Es lebe die Solidarität und Brüderlichkeit unter den Völkern

Kuba und Venezuela brauchen uns

Am 5. April dieses Jahres hat das US-Finanzministerium 34 Schiffe und zwei venezolanische Unternehmen sanktioniert, weil sie Erdöl nach Kuba geschickt haben.

Diese Sanktionen betrafen 34 Schiffe, für die die Vereinigten Staaten alle Bankgeschäfte blockierten, und zwei Reedereien, Ballito Bay Shipping Incorporated mit Sitz in Griechenland und ProPer In Management Incorporated mit Sitz in Liberia wegen ihrer Verbindungen zum Schiff Despina Andrianna.

Die begangene "Straftat" bestand darin, Anfang dieses Jahres venezolanisches Erdöl nach Kuba transportiert zu haben.

Noch im April sanktionierte das US-Außenministerium vier Unternehmen mit Sitz in Liberia und Italien sowie neun Frachtschiffe unter den Flaggen von Italien, Malta, Griechenland und Panama.

Im Mai wurden auch eine Reederei mit Sitz auf den Marshall-Inseln und eine zweite mit Sitz in Liberia Opfer dieser Sanktionen wegen desselben "Vergehens", Erdöl von Venezuela nach Kuba gebracht zu haben.

Am 11. und 12. September erschien der Präsident des Staatsund Ministerrates, Miguel Díaz-Canel, anlässlich der Fernsehdiskussionsrunde Mesa Redonda vor dem kubanischen Volk, um über die Maßnahmen zu berichten, die das Land angesichts des Mangels an einigen Brennstoffen aufgrund der Verfolgung, der Drohungen und der Erpressung, deren Opfer die Unternehmen sind, die Öl nach Kuba transportieren, ergreifen sollte.

Der kubanische Wirtschaftsminister Alejandro Gil wies in seinem Beitrag in der Sendung Mesa Redonda auch darauf hin, dass auf eine Weise gearbeitet werde, "proaktiv nach den Ressourcen zu suchen, die die Hauptlinien der Wirtschaft garantieren" und betonte, dass "die Ressourcen gut verwaltet werden müssen, damit das Land nicht zum Stillstand kommt". Obwohl er bekräftigte, dass das Land nicht hundertprozentig funktionieren werde, versicherte er, dass es nicht zur Lähmung kommen werde. "Wir werden die Stahlproduktion reduzieren; für 20 oder 15 Tage müssen wir uns mit diesen Produktionsniveaus abfinden, die dann später wiederhergestellt werden müssen."

Nach Ansicht des Ministers wird sich der kubanische Staat als Folge dieser Maßnahmen dazu gezwungen sehen, einige Aktivitäten in den Bereichen Gesundheit und Bildung, bei Produktionslinien und anderen Basisdienstleistungen für die Bevölkerung zu reduzieren.

Beide Amtsträger versicherten, dass die Situation von heute nicht mit der in den 90er Jahren während der Sonderperiode erlebten Situation vergleichbar sei, und dass es sich um eine konjunkturelle Frage handele, denn für den Monat Oktober würde sich mit dem Eintreffen von Tankschiffen in kubanischen Häfen eine neue Lage ergeben. Sie erkannten an, dass der Belagerungsring um Kuba sich weiter schließen könne und der internationale Kontext derzeit sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes sehr komplex sei.

Wieder einmal ist es das kubanische Volk, das unter den Folgen einer wirtschaftlichen, finanziellen und kommerziellen Blockade durch eine Supermacht zu leiden hat, die bereits seit fast sechs Jahrzehnten andauert.

Es ist mehr als deutlich, dass die Vereinigten Staaten angesichts der Unmöglichkeit, die legitime Regierung Venezuelas durch einen Staatsstreich oder durch wirtschaftliche, finanzielle und kommerzielle Isolation zu besiegen, nun versuchen, die kubanische Wirtschaft weiterhin zu ersticken, indem sie die Belagerung intensivieren und jedes Unternehmen, jede Bank- und Finanzinstitution und die Staaten, die diese Politik in Frage stellen, verfolgen.

Es ist unvorstellbar, dass die Regierung der Vereinigten Staaten in Komplizenschaft mit anderen Regierungen weiterhin ungestraft handelt und das den Kubanern zustehende Recht auf Gesundheitsdienste, auf Bildung und Ernährung von Tag zu Tag mehr beschränkt, ohne dass die internationalen Organisationen, deren Aufgabe es ist, dafür zu sorgen, dass die Souveränität und die Integrität der Völker geachtet wird, etwas dagegen tun (könnten).

Die von den Vereinigten Staaten verhängte Blockade hat dem kubanischen Gesundheitssystem schweren Schaden in Höhe von mehr als 2,5 Milliarden Dollar zugefügt. Diese feindliche und unmenschliche Politik führt zu Schwierigkeiten beim Erwerb von Medikamenten, Reagenzien, medizinischen Geräten und Ersatzteilen und anderen notwendigen Lieferungen. Auf der anderen Seite gibt es die Auswirkungen der ständigen Abwerbung von spezialisierten Arbeitskräften aus diesem Sektor mittels des bekannten Parole-Programmes für kubanische medizinische Fachleute.

Wieder einmal versucht die US-Regierung, die Kubanische Revolution und die Bolivarische Revolution in Venezuela durch wirtschaftliche Erstickung, durch die Verursachung von Leiden in den Familien, durch die Erzeugung von Mangel und wechselhaften Lebensbedingungen zu zerstören.

Wie lange werden die Völker Kubas und Venezuelas eine solche Ungerechtigkeit seitens dieser Regierung noch ertragen müssen?

Wie ist es möglich, dass sich die Welt weiterhin dem Diktat einer so abwegigen und unmenschlichen Politik unterwirft?

Trotz der Blockade erzielt Kuba weiterhin bedeutende Erfolge in seinem von internationalen Institutionen und Organisationen anerkannten Gesundheitssystem. Ende 2018 verzeichnete das Land mit 4,0 pro 1.000 Lebendgeburten die niedrigste Kindersterblichkeit seiner Geschichte; in den USA lag sie bei 5,9. Offiziellen Statistiken zufolge hat ein Baby in Kuba eine bessere Überlebenschance, als wenn es in den Vereinigten Staaten geboren würde.

Das Gesundheitsministerium gab vor einigen Wochen bekannt, dass fast 80 Prozent der leukämiekranken Kinder in Kuba von dieser Art von Krebs geheilt wurden, dem weltweit häufigsten Krebs im Kindesalter.

Zwischen 1990 und 2011, in der sogenannten Sonderperiode, einer der schwierigsten Phasen, die das Land durchlebte, behandelte die Insel mehr als 26.000 Kinder aus der Ukraine, Russland und Weißrussland, die Opfer der Explosion im Kernkraftwerk Tschernobyl wurden. Fast 30 Jahre nachdem Fidel Castro das erste Kontingent von 139 Kindern am Fuße der Gangway des Flugzeugs in Empfang genommen hatte, wird eine erst kürzlich zwischen dem kubanischen Gesundheitsministerium und der ukrainischen Regierung unterzeichnete Vereinbarung es ermöglichen, das Programm zur Betreuung dieser Opfer wieder aufzunehmen.

In den letzten 55 Jahren hat Kuba 600.000 Missionen in 164 Ländern durchgeführt, an denen mehr als 400.000 Gesundheitsarbeiter teilgenommen haben. Zu den wichtigsten medizinischen Einsätzen gehören der Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Afrika, der Kampf gegen die Erblindung der "Barrio Adentro"-Missionen in Lateinamerika und der Karibik, der Kampf gegen die Cholera in Haiti und die Beteiligung von 26 Brigaden des Internationalen Henry-Reeve-Kontingents von Ärzten, die auf Katastrophen und schwere Epidemien spezialisiert sind, in Indonesien, Pakistan, Ecuador, Mexiko, Peru, Chile und Venezuela und anderen Ländern. Mehr als 36.000 medizinische Fachkräfte wurden in Kuba kostenlos geschult.

Wie ist es möglich, dass ein Land, das so solidarisch, das so internationalistisch ist, dazu verurteilt ist, weiterhin unter den Auswirkungen der unmenschlichen Politik der Regierung der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten zu leiden?

Aufgrund der Verschärfung der Blockade war die kubanische Regierung erneut gezwungen, eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen, um den Auswirkungen dieser Blockade entgegenzuwirken, die das kubanische Gesundheitssystem grundlegend betreffen.

Am 13. September feierten die Vereinten Nationen den 20. Jahrestag der Erklärung des Aktionsprogramms für eine Kultur des Friedens, während die Vereinigten Staaten vor ihrer eigenen Nase eine Kultur des Krieges entfachen. Im konkreten Fall Kubas und Venezuelas verletzen sie nach wie vor ständig die Grundsätze der Souveränität, der territorialen Integrität, der politischen Unabhängigkeit und der Nichteinmischung in Angelegenheiten, die in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen und dem Völkerrecht im Wesentlichen der internen Zuständigkeit des kubanischen und venezolanischen Staates und Volkes unterliegen.

Wenn es nun einmal festgelegt ist, dass die Vereinten Nationen aufgrund der durch ihre Charta übertragenen Befugnisse und ihres einzigartigen internationalen Charakters Maßnahmen gegen die Probleme der Menschheit ergreifen können, dann ist es angebracht, folgende Frage zu stellen: Was tun die Vereinten Nationen, um Frieden, Sicherheit und Völkerrecht im Falle Kubas und Venezuelas zu wahren?

Unter den Bedingungen einer wirtschaftlichen und finanziellen Blockade ist es für Nationen wie Kuba und Venezuela praktisch unmöglich, kurz- und langfristige Entwicklungspläne und -programme zu unterhalten: Was tun die Vereinten Nationen, um die Voraussetzungen für eine nachhaltige wirtschaftliche, ökologische und soziale Entwicklung in diesen Nationen zu schaffen?

Erst vor wenigen Wochen hatte die Hochkommissarin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Federica Mogherini, anlässlich ihres offiziellen Besuchs in Kuba versichert: "Die Blockade ist eine Maßnahme, die einem anderen Jahrhundert angehört. Jetzt stehen Dialog und Zusammenarbeit im Vordergrund, natürlich ist die Blockade ein Hindernis, das es zu überwinden gilt. Ihre exterritorialen Auswirkungen sind illegal."

Der EU-Botschafter in Havanna, Alberto Navarro, rief in einem Interview mit der AFP aus: "Wir befinden uns im besten Moment der Beziehungen zwischen Kuba und der Europäischen Union in den letzten 25 Jahren. Vorher es gab aufgrund des Gemeinsamen Standpunkts der EU von 1996 bis 2016 20 Jahre lang Stagnation, und seit 2016 haben wir viel Respekt erfahren."

Während beide Vertreter ihre deutliche Ablehnung der Politik der US-Regierung gegenüber Kuba zum Ausdruck bringen, ist die Realität, die die Insel in ihren Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zur Europäischen Union erlebt, völlig anders: Immer mehr Banken und Unternehmen unterwerfen sich dem Diktat des Finanzministeriums der USA (U.S. Treasury Department).

Laut der Schweizer NGO MediCuba weigerte sich die Schweizer Bank PostFinance, Zahlungsvorgänge nach Kuba zu tätigen, aus Angst, wegen Verletzung der Blockadebestimmungen bestraft zu werden. Aufgrund dieser Maßnahme wird MediCuba nicht mehr in der Lage sein, Geräte und Rohstoffe zur Herstellung von Medikamenten für die Insel zu liefern.

Es ist ein Skandal, dass die Europäische Union einerseits humanitäre Projekte im Zusammenhang mit Kuba finanziell unterstützt und andererseits einem Schweizer Finanzinstitut die Verweigerung von Transaktionen mit diesem Land gestattet, was einen klaren Verstoß gegen die geltende Gesetzgebung zur Gewährleistung eines fairen und gerechten Handels mit Drittländern darstellt.

Die französische Bank Societé Generale verstieß auch gegen die geltende Gesetzgebung in Europa, als sie sich verpflichtete, 717 Millionen Euro an die US-Bundesbehörden und 162,8 Millionen Euro an die New Yorker Staatsanwaltschaft zu zahlen, weil sie angeblich von 2004 bis 2010 "vorsätzlich und wissentlich gegen die Wirtschaftssanktionen der USA im Zusammenhang mit Kuba, insbesondere gegen das Gesetz über den Handel mit dem Feind (Enemy Trade Act) verstoßen hat".

Wenn die Europäische Union noch vor wenigen Jahren ihre handelspolitischen Schutzinstrumente für Finanzinstitute und Unternehmen vervollkommnet hat, um einen fairen und gerechten Handel zu gewährleisten, indem sie diese vor Schäden schützt, die ihnen durch ausländische Staaten oder Körperschaften entstehen können, wie ist es dann möglich, dass diese Art von Verletzung zugelassen wird?

Wenn die EU für die Handelspolitik ihrer Mitgliedsländer verantwortlich und für die Aushandlung von Abkommen für sie zuständig ist, wie ist es dann möglich, dass sie regelmäßige Verstöße gegen die Verordnung Nr. 2271/96 zulässt? Dort heißt es: "Unternehmen und natürliche Personen sind nicht verpflichtet, sich den Bestimmungen der US-Blockade zu unterwerfen, wenn sie dies tun, dann ist es die Verpflichtung ihrer Mitgliedsländer zu handeln. Es liegt an jedem Mitgliedstaat, die Sanktionen festzulegen, die bei einem Verstoß gegen eine relevante Bestimmung der Blockade zu verhängen sind."

In einer Zeit, in der die höchsten Behörden Kubas das Volk dazu ermuntert haben, als Land zu denken, dürfen wir, in anderen Teilen der Welt, nicht einen der anerkanntesten Werte der nationalen Eigenart Kubas vergessen: die Solidarität!

Wir dürfen nie vergessen, dass Kuba unsere Unterstützung braucht. Diejenigen von uns, die ein Gefühl für Kuba haben und von einer besseren Welt träumen, müssen unser Vertrauen in das kubanische Gesellschaftsprojekt bewahren. Sich nicht spalten zu lassen, sollte dazu die Grundvoraussetzung sein; die Aufrechterhaltung der Einheit wird von Tag zu Tag notwendiger, insbesondere in diesen Momenten, in denen die Linke eine der tiefsten Identitätskrisen der letzten Jahre zu erleben scheint.

"Spalte und du wirst siegen" ist die Strategie, mit der Politiker und Herrschende, Opportunisten und Demagogen versuchen, uns gegeneinander auszuspielen, uns in Konfrontation zu versetzen oder eine Gesellschaft ganz allgemein zur Ablehnung einer bestimmten Gruppe aufzustacheln, Deutschland ist dafür hier in Europa eines der greifbarsten Beispiele.

Nicht die Linke ist in der Krise, sondern vielmehr sind es die menschlichen Werte, ebenso wie es einen Mangel an Empfindungen der Gleichheit, der Brüderlichkeit und der Solidarität unter den Völkern und einen fehlenden Wille gibt, zwischen Menschen und souveränen Nationen friedlich zusammenzuleben.

Dabei muss der Internationalismus das grundlegende Bollwerk der Solidaritätsarbeit sein. Und um dies zu erreichen, ist es notwendig, die Einheit in der Solidaritätsbewegung mit Kuba und Venezuela zu festigen, um den Versuchen, uns zu spalten, die wir mit verschiedenen Adjektiven beschreiben können, außer dass sie harmlos oder zufällig seien, begegnen zu können.

Die Straffreiheit der feindlichen US-Politik gegen Kuba und Venezuela ist ein Abbild der Welt, in der wir heute leben, sie ist das Ergebnis des schlimmen Zustands der Demokratie, der Macht der Medien, ihrer Propaganda und manipulativen Mechanismen und vor allem der Gleichgültigkeit der sozialen Bewegungen und der Linken in Europa, sich den realen sozialen Problemen zu stellen.

Einheit muss das erste Wort der Tagesordnung sein, Solidarität und Internationalismus unsere Grundprämisse.

Jetzt mehr denn je zuvor.

CUBA LIBRE Justo Cruz
Übersetzung Klaus E. Lehmann

CUBA LIBRE 1-2020