieser Entdeckung klar: jahrelange Rekonstruktion der "Jahre des Wolfes", Jahre der Angst. "Am 22. Dezember 1992", erinnert sich Almada, "endete für mich eine lange, dunkle Nacht und ich fing hemmungslos zu weinen an. In jenen Archiven waren die Aufnahmen meiner Schreie während der Folter aufbewahrt. Diese hatte man meiner Frau Celestina vorgespielt, die dieser psychologischen Folter nicht standhielt und vor Kummer starb."

Protest gegen die School of the Americas

Protest gegen die School of the Americas, das US-Ausbildungszentrum für Krieg, Folter und Unterdrückung.
Die School of the Americas heiίt seit 2001 Western Hemisphere Institute for Security Cooperation und wird von Menschenrechtsorganisationen wegen der Ausbildung vorwiegend rechts gerichteter Militärs und Paramilitärs auch in Foltertechniken und der massiven Unterstützung rechtsgerichteter Militärdiktaturen in Lateinamerika kritisiert. Viele der Absolventen waren und sind maßgeblich an so genannten schmutzigen Kriegen in ihren Heimatländern beteiligt.
Nicht ohne Grund heißt diese Ausbildungseinrichtung auch Schule der Attentäter.
Fotos: Ashleigh Nushawg / CC BY 2.0 Deed


1999 wurden von den USA 5.800 geheime Dokument freigegeben, mit vielen Schwärzungen, aber sie zeigten ebenso wie viele veröffentlichte Zeugenaussagen, dass die Geheimdienste in Südamerika zusammenarbeiteten, angeleitet von der CIA. Paraguay hatte die strategische Rolle einer CIA-Zentrale. Ein weiteres Versuchslabor der CIA war in den 1960er Jahren Guatemala, seit 1954 eine Diktatur unter Oberst Guzmán. Unter ihm und unter Oberst Zepeda, Gründer der Todesschwadronen, verschwanden erstmals massenhaft Personen in Lateinamerika, die Desaparecidos. Ausgehend von Guatemala und Paraguay bildeten sich Diktatoren-Netzwerke: 1964 in Brasilien (Ernesto Geisel), 1971 in Bolivien (Hugo Bánzer), 1973 in Chile (Augusto Pinochet), 1973 in Uruguay (Juan Maria Bordaberry), 1976 in Argentinien (Jorge Rafael Vidéla). Präsident Nixon schuf interamerikanische Anti-Guerilla-Streitkräfte, Sonderverbände in Peru und Bolivien, die von US-amerikanischen Beratern und CIA-Mitarbeitern geführt wurden und auch 1967 für den Tod von Che Guevara verantwortlich waren. Die meisten der schlimmsten Folterknechte in Lateinamerika wurden von Geheimdienstlern und Militärs der USA in der "School of the Americas" ausgebildet, errichtet 1946 in Panama, 1984 nach Fort Benning in die USA verlagert, vom US-Kongress 2000 offiziell geschlossen, aber bereits im Januar 2001 unter anderem Namen wieder eröffnet. Die CIA gründete eine Exekutivgruppe, die an "Destabilisierung" arbeitete: ermitteln, was eine Gesellschaft zusammenschweißt, und dieses Wissen nutzen, um sie zu zerstören.

Aus den Dokumenten geht hervor, dass es für die Gewalt genaue Anweisungen von Henry Kissinger gab, Sicherheitsberater von Richard Nixon und späterer Außenminister, der 1973 den Friedensnobelpreis erhielt. Der Direktor der CIA, Richard Helms, hielt es für notwendig, dass die Verantwortung der nordamerikanischen Regierung unsichtbar bleibt. Beim Putsch in Chile half die CIA dem chilenischen Militär, Listen all derjenigen zu erstellen, die umgebracht werden sollten. Einen Tag vor dem Staatsstreich der Junta wurden die Namen von 3000 hochrangigen und 20.000 mittleren Führern – von Gewerkschaftern, Studentengruppen, Mieterinitiativen, Bauernkomitees, Bürgerrechtsgruppen und linken politischen Parteien – an die Todesschwadronen ausgeteilt. Alle, die nicht aus dem Land flüchten konnten, wurden in der Folge gejagt und ermordet.

300 der CIA-Agenten, die an der Destabilisierung Allendes beteiligt waren, gingen 1974 nach Argentinien. Dort ermordeten Todesschwadrone, Triple A genannt (Alianza Anticomunista Argentina), innerhalb eines Jahres über 2000 Menschen. Gründer der Triple A war José López Rega, genannt El Brujo (der Hexer), Privatsekretär von Péron, später Sozialminister und dann Chef der Staatspolizei, mit Verbindungen zur faschistischen Internationalen in Madrid.

Der Beginn der Operación Cóndor

In Chile wurde im Juni 1974 eine zentrale Leitung der Geheimdienste unter General Manuel Contreras gegründet, die DINA. Das war der Beginn der Operación Cóndor, der Zusammenarbeit der Geheimdienste verschiedener Länder, um im Exil lebende Gegner der Diktatoren zu eliminieren. Contreras bezog erst Paraguay ein, dann lud er am 25. November 1975 die Geheimdienste Brasiliens, Argentiniens, Boliviens und Uruguays ein. Dazu tat man sich mit örtlichen repressiven Kräften zusammen wegen Telefonkontrolle, Zensur der Korrespondenz, Erstellen und Austausch von Listen, Informationen über Auslandsreisen und Hotelaufenthalten. Danach folgten Überfälle, Festnahmen, Folterungen und Morde. Die DINA hatte sechs geheime Haftzentren, ihre Büros befanden sich in Geschäften und Werkstätten. Die Hälfte des militärischen Personals arbeitete im Ausland, die Geheimdienstberichte zirkulierten über die Botschaften.

Wer Zuflucht in einem anderen Land suchte, wurde verhaftet, gefoltert – manchmal von den Geheimdiensten dreier Länder –, wurde ausgeliefert, um getötet zu werden. Manche wurden nackt mit Handschellen an den Händen aus großer Höhe ins Meer geworfen, wie man es von französischen Folterexperten aus dem Algerienkrieg gelernt hatte. In den Archiven fand man, dass 1975 hundertneunzehn chilenische Staatsbürger, vor allem Mitglieder des Movimiento de Izquierda Revolucionaria (MIR), entführt und in geheimen Zentren der DINA gefangen gehalten wurden – sie blieben verschwunden. Auf Nachfragen reagierten die Militärs mit dem Plan Colombo. Es wurde behauptet, dass die Verschwundenen noch lebten und sich in Argentinien auf einen Guerillakampf in Chile vorbereiteten. Oder es wurden bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte und verkohlte Leichen mit falschen Ausweisen präsentiert – als in Chile verschwundene MIR-Aktivisten, die sich gegenseitig umbringen würden. Gefangene wurden gezwungen zu unterschreiben, dass sie an angeblichen Operationen von Guerillas teilgenommen hätten – so sollte das Verschwinden den Auseinandersetzungen unter den Linken zugeschoben werden. Hunderte von Müttern wurden in den Gefängnissen getötet, ihre Babys weggenommen und rechten Militär- und Polizeikräften übergeben.

Der schmutzige Krieg auf den Straßen der Welt

Im Januar 1976 wurde der spätere US-Präsident George Bush sen. für ein Jahr Leiter der CIA. Im März übernahm eine Militär-Junta die Macht in Argentinien.

An der dritten Phase der Operación Cóndor waren Chile, Argentinien und Uruguay am stärksten beteiligt. Hohe Führungskräfte revolutionärer Organisationen wie der chilenischen MIR, der bolivianischen ELM oder der Tupamaros Uruguays, die aus Lateinamerika geflohen waren, wurden auf den anderen Kontinenten von Todesschwadronen bedroht. Vor allem der Mord an Orlando Letelier, dem früheren Minister unter Allende, der in Washington im Exil lebte, sorgte weltweit für Empörung. Er hatte im April 1976 durch seine Aussagen vor dem US-Kongress dafür gesorgt, dass Chile nicht mehr finanziell unterstützt wurde und Ermittlungen über die Rolle der CIA begannen. An dem Mord an Letelier waren laut einer Veröffentlichung im Jahre 1980, fünf Exilkubaner beteiligt; die CIA half ihnen unterzutauchen. So konnten sie sich neun Jahre später an der Ermordung des Erzbischofs von San Salvador, Oscar Romero, beteiligen.

Ungesühnter Terror der Exilkubaner

Im April 1976 hatte CIA-Chef Bush einen Agenten in Costa Rica damit beauftragt, eine Versammlung zu organisieren, um die Exilkubaner zu vereinen. So entstand die CORU (Koordination der Vereinigten Revolutionären Organisation) unter Leitung von Orlando Bosch. Die terroristischen Anschläge von Miami ausgehend nahmen enorm zu – nicht nur auf Kuba, sondern auch auf kubanische Vertretungen und Büros in anderen Ländern. Auch in den USA gab es mehr als hundert schwere Zwischenfälle. Exilkubaner und US-Amerikaner, die eine Annäherung an Kuba wollten, waren Ziel brutaler Angriffe. Es war die Zeit der Gründung von gefährlichen terroristischen Gruppen in Miami und Aufsehen erregenden Morden an hohen Politikern. Im Juli 1976 versuchte die CORU, den kubanischen Konsul in Mexiko zu entführen, die mexikanische Polizei verhinderte einen Sprengstoffanschlag auf die kubanische Botschaft. Als im September Orlando Letelier und seine Assistentin starben und sich herausstellte, dass neben den fünf Kubanern noch Chilenen und der Ex-CIA-Mitarbeiter Michael Townley beteiligt waren, beauftragte der US-Kongress FBI und CIA mit der Aufklärung des Mordes. Die CIA versuchte Spuren zu verwischen und alles auf die DINA zu schieben. Kissinger und Bush behinderten die Ermittlungen.

Im Oktober 1976 explodierte ein kubanisches Flugzeug über Barbados, unter den 73 Toten war die gesamte Fechtjugendmannschaft Kubas. Der Anschlag wurde von Carácas aus von der CORU verübt, organisiert von Orlando Bosch und Posada Carilles, einem ehemaligen CIA-Agenten, ausgebildet in der Escuela de las Americas. Verhaftet und ausgeliefert wurden die beiden Venezolaner, die die Bombe für 25.000 Dollars transportierten.

Orlando Bosch wurde 1978 zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt, aber das Oberste Militärgericht hielt ihn aufgrund angeblich fehlender Beweise für unschuldig. Das war ein großer Skandal, weil offenbar politischer Druck und unter der Hand zugeschobenes Geld maßgeblich waren.

Posada Carilles war nicht lange im Gefängnis, weil die 1981 entstandene exilkubanische Organisation CANF, eine geistige Schöpfung des CIA-Direktors William Casey, 26.000 Dollar an die Aufseher bezahlte und er fliehen konnte. Als Carilles im November 2000 versuchte, Fidel Castro in Panama in die Luft zu sprengen, wurde er festgenommen und zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Doch bereits 2004 wurde er von der Präsidentin Panamas begnadigt und lebte bis zu seinem Tod in den USA, ohne strafrechtlich verfolgt zu werden.

Unerschrockene Ankläger

1977 musste Pinochet die DINA auflösen und ein US-Gericht verurteilte Manuel Contreras als Mörder und verlangte die Auslieferung. Es war das Ersuchen von Richtern, wodurch Untersuchungen und Anklagen ins Rollen kamen. In 36 Verfahren, von 1991 bis 2012, wurde Manuel Contreras zu 289 Jahren Haft verurteilt. Er belastete vor dem obersten Gerichtshof in Chile Pinochet, Kissinger und den US-Präsidenten Bush als Auftraggeber. Für die Ermordung Oswaldo Letelier beschuldigte er den Exilkubaner Posada Carilles. 1995 stand der CIA-Agent Michael Townley wegen des Attentats im Jahre 1975 auf den chilenischen christdemokratischen Politiker Bernardo Leigthon und seiner Frau vor Gericht und belastete ebenfalls die Exilkubaner und den damaligen CIA-Chef Bush. Doch die wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Noch unter der Diktatur erlassene Amnestiegesetze sorgten dafür, dass bereits verurteilte Täter wieder freigelassen wurden. Erst nach der Verhaftung Pinochets in London 1998 aufgrund eines Haftbefehls eines spanischen Richters und seiner Rückkehr nach Chile nach 17 Monaten Untersuchungshaft begannen ab 2003 die Gerichtsverfahren.

Das Versagen der deutschen Regierung

Die an der Operación Cóndor beteiligten Länder waren Hochburgen für die Flucht von hochbelasteten Naziverbrechern. Es gab Netzwerke unter der Schirmherrschaft der einheimischen Großbourgoisie in enger Verflechtung mit Geheimdiensten und Geheimpolizei. Alfredo Stroessner in Paraguay gab geflohenen Nazi-Schergen wie Martin Bormann und Joseph Mengele Unterkunft. Der Diktator Stroessner erhielt 1973 bei einem Staatsbesuch in Bayern vom Ministerpräsidenten Alfons Goppel den bayrischen Verdienstorden. 1977 wurde die Studentin Elisabeth Käsemann in Argentinien wochenlang gefoltert und schließlich hingerichtet. Eine internationale Rettungskampagne hatte nach Meinung eines argentinischen Bundesrichters keinen Erfolg, weil die deutschen Behörden mangelnden Einsatz zeigten. Dafür beteiligte sich die Bundesrepublik Deutschland wie der Rest der Welt 1978 an der Fußballweltmeisterschaft in Argentinien. Und sie wurde zum größten Waffenlieferanten an Argentinien. Um die guten Geschäfte nicht zu gefährden, wurde das Schicksal der Verschwundenen heruntergespielt. Die von rund 300 Deutschen in Chile betriebene Siedlung Colonia Dignidad war eine Basis für den Militärputsch gegen Salvador Allende und nach dem Putsch Ausbildungs-, Haft- und Folterzentrum der DINA. Hier wurden linksgerichtete Regimegegner zu Tode gefoltert, u. a. der Generalsekretär der sozialistischen Jugend Chiles.

USA auf die Anklagebank – Kuba runter von der Terrorliste

Noch immer werden Verbrecher, ehemalige Folterer, Diebe und paramilitärische Kollaborateure von der USA-Regierung als "Freiheitskämpfer" bezeichnet und unterstützt. In Kuba gibt es ein den Opfern gewidmetes Museum, das Memorial de la Denuncia, in dem die Verbrechen der diversen US-Administrationen in Zusammenarbeit mit Exilkubanern angeklagt werden. Es wird anschaulich gezeigt, wie die Begriffe Demokratie, Menschenrechte und Informationsfreiheit im Medienkrieg gegen Kuba missbraucht werden.

In den USA gibt es aber auch eine breite Solidaritätsbewegung mit Kuba. Gerade erreicht uns die Aktion "Eine Million Unterschriften" im Rahmen der Kampagne "Let Cuba live" (Lasst Kuba leben). Die Aktion wird vom Institut für Völkerfreundschaft in Havanna unterstützt. Der Leiter des Instituts, Fernando González Llort, war selber mit vier anderen Kubanern, den "Los Cinco", in den USA zu extremen Haftstrafen verurteilt nach einem "Verschwörungsparagraphen", weil konkrete Beweise für Straftaten fehlten. Er kam erst nach langjährigen, weltweiten Protesten frei und trägt weiterhin zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus bei. (7)

Die gesammelten Unterschriften sollen von der internationalen Solibewegung an US-Präsident Biden am Tag der Menschenrechte, dem 10. Dezember, übergeben werden. Damit soll Druck ausgeübt werden, Kuba von der Liste der Terror fördernden Staaten zu nehmen. Unterschreibt alle! Viva Cuba!

Anmerkungen:

1) 2014 Propyläen, Oliver Stone, Peter Kuznick "Amerikas ungeschriebene Geschichte", Kapitel 12

2) Quelle: https://www.jornada.com.mx/2020/09/09/mundo/027n1mun, zu den Kriegskosten: watson.brown. edu/costsofwar/

3) https://rebelion.org/ee-uu-el-terrorde-la-paz/

4) 2023, PapyRossa Verlags GmbH & Co. KG, Köln, Vincent Bevins "Die Jakarta Methode"

5) Quelle: https://estrategia.la/2023/09/03/el-terrorismo-ultraderechista-sacude-a-eeuu-y-europa-occidental/

6) 2010 Zambon-Verlag, Stella Calloni "Operación Cóndor". Die Fakten zu der Operation Condor stammen aus diesem Buch und aus 2009 Verlag Wiljo Heinen, Klaus Eichner "Operation Condor – Eine Internationale des Terrors" mit einem umfangreichen Anhang von Originaldokumenten. Klaus Eichner war leitender Analytiker in der Gegenspionage der DDR.

7) Aus den zahlreichen Veröffentlichungen seien hier zwei erwähnt: 2007, Verlag Wiljo Heinen, Komitee zur Befreiung der Fünf Kubaner beim Netzwerk Cuba e. V. Basta Ya! "Die USA und der Terror – Der Fall der "Cuban Five". 2015 VAS Verlag, Stephen Kimber "Diesseits und Jenseits der Straße von Florida – Die wahre Geschichte der ‚Cuban Five‘. Ein Agententhriller, wie ihn das Leben schrieb."


CUBA LIBRE Brigitte Schiffler

CUBA LIBRE 4-2023