Vom Virus gebeutelt

Die Auswirkungen der Pandemie auf "Granma Internacional".

Wie bei allen kubanischen Betrieben sollen natürlich bei der Zeitung Granma durch Covid-19 besonders gefährdete Mitarbeiter zuhause bleiben. Einige haben strenges Verbot zu kommen, fast alle wechseln sich an ihrem Arbeitsplatz ab. Da es im Moment keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt, müssen sie, wenn sie denn keinen Motorroller besitzen oder zu Fuß gehen können, von zuhause abgeholt werden.

Dabei muss man sagen, dass allein die deutsche Ausgabe von Granma internacional, die in Deutschland gedruckt wird, sich nicht die Sinnfrage stellen muss. Da keine Post ins Ausland geht, werden die Wochenausgaben in spanischer, englischer, französischer und portugiesischer Sprache praktisch auf Halde produziert. Wenn dann irgendwann – vielleicht nach drei Monaten – die Maßnahme aufgehoben wird, erhalten die Abonnenten alle 12 Ausgaben auf einen Schlag. Die Lieferung für die Hotels hat sich mangels Touristen auch erübrigt, so dass auch die kleine achtseitige deutsche Ausgabe, die in Kuba gedruckt wird, keinen Absatz finden wird.

Die Kollegen arbeiten aber alle von zuhause aus für die Internetausgabe. Von der deutschen Abteilung bin ich zurzeit die einzige, die regelmäßig im Büro ist. Die beiden anderen wohnen so weit weg, dass der Abholdienst zu teuer würde und Ulli wird als Risikoperson gewertet. Er kommt nur an den entscheidenden Tagen mit. Ohne Büropräsenz lassen sich natürlich die 16 Seiten nicht gestalten: Denn selbst wenn wir die gleiche Seite übernehmen würden wie die anderen Ausgaben, ist unser Format ein anderes und man muss immer noch etwas Passendes finden, um den Raum auszufüllen. Da wir bei der Auswahl der Artikel und der Gestaltung der Seiten ziemlich freie Hand haben, muss die Layout-Abteilung mit unserem Material und unseren Vorschlägen eine völlig neue Seite machen. Ute Michael, die das Layout mit unserem System gut beherrscht und immer kreative Ideen hat, fällt nun aus, denn das schwache Internet, das sie zu Hause hat, transportiert das System Adobe InDesign CS6 nicht. Wenn ich dann zusammen mit der Layout-Abteilung alle Seiten fertig habe, kann ich sie als pdf verschicken und die Kollegen können noch mal ihre letzten Verbesserungsvorschläge machen.

Alles läuft ansonsten auf Sparflamme. Die Journalisten können nirgendwo hingehen, da ja nichts passiert. Die täglichen Treffen, bei denen der Leiter der Epidemiologischen Abteilung des Gesundheitsministeriums über den aktuellen Stand der Covid-19-Erkrankungen informiert, werden genauso vom Fernsehen direkt übertragen wie auch die Videokonferenzen des Präsidenten mit Ministern und den Gouverneuren der Provinzen. So können die Journalisten ihre Artikel auch vom Fernsehen aus schreiben. Die beliebten Reuniones (Treffen mit der Belegschaft) fallen natürlich ebenso aus wie kulturelle Events wie z. B. der kollektive Geburtstag.

Jeder läuft mit seinem Nasobuco herum, was irgendwie die Kommunikation etwas bremst. Der Betrieb hat jedem Beschäftigten sogenannte Kits angeboten, die Lebensmittel oder Hygieneartikel enthalten. Das rettet etwas vom langen Schlange stehen, die besonders lang sind, wenn es Waschmittel zu kaufen gibt. So erfreute sich dann auch Kit Nr. 13 mit zwei Einheiten Waschmittel à 500 g besonderer Beliebtheit. Für diejenigen, die nicht aus dem Haus kommen, werden die Waren angeliefert.

Schutz der Beschäftigten Bis jetzt ist nicht bekannt, dass sich jemand in der Granma-Belegschaft infiziert hätte. Beim Poligrafico, der Zeitungsdruckerei in Santa Clara, wurden allerdings 13 Mitarbeiter positiv getestet. Da bestand nur die Option, den Betrieb zu schließen und die Leute ohne Zeitung zu lassen oder in Quarantäne zu arbeiten. Die Arbeiter sprachen sich für die zweite Option aus. Also wurden Betten bereitgestellt, die Versorgung garantiert und die Schichten anders organisiert. Ein Arzt ist dauerhaft im Betrieb, um den Gesundheitszustand aller zu überwachen.

Wie es aussieht, wird auch die nächste Ausgabe von Granma Internacional noch unter erschwerten Bedingungen erscheinen. Aber hoffen wir, dass die Entwicklung der Covid-19-Erkrankungen im Land weiterhin positiv verläuft.

CUBA LIBRE Renate Fausten

CUBA LIBRE 3-2020