Wir trauern um unseren langjährigen Compañero Heinz Langer. Jahrelang bereicherte Heinz die Solidaritätsarbeit der Freundschaftsgesellschaft –aber nicht nur die – durch seine klugen Diskussionsbeiträge, die auf einem großen Wissen und großer Erfahrung beruhten, was er aber stets bescheiden in den Hintergrund stellte. Dass nicht nur Heinz mit der Kubanischen Revolution auf engste verbunden war, sondern Kuba auch mit Heinz, konnte man bei gemeinsamen Aufenthalten mit ihm auf Kuba erleben.

Doch Heinz diskutierte nicht nur, er arbeitete auch ganz praktisch mit – vor seiner Erkrankung verpasste er keine Regionalgruppensitzung der FG und sicherte oft den Transport von Mensch und Material zu Infoständen und Konferenzen ab. Sein Humor, seine Menschlichkeit und seine Nachsicht mit uns werden uns fehlen.

Eines seiner größten Vermächtnisse sind seine im Verlag Wiljo Heinen erschienenen Bücher über Kuba. Wir veröffentlichen im folgenden einen Nachruf seines Verlegers Wiljo Heinen:


Heinz Langer – ein deutscher Vertreter des "Socialismo Tropical"

"Heinz Langer ist gestorben. Ihr kennt ihn ja sicher fast alle. Er war DDR-Botschafter in Kuba und sehr aktiv in der Soli-Bewegung." So – in etwa – fasste der Leitredner auf einer Veranstaltung des Netzwerk Cuba seine Würdigung zusammen. "Und nun weiter mit ***, die uns ins Thema einführt." Gestorben – vergessen? So ist das wohl, aber es ließ mich dennoch grüblerisch zurück.

Es ist nicht so, dass Heinz jetzt noch etwas davon hätte, würden wir uns an das erinnern, was er uns gab. Es ist andersherum: Wir schaden uns, wenn wir es vergessen. Wenn jeder Mensch beliebig scheint, austauschbar, sobald es "um die Sache" geht.

Heinz Langer war Dreher, Botschafter (zweimal) der DDR in Havanna, vertrauter Gesprächspartner Fidels. Nach der Konterrevolution in der DDR "abgewickelt", wurde er Kurierfahrer, Reiseleiter für außerordentliche Kuba-Reisen, war unermüdlicher Kämpfer für Kuba und "die Sache". Das ist uns bekannt – Papier ist heute teuer, und so spare ich aus, was alle wissen.

Wer ihn persönlich kennenlernen durfte, wird bestätigen, dass er "nach Kuba passte". Heinz passte mit seiner Herzlichkeit, seiner Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, mit seinem Humor. Er passte mit seinem Denken mit reduzierten Scheuklappen, mit seinem Verständnis für das Menschliche, mit seinem "auch mal fünf gerade sein lassen". Er passte, das sei mir gestattet, aber auch mit seinem Machismo, der manchmal nervte, doch nie so weit ging, dass man meinte, "#METOO" rufen zu müssen. Zumindest ist mir das nicht bekannt.

Er war sicher ein Kind seiner Zeit – ein Erbauer des Sozialismus. Er war auch Adoptivkind Kubas. Zu Beginn meiner ersten Kuba-Reise mit ihm meinte er zur Reisegruppe:"Jetzt denkt nur nicht, es sei hier wie in der DDR." Es war ihm wichtig. Er sah die tausend kleinen Fehlerchen der DDR genauso wie die Fehlerchen in Kuba. Sozialismus aber – das war nicht nur zwischen uns klar, dass es ohne diesen mit der Menschheit nichts mehr werden würde.

2007, als wir sein Buch über die Kubanische Revolution fertigstellten, ermahnte er mich, den "subjektiven Faktor" in der Revolution nicht zu unterschätzen. Er dachte dabei nicht nur an Castro und Honecker, die er beide persönlich kannte. Damals widersprach ich ihm, wenn auch zögerlich. Er warnte mich vor Leichtgläubigkeit, und dass Sozialismus mit Scheuklappen eben sei wie ... Scheuklappen mit Sozialismus. Er vermisste die DDR, den Aufbruch zum Sozialismus, aber er wusste auch, dass die Lücken, in die die Konterrevolution schlagen konnte, hausgemacht wären. Seine Hoffnung lag in Kuba – auch des "subjektiven Faktors" wegen.

Sich an Heinz Langer zu erinnern, heißt für mich auch, sich bei allem Kampf um "die Sache" an die Menschlichkeit zu erinnern – denn wofür sollte der Kampf sonst sein?

"Heinz Langer hat viel für die Soli-Bewegung getan" greift zu kurz.

"Prost, Heinz! Wohin fahren wir morgen?" trifft es besser. Heinz bleibt für mich in Erinnerung als ein deutscher Vertreter des »Socialismo Tropical«.

Wiljo Heinen


Liebe Familie und Freunde von Heinz Langer,

Mit tiefen Bedauern haben wir von Heinz Langers Tod am 22. Dezember erfahren. Zweifellos ist es ein unwiederbringlicher Verlust eines Genossen, der Freund von Fidel, Kuba und der Revolution war.

Wir haben ihn persönlich im April 2011 kennengelernt und haben herausgefunden, dass wir in vielen Themen übereinstimmten.

Deshalb habe ich ihm gesagt, dass ich gerne die Geschichte seines Lebens erfahren würde und es in einem kleinen Buch widerspiegeln würde.

Er hat zugestimmt und nach intensiven Arbeitsstunden in monatlichen Treffen und mit der Zusammenarbeit des Wiljo-Heines-Verlags und der Übersetzung meiner Ehefrau Yenki ist es uns gelungen, am 18. Dezember 2014 das Buch mit dem Titel "Ein Gespräch unter Freunden" herauszubringen.

Darauf habe ich versucht, mit 56 Fragen seinen Lebensweg bis zu jenem Moment zu veranschaulichen.

Und da hat er auch Anekdoten über seine Erfahrungen in Kuba erzählt. Heute verabschieden wir ihn bis in die Ewigkeit, in der Überzeugung, dass sein Leben und sein Opfer nicht umsonst waren, und in der Gewissheit, dass sein Vermächtnis künftigen Generationen dienen wird.

Ruhe in Frieden lieber Freund.
Hector


Héctor Corcho Morales, ehemaliger Kulturattaché der Botschaft der Republik Kuba in Deutschland zum Tode von Heinz Langer


Auszüge aus

Heinz Langer: "Zärtlichkeit der Völker"

Heinz Langer

Foto: Gabriele Senft




1. aus dem Kapitel "Solidarisch in der Befreiung Afrikas" [1975/76]

...

Im Oktober 1975 drohten die Streitkräfte Südafrikas und die kongolesischen Invasoren unter Mobutu die Hauptstadt Angolas, Luanda, zu erobern. Kuba hatte einige Berater bei der MPLA7, der angolanischen Befreiungsbewegung, deren Führer, Agostinho Neto, sich in jenen historischen Momenten an die kubanische Führung um Hilfe wandte. … Die Führung Kubas reagierte ohne Zögern auf den Hilferuf und eröffnete eine Versorgungslinie nach Angola. Sie schickte tausende Freiwillige und Kampfeinheiten der Streitkräfte, gut ausgebildet und mit Panzern und Artillerie ausgerüstet, die das Vorrücken der Truppen Südafrikas und Zaires auf Luanda aufhalten konnten und die Freiheit des angolanischen Volkes verteidigen halfen.

...

Es war selbstverständlich, dass die kubanische Wirtschaft nicht in der Lage war, einen solch massenhaften Militäreinsatz materiell abzusichern. So ergab sich die zwingende Notwendigkeit einer Konsultation und eines Zusammenwirkens mit den Führungen der befreundeten Länder. Zweifellos hatte die UdSSR die notwendige schwere Kriegstechnik, wie Flugzeuge, Panzer und Artillerie zur Verfügung gestellt, aber zur Versorgung und materiellen Sicherstellung einer solch zahlreichen Armee unter den afrikanischen Bedingungen waren noch andere Mittel nötig. Fidel Castro als Staatsoberhaupt bestellte zum Zwecke der Koordinierung und auch der Information über die Lage im Kampfgebiet Angola nicht etwa die Botschafter der entsprechenden Länder zu sich, sondern besuchte, zumindest was die DDR anbetraf, mich häufig in meiner Residenz. So ergab sich bereits zu Beginn meiner Tätigkeit als Botschafter, dass sich ein vertrauensvolles Verhältnis zu dieser bemerkenswerten Persönlichkeit entwickelte.

Er meldete sich meistens von seinem Autotelefon kurzfristig an. Er kam fast immer gemeinsam mit einigen Ministern, in Abhängigkeit von den Orten, die jeweils besucht worden sind oder den Problemen, die behandelt wurden. Da er fast ausschließlich außerhalb der Zeit, die wir Arbeitszeit nennen, kam und wir daher nie gebührend vorbereitet waren, musste meine Frau die Begleitung während unserer Vier-Augen-Gespräche betreuen. Castro breitete in dem Zimmer, wohin wir uns zurückgezogen hatten, die Karte Angolas aus und erläuterte mir den Kampfverlauf. Er war im Detail vom aktuellen Stand unterrichtet und gab auch die Richtung für künftige Schläge an. Es beeindruckte mich, wie flexibel und effektiv er persönlich die operative Führung der kubanischen Truppen in Angola über die großen Entfernungen hinweg organisierte. Natürlich setzte er voraus, dass ich seinen Partner in der DDR informiere und auch die entsprechenden Bitten übermittle. Castro zeigte eine Begeisterung für die taktische Truppenführung und umfassende militärische Führungsfähigkeiten. Zugleich war er stets umsichtig bemüht, unnötige Opfer der angolanisch-kubanischen Kräfte zu vermeiden.

Während dieser Zeit entwickelte sich das freundschaftliche, vertrauensvolle Verhältnis zwischen unseren Staaten beträchtlich und auch ich konnte für meine Tätigkeit profitieren. Wenn ich allerdings über den protokollarischen Weg einen Besuch bei ihm vereinbare wollte, um ihm zum Beispiel am 13. August das obligatorische Geburtstagsgeschenk unseres Staatratsvorsitzenden und die Grüße zu übermitteln, hatte ich kein Glück, ihn zu erreichen oder gar einen Termin zu bekommen. Da ich einige Male keinen Erfolg hatte bevorzugte ich daher in solchen Fällen das offizielle Protokoll zu umgehen und wählte andere Wege. Wir hatten recht gute Kontakte zur Vertrauten Fidel Castros, der Privatsekretärin und ehemaligen Mitkämpferin Celia Sánchez, die es immer schaffte, eine Gelegenheit zur Übergabe der Glückwünsche zu organisieren. Meistens kam dann Fidel zu mir in die Residenz. Ich vermutete, dass er solchen Dingen einen mehr privaten Charakter geben wollte.

2. aus dem Kapitel "In der Sierra Maestra mit Fidel Castro" [1978]

...

Abends, gegen Ende des festlichen Konzerts fragte mich Fidel Castro, der neben mir saß, plötzlich, ob ich nach dem Konzert noch Zeit hätte und ihn in die Berge begleiten könne. Er müsse dort in einem Tal, "Valle de Caugeri" im östlichen Bergmassiv, eine Entscheidung treffen. Das Tal habe sehr fruchtbaren Boden für die Landwirtschaft und die Bauern arbeiteten fleißig. Es sei aber zu wenig Wasser dort vorhanden, so dass unbedingt ein Fluss gestaut werden müsse und dieses Projekt wolle er dort mit den Bauern und den entsprechenden Spezialisten beraten. Wir hatten uns schon gewundert, dass eine Kolonne mit zahlreichen Jeeps und vielen Kubanern vorgefahren war. Ich sah die Minister für Bauwesen, Landwirtschaft und für die Staatsreserven, die Ersten Sekretäre der Parteiorganisationen der fünf Ostprovinzen und mehrere Armeeangehörige. Ich war zwar nicht für eine längere Abwesenheit von Havanna vorbereitet, willigte aber für dieses interessante Abenteuer mit Freude ein. Ich schickte meinen Fahrer mit dem Wagen nach Havanna zurück, mit entsprechenden Instruktionen für meine Frau und für die Botschaft und reihte mich in einem Jeep in die Kolonne ein.

Es war inzwischen dunkel geworden und wir fuhren etwa zwei Stunden in die Berge, bis plötzlich ein Kontrollpunkt der Armee aus dem Dunkel auftauchte, den wir passierten und nach einer Weile erreichten wir ein Feldlager der Armee, bestehend aus einigen Zelten, Feldküche, Tischen und Stühlen, mobiler Wasser- und Stromversorgung. Dort, es war gegen 2 Uhr in der Nacht, wurden wir von Soldaten mit einer köstlichen Suppe bewirtet. Während des Abendessens plauderte Fidel Castro über die Besonderheiten des Gebirges und es zeigte sich, dass er sich sehr gut in seinem ehemaligem Kampfgebiet auskannte. Nach einiger Zeit entspannter Unterhaltung teilte er mit, dass ihn im Tal die Bauern zu einer Versammlung eingeladen haben, um ihre Probleme zu diskutieren. Auch hierzu lud er mich ein. Es war mittlerweile weit nach 3 Uhr morgens als wir in das Tal fuhren, wo uns eine Versammlung mit zahlreichen Bauern der Umgebung trotz der späten oder frühen Stunde recht munter begrüßte. Fidel setzte sich neben den Vorsitzenden des Dorfvorstandes, der die Versammlung leitete und bat mich, neben ihm Platz zu nehmen. Ich hatte den Eindruck, dass er sich einfach als einer unter den vielen Versammelten fühlte und sich auch so äußerte, als sei er ein Teil dieser großen Familie. Er "erschien" nicht und hatte auch keinen Stab von Mitarbeitern bei sich. Er stellte die mitgereisten Funktionäre und auch mich vor und sprach sogleich über die Landwirtschaft in der DDR (hier brachte er mich zur Belustigung der Versammelten wiederholt ins Spiel, indem er mir Fragen über Magermilch, Margarine usw. stellte, was es in Kuba noch nicht gab, das er aber offenbar während seines DDR-Besuches gesehen hatte). Er sprach über die harte Arbeit der Bauern, über die Notwendigkeit einer intensiv produzierenden Landwirtschaft, um höhere Erträge zu erwirtschaften und natürlich auch über die Notwendigkeit einer ordentlichen Bewässerung, ohne die auch die fleißigste Arbeit ohne Nutzen wäre. Es entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über das vorgesehene Objekt, über die günstigste Platzierung der Staumauer usw. So verging die äußerst lebhafte Versammlung bis zum Morgengrauen wie im Fluge. Dann fuhren wir wieder in unser Lager. Alle Begleiter, physisch erschöpft, waren voller Hoffnung, nun endlich etwas schlafen zu können und nahmen an, dass der Chef sich ebenfalls zur Ruhe begeben würde – aber weit gefehlt. Er hatte die Ingenieure und Techniker zu sich in sein Zelt eingeladen und diskutierte mit ihnen das Projekt der Stauanlage.

Gegen 10 Uhr war bereits wieder Aufbruch. Da ich offensichtlich ziemlich unangepasst aussah, ich hatte natürlich weder Toilettenartikel noch entsprechende Garderobe bei mir, lieh mir Castros Adjutant sein Rasierzeug und hielt mir auch noch den Wasserschlauch. Fidel versicherte mir, da er, wie er sagte, mich in die Berge verschleppt habe, mich wieder heil in Havanna abzuliefern. Obwohl wir alle sehr wenig Schlaf hatten und uns auf einen ruhigen Flug freuten, musste ich doch staunen, als er noch vor Abheben der Maschine begann, unruhig in einem großen Zuckersack zu wühlen, den er mitgebracht hatte. Er entnahm ihm einige dicke Bücher, wie "Die Geschichte der Piraterie in der Karibik", "Die Kolonialpolitik der westeuropäischen Mächte in Lateinamerika" und andere, mit meistens historischen Titeln, setzte sich im Flugzeug in eine Ecke und begann mit enormer Schnelligkeit fast während der gesamten Flugzeit bis zur Landung auf dem Regierungsflugplatz bei Havanna zu lesen. Nur einige Mal hat er mit mir einige Worte gewechselt. Ich habe nie einen Menschen so schnell lesen sehen und bin davon überzeugt, dass er auch wusste, was er gelesen hat.

...

Natürlich war ich auch von seiner physischen Leistungsfähigkeit beeindruckt.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlages

Heinz Langer. Zärtlichkeit der Völker. Die DDR und Kuba, 174 S., 9,50 €


Abschied genommen


Heinz Langer - Abschied genommen Am 30. März würdigten 40 Besucherinnen und Besucher aus der Kuba-Solidarität in der Maigalerie der jungen Welt das Vermächtnis des am 22. Dezember 2022 verstorben Diplomaten Heinz Langer. Die berufliche Karriere des ehemaligen Botschafters der DDR in Kuba, Guyana und Jamaika begann als Arbeiter im VEB Braunkohlekombinat Lauchhammer-Ost.

Dietmar Koschmieder (Geschäftsführer des Verlages 8. Mai), Marion Leonhardt von der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, und Dietmar Arndt vom Freundeskreis Heinz Langer erinnerten an ihn, dessen Herz bis zum Schluss Kuba und der Kubanischen Revolution gehörte. Musikalisch wurde die Veranstaltung von Lautaro Valdés begleitet.

CUBA LIBRE

CUBA LIBRE 2-2023