Kuba im Medienspiegel

CUBA LIBRE will in dieser Rubrik aufzeigen, was die Konzernmedien verschweigen, Falschmeldungen enthüllen und Manipulationen aufdecken.

Falschmeldungen – Unterschlagungen - Manipulationen

Der Fall:
Wie die Medien Söldner zu harmlosen Studenten machen

Rotation

Rotation. Foto: Wiljo Heinen


Das Organ der exilkubanischen Contras in Miami, »Nuevo Herald«, veröffentlichte am 14. Januar einen Artikel über »kubanische Stipendiaten« am Miami Dade College, der größten Universität Floridas. Das Blatt informierte darüber, dass die Gruppe vorwiegend aus den Sprösslingen prominenter, von US-Diensten ausgehaltener Systemgegner, wie der Chefin der »Damen in Weiß«, Berta Soler, und anderer bestehe. Reise, Aufenthalt und Studium würden von der »Stiftung für Menschenrechte in Kuba« (FHRC) finanziert, die nach Angaben des »Nuevo Herald« allein im Jahr 2011 von der US-Regierung 3,4 Millionen Dollar zur Unterstützung von Gegnern des kubanischen Systems erhalten hatte.



Einen Monat später griffen bundesdeutsche Konzernmedien die in Miami lancierte Meldung auf. »17 Kubaner fliehen aus den USA«, schrieb Damir Fras, der Washington-Korrespondent der »Frankfurter Rundschau«, am 11. Februar wahrheitswidrig in dem einst als linksliberal geltenden Blatt über die »Studenten«, deren Miami-Trip er ein »Experiment« nannte.

Am 24. Februar legte die mittlerweile im konservativen Fahrwasser dümpelnde Zeitung nach und veröffentlichte unter der Überschrift »Zu Gast beim Klassenfeind« einen drei Tage zuvor von Daniel García Marco, dem Korrespondenten der »dpa« in Miami, verfassten Artikel. Zwar hatte der junge dpa-Schreiber, der bereits ein Interview mit dem Contra und Hungerstreik-Rekordhalter Guillermo Fariñas machen durfte und den verstorbenen Terroristenhelfer Huber Matos in Twitter-Mitteilungen als »bürgerlichen Revolutionär « verharmloste, lediglich den Artikel des »Nuevo Herald« abgekupfert, doch damit offenbar genau den Bedarf und Qualitätsanspruch bundesdeutscher Konzernmedien getroffen. Bis Mitte März veröffentlichten dutzende Zeitungen und Zeitschriften, von der »Rheinischen Post« bis zu »Spiegel-Online« den gut in den Mainstream passenden Text, der mit Fakten wenig zu tun hat und ein Musterbeispiel für Manipulation durch Weglassen ist.

In Miami, heißt es da über die »Studenten«, »genießen sie die Freiheit« und sind «überrascht über die große Auswahl an Obst auf dem Markt«. Der Systemgegner Henri Constantin wird als Opfer »der Überwachung« dargestellt, seine Verbindung zu dem in Venezuela wegen Anstiftung zur Gewalt einsitzenden Ultrarechten Leopoldo López allerdings verschwiegen. Verheimlicht wird den Lesern auch ein per Twitter von Constantin am 20. Februar verbreiteter Aufruf an die kubanische Jugend, sich die Demonstrationen in Venezuela zum Vorbild zu nehmen. »Sie zeigen den Ausweg«, twitterte Constantin, nachdem er die Aufforderung seines Freundes Leopoldo López zu weiteren »Aktivitäten« in den Straßen Venezuelas verbreitet hatte.

Die Desinformation der Leser war damit aber nicht beendet. »Am Miami Dade College lernen sie Englisch und studieren verschiedene Fächer«, verharmloste der Plagiator weiter. Zwar gab er zu, dass hinter der FHRC die Kubanisch-Amerikanische Nationalstiftung (FNCA) steht, verschweigt jedoch deren Unterstützung terroristischer Gruppen und andere Aktivitäten, wie etwa das vor gut 20 Jahren begonnene »Projekt Martí«, das junge Kubaner in sechsmonatigen Kursen zu Aktivisten für einem »Systemwechsel « trainieren sollte.

Ebenfalls mit keinem Wort informierte der dpa-Korrespondent seine Leser darüber, dass der ehemalige CIA-Agent Luis Posada Carriles, der unter anderem für das Bombenattentat auf den Flug 455 der Cubana Aviación am 6. Oktober 1976 und den Tod von 73 Passagieren verantwortlich ist, Anfang des Jahres – fast zeitgleich mit der Ankunft der kubanischen »Stipendiaten« – mit einer Verdienstmedaille des Miami Dade College ausgezeichnet wurde. Seine Verbindungen zur FNCA, dem Hauptsponsor der kubanischen »Studenten«, deren sechsmonatige »Ausbildung« in Miami vor diesem Hintergrund plötzlich nicht mehr so harmlos erscheint, sind kein Geheimnis. Aber warum sollten »dpa«, »Spiegel-Online«, die »Frankfurter Rundschau« und all die anderen ihre Leser mit derartigen Details belasten?

CUBA LIBRE Volker Hermsdorf

CUBA LIBRE 2-2014