Falschmeldungen Unterschlagungen Manipulationen

Von Volker Hermsdorf

Mit der Verurteilung der US-Blockade in der UN-Generalversammlung hat die kleine sozialistische Inselrepublik Kuba die größte Militärmacht der Welt Ende Oktober zum 33. Mal in Folge politisch und moralisch besiegt. Der Erfolg wird die Bevölkerung dennoch nicht vor weiteren USSanktionen schützen. „Die USA wissen, dass sie die Charta der Vereinten Nationen und das Völkerrecht verletzen, und dass ihre Politik ein Verbrechen an den kubanischen Familien ist“, erklärte Kubas Außenminister Bruno Rodríguez. Zugleich verwies er darauf, dass „der Imperialismus die Welt mit dieser Blockade davor warnt, dass jede Nation, die versucht, ihre Souveränität zu verteidigen, einen Preis dafür zahlen muss“.
Die mörderischen Folgen der US-Politik, durch die Kuba Tag für Tag mehr als 20 Millionen US-Dollar verliert, die für Lebensmittel, Medikamente, Treibstoff, die Stromerzeugung, den Transport und andere grundlegende Dienstleistungen fehlen, können auch Gegner des Landes nicht leugnen. Wie üblich versuchen sie aber, Ursache und Wirkung zu verkehren. „Kubas prekäre Situation mag auch durch das US-Handelsembargo zu erklären sein, ist aber gewiss nicht exklusiv durch diesen äußeren Faktor bedingt“, so die CDU-nahe Konrad-Adenauer- Stiftung (KAS) in einem Beitrag mit dem Titel „Vom Mythos zum Drama“. Die Probleme des Landes „resultierten“ stattdessen „aus interner Misswirtschaft und den starren Strukturen eines disfunktionalen Regimes“. Im Gegensatz zur Mehrheit der Debattenredner bei der UNGeneralversammlung, teilen die meisten westlichen Medien derartige Behauptungen.

Kuba nagt an westlichen Grundwerten
In einem anderen Beitrag warnte die rechte Stiftung Ende Juli mit Nachdruck vor „postkolonialen und antikapitalistischen Denkmustern“, aus denen sich die „Rhetorik vieler Linker“ in Lateinamerika aber auch in Europa speise. „Hinter antikolonialen Diskursen“ verberge sich eine „transnationale Struktur von Akteuren, die am westlich-zivilisatorischen Selbstverständnis nagen und Grundwerte des freiheitlich-demokratischen Modells zu zerstören suchen“, so die Warnung. „Epizentrum dieses Diskurses ist Havanna“, schlägt die KAS Alarm. Denn „viele Narrative der autoritären Linken Lateinamerikas stammen entweder direkt aus der kubanischen Diskursküche oder wurden von dort als Zutaten angeliefert, mit revolutionär-romantischem Aroma angereichert und anschließend auf dem gesamten Kontinent konsumiert und assimiliert“, heißt es schließlich.
Als Gegenstrategie empfiehlt der Beitrag, „Teile der demokratischen Linken durch Information und Artikulation auch emotional von der autoritären Linken zu trennen“. Wie das zu bewerkstelligen sei, wird so beschrieben. „Ansätze hierfür (d. h. zur Spaltung, CL) gibt es genug – von der Visualisierung der Menschenrechtsbilanz linksautoritärer Regime etwa durch die Sichtbarmachung von Folter und politischen Gefangenen, der Entmystifizierung der antikolonialen Heldengestalten wie Fidel Castro oder Che Guevara bis hin zur Offenlegung der internationalen Netzwerke autoritärer Kooperation“, so der Hinweis. Eine auch von hiesigen Medien unterstützte Kampagne der US-nahen Organisation „Prisoners Defenders“ ist ein Beispiel dafür, wie so etwas geht.

taz-Enthüllung aus dubioser Quellen
Die „taz“ berichtete am 19. September über einen angeblichen „Zwangsarbeiter“, der in Kuba „12 Stunden am Tag … ohne Schutzkleidung oft in der glühenden Sonne aus den dornigen Ästen des Marabú Holzkohle produzieren“ musste. „Die Dornen des Marabú … bohrten sich durch seine Schuhe“, so taz-Autor Knut Henkel, demzufolge Ovadys Armas Vásquez wegen Kritik an der „Diktatur“ gefoltert wurde. Einzige Quelle der „Enthüllung“ über angeblich insgesamt 60.000 Häftlinge, die in kubanischen Gefängnissen zur „Zwangsarbeit“ gezwungen würden, ist die Organisation „Prisoners Defenders“. Mit den meist unbelegten Berichten dieser „NGO“ begründen die USA seit Jahren ihre Sanktionen und andere Zwangsmaßnahmen gegen Kuba. Beispiel dafür sind unter anderem Vorwürfe gegen Havannas medizinische Missionen in aller Welt. Die jüngste – von der „taz“ ohne Gegenrecherche breit dargestellte Kampagne – zielt offenbar darauf, den Verkauf von (angeblich von „Sklaven in Haftanstalten“ produzierten) kubanischen Zigarren und Marabú-Kohle in Europa zu ver- oder behindern. Laut dem spanischen Onlineportal „Cubainformación“ trifft es zwar zu, dass Häftlinge – wie in allen anderen Ländern – auch in Kuba arbeiten müssen, doch im Gegensatz zur „taz“ verweist das Portal auf die engen Verbindungen von „Prisoners Defenders“ zur US-Regierung. Dies erkläre wohl, warum diese „NGO“ keinen Bericht über Gefängnisse in den USA erstellt. Laut einem 2024 veröffentlichten AP-Artikel müssen dort 800.000 Gefangene für nichts oder nur einen minimalen Lohn arbeiten und erwirtschaften jährlich mehr als zwei Milliarden Dollar. Nutznießer sind private Gefängnis-Konzerne und multinationale Unternehmen wie McDonalds, Walmart oder Coca Cola. AP berichtete zudem über Zwangsarbeit, Brutalität und extreme Gewalt in den US-Knästen.