Uruguay: Immer auf das Leben gesetzt

Mit Yessie Macchi starb eine auch in Deutschland bekannte uruguayische Linke

"Und plötzlich sahen wir den Himmel", hieß ein bemerkenswerter Film aus dem Jahre 1996. eine Gruppe von Frauen interviewt soziale Aktivistinnen und ehemalige Gefangene aus Uruguay und Deutschland. Auf deutscher Seite waren unter Anderem die ehemalige RAF-Aktivistin Monika Berberich und aus Uruguay Graciela Jorge und Yessie Macchi die Interviewpartnerinnen.

Macchi hatte nicht nur an der Entstehung dieses Films einen großen Anteil. Sie war auch an der Realisierung eines Buchprojekts mit dem Titel "Aber wir haben immer auf das Leben gesetzt" beteiligt. In dem 1998 erschienen Buch sprachen ehemalige politische Aktivistinnen aus Uruguay über ihre politischen Träume und auch darüber, wie sie die massiven Repressionen überlebten, denen sie in den Knästen von Uruguay ausgesetzt waren.

Das war ein zentrales Thema von Yessie Macchi, die am 2. Februar 2009 in Montevideo an Krebs gestorben ist.
Ihr Tod wurde erst Anfang März durch den Hamburger Verlag Assoziation A bekannt, in dem auch das Buch veröffentlicht wurde.

Yessie Macchi Macchi hatte sich 1966 als junge Frau der Vorläuferorganisation der späteren Tupamaros angeschlossen. Inspiriert von der cubanischen Revolution und dem Kampf Che Guevaras bereiteten sich damals in ganz Lateinamerika junge Linke auf den Guerillakampf vor.
Zunächst bekamen die Tupamaros viel Zustimmung aus der Bevölkerung. Doch der Rückschlag begann lange vor dem offenen Militärputsch, der in Uruguay am 27. Juni 1973 stattfand. Zu diesem Zeitpunkt musste Macchi schon mehrere Wochen in winzigen Verliesen vegetieren. "Keine Woche verging ohne zwei bis vier Folterverhöre", erklärte sie später. Sie gehörte zu einer Gruppe von 9 Tupamaro-Frauen, die von dem Regime offen zu Staatsgeiseln erklärt worden waren. Jede Aktion der Tupamaros im Untergrund wurde mit Repressalien gegen die Gefangenen beantwortet.

Viel überlebten die Tortur nicht. Andere waren körperlich und seelisch gebrochen, als sie am 14. März 1985 das Gefängnis verlassen konnten. Auch Macchi kam an diesem Tag frei. Im ganzen Land wurden die Freigelassenen wie Helden empfangen.

Doch die Schwierigkeiten begannen nachher. Macchi sprach vom "Trauma der Freiheit", der schweren Wiedereingliederung in das Alltagsleben. "Freiheit heißt nicht, dass sie die Türen vom Knast aufmachen. Die Freiheit zu erlangen dauert viel länger".

Deshalb hat sie sich dafür eingesetzt, dass sich die nun als MLN legalisierten Tupamaros Mitte der 90er Jahre für die Freilassung der über 20 Jahre inhaftierten RAF-Gefangene Irmgard Möller einsetzten. Als das gelungen war, vermittelte ihr Macchi einen Aufenthalt in Uruguay.
Sie blieb der Partei, die mittlerweile eine starke Fraktion in der in Uruguay regierenden Linksregierung stellt, bis zum Schluss in kritischer Solidarität verbunden, sparte aber nicht mir Warnungen vor Anpassungstendenzen.

Kritik auch gegenüber Freunden und Genossen war für Macchi selbstverständlich. Als ihr in Cuba Ende der 90er Jahre ein Filmprojekt angetragen wurde, sollte das Thema nach dem Willen von Macchi die Motive der als Prostituierte arbeitenden kubanischen Frauen sein. Das Projekt kam wegen der Bedenken cubanischer Kulturbeamter dann doch nicht zustande.

Doch Yessi Macchi blieb zu ihrem Lebensende der cubanischen Revolution sehr verbunden. Ihr Tod macht in aller Welt viele Menschen traurig.

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Peter Nowak

CUBA LIBRE 2-2009