Sitzung der Nationalversammlung der Volksmacht

Rede auf der Außerordentlichen Sitzung der Nationalversammlung der Volksmacht im Kongresszentrum am 20. Februar 1990.

Nun gut, Genossen und Genossinnen,

Juan hat mir eigentlich nicht das Mikrofon überlassen, sondern mich eher dazu gezwungen, es zu übernehmen. Man fragte mich, ob ich sprechen würde, und ich sagte: Ich weiß nicht, das hängt davon ab, was Juan sagt, wie lange er redet. Ich wußte nicht, ob er ein Papier oder einen Leitfaden oder ähnliches dabeihaben würde, und davon hing es ab, ob ich hier etwas sagen würde. Ich dachte, daß ich etwas mehr Zeit haben würde, um einige Daten und anderes zu überprüfen, zumindest einiges aus der internationalen Presse, aber mir blieb für nichts dergleichen Zeit, und was wir hier zu Gehör bekommen haben, war - auch wenn sie sehr kurz war - eine wirklich sehr inhaltsreiche Rede des Genossen Escalona, getragen von einer verständlichen Gefühlsbewegung, die wir, wie er sagte, nachvollziehen konnten; wir konnten es nicht nur nachvollziehen, sondern wir haben es auch gesehen und den Worten des Genossen Escalona entnommen.

Ich glaube, daß eine gute Wahl getroffen worden ist, das hat sich während der Versammlung durch die Zahl der abgegebenen Stimmen gezeigt, Stimmen für seine Wahl; es handelte sich nicht darum, ein Zettelchen in eine Urne zu werfen, sondern darum, direkt, allein vor unserem Gewissen und unseren Urnen, für den Genossen zu stimmen. Wir haben dort unser Kreuz gemacht, und es gab nicht eine einzige ungültige Stimme. Das vermittelt eine Vorstellung davon, welches Kenntnisniveau wir alle haben.

Der Sekretär verlas, wie der Wahlvorgang ablaufen sollte, er wiederholte es.noch einmal, und niemand irrte sich. Wenn es einige verständliche, notwendige und sogar erwünschte Meinungsverschiedenheiten gab, sehr gut; einige Genossen, die nicht mit der Wahl einverstanden waren, sehr gut; 10 Genossen stimmten nicht für Juan, sehr gut; ich glaube es gab 17, die der Genossin Zoila nicht ihre Stimme gegeben haben, sehr gut; sie haben ihren Standpunkt, ihre Ansicht geäußert.

Ich sage, daß die Versammlung durch die Art, wie sie ablief, die hohe Wertschätzung, die diese Genossen genießen zum Ausdruck brachte.

Ich habe mit den Mitgliedern der Wahlkommission gesprochen. Wissen Sie übrigens, wissen Sie, daß wir eine Gesetzesverletzung begangen haben? Sie wissen es nicht? Wer sollte es bemerken bei den vielen Gesetzen, die wir selbst beschlossen haben und die wir nicht mal Zeit hatten, zu studieren? Es stellte sich heraus, daß die Kommission laut Gesetz 23 Mitglieder haben muß, ein Abgeordneter schlug vor, zwei weitere zu benennen, einen für das Sondermunizip Insel der Jugend und einen weiteren Genossen für Cienfuegos. Wir ernannten also 25. Aber da diese Versammlung souverän ist, denke ich, daß dieser technische Irrtum, den die Versammlung selbst begangen hat, durch ihre Souveranität aufgehoben wurde. Trotzdem hat sich niemand erinnert, daß es 23 sein müßten und nicht 25, obwohl es hier eine Reihe von Rechtsanwälten gibt. Ich habe mich mit den Mitgliedern der Kommission getroffen, um die Frage der Kandidatur zu besprechen.

Ich erläutere ihnen als erstes ein Prinzip, und wir sagten: Welche Meinung hat die Partei dazu? Die Meinung der Partei ist diese, und wir werden niemals auf die führende Rolle der Partei verzichten (Beifall). Ich habe schon bei anderer Gelegenheit erläutert, daß das keine Verfassungsfrage ist, ich werde das nicht alles wiederholen, weil ich unseren Standpunkt schon auf dem Arbeiterkongreß dargelegt habe, daß das in der Verfassung stehen kann oder auch nicht, aber daß wir es jetzt nicht mehr daraus entfernen werden, auch wenn es nur eine Frage reinen Zierats wäre, sagen wir: Gut, die Verfassung ist die Tochter der Revolution und nicht die die Mutter der Partei. Die Partei ist das Instrument der Revolution per se, und wir werden außerdem am Prinzip der Einheitspartei unverändert festhalten, denn das haben wir nicht nur von Lenin übernommen, das haben wir auch von Martí übernommen, als er die Revolutionäre Partei für die Unabhängigkeit Kubas gründete und nicht drei und nicht zehn sondern eine einzige Partei schuf, um die Revolution und den Kampf für die Unabhängigkeit des Landes zu führen.

Zu Beginn der Revolution hatten wir.mehrere Parteien und verschiedene Organisationen. Wir schlossen sie zusammen, weil wir eines Tages entdeckten, daß es angebrachter wäre, für die Einheit aller Kräfte zu kämpfen. Das sind heilige Prinzipien für uns, Prinzipien Martís. Ich glaube, daß Martí schon vor Lenin von der Partei sprach, man müßte die Geschichtsbücher daraufhin untersuchen, wann Martí zum ersten Mal von der Partei und der Notwendigkeit, eine Partei zu organisieren, sprach; und danach war es Lenin, der von der Partei sprach. Das hat also für uns eine doppelte Bedeutung: durch Martí und durch Lenin, aber darüberhinaus eine revolutionäre Bedeutung, die von einer Realität und einer Notwendigkeit ausgeht. Es war ein großer Sieg für die Revolution, als sich alle revolutionären Kräfte zusammenschlossen, und Ihr seht selbst, wie das zum Voranschreiten der Revolution beigetragen hat, welche Stärke ihr das gegeben hat, wie ihr das geholfen hat, sich gegen die Angriffe ihrer Feinde zu verteidigen, gegen alle feindlichen Verschwörungen, gegen eine Blockade, die nun schon über dreißig Jahre dauert, wie das einen heldenhaften Widerstand gegen die Feindseligkeiten des Imperialismus hervorgerufen hat, eine ebenfalls heldenhafte Treue gegenüber den Prinzipien des revolutionären Internationalismus, der leuchtende Seiten im Buch der Geschichte, an denen ein Großteil unseres Volkes beteiligt war, geschrieben hat. Deshalb sind das für uns unveränderbare Prinzipien, und das sagen wir Freunden, Feinden und Neutralen.

Was unsere Partei jetzt tun muß, ist, sich zu verbessern. Sie muß sich vervollkommnen, ihre Führungsmethoden, ihre Arbeit, auch ihre Struktur. Wie wir neulich gesagt haben, hatten nicht nur die Partei, sondern auch die Institutionen des Staates und die Massenorganisationen viel zu viel Personal, und es gab gewisse Probleme, manchmal eine doppelte Entscheidungsbefugnis oder eine Doppelfunktion, was unter keinen Umständen gut ist. All diese Dinge müssen wir berichtigen, müssen wir überwinden, und wir sind schon seit geraumer Zeit dabei, eine Schlacht dafür zu schlagen.

Auch in den Fabriken gab es zu viele ‚Planstellen, in allen Arbeitszentren gab es zu viele Planstellen. Aber wir sagen nicht, daß wir die Planstellen von heute auf morgen reduzieren werden, weil wir nicht die-Ehre oder vielleicht das Selbstwertgefühl von Tausenden oder Zehntausenden oder Hunderttausenden von Leuten verletzen wollen, indem wir ihnen sagen: Deine Arbeit ist überflüssig, geh nach Hause, auch wenn du dein Gehalt weiter bekommst! Ein Mensch fühlt sich auch dann erniedrigt, wenn man ihn unter Fortzahlung seines Gehalts nach Hause schickt. Wir wissen, wie wir diese Anstrengung, diese Arbeit ausführen müssen, wie wir das Prinzip der Berichtigung von Fehlern und der Stärkung der Partei umsetzen müssen, ohne ihr einen Fußbreit ihrer Autorität zu nehmen; im Gegenteil, während des gesamten Prozesses der Berichtigung von Fehlern haben wir die Rolle der Partei, die Autorität und das Ansehen der Partei gestärkt.

Die Partei ist das wichtigste Instrument, das Instrument schlechthin der Revolution und für den Aufbau des Sozialismus – eine historische und außerordentlich schwierige Aufgabe, wenn man ihn unter den Bedingungen aufbauen mußte, nur wenige Meilen entfernt und angesichts seines ständigen Lauerns, seiner ständigen Feindseligkeit, seiner Aggressivität; das ist eine gigantische historische Aufgabe. Wie lange noch werden wir unter diesen Bedingungen arbeiten müssen? Wahrscheinlich, so lange der Imperialismus besteht. Später einmal könnte sich unser Volk vielleicht die Freiheit nehmen, unzählige Dinge zu tun, aber jetzt … Die Einheit des Volkes, das ist das heiligste Gut und die Waffe Nummer Eins der Revolution! Das Erfordernis sine qua non, um die Schlacht für den Aufbau des Sozialismus unter diesen Bedingungen zu gewinnen. Was wollen die Imperialisten? Uns in 10.000 Stücke teilen!

Dort drüben in Osteuropa gibt es schon Länder, in denen es 80 Parteien gibt, 80 Parteien! Verteidige die Revolution mit 80, oder mit 20, oder mit 10 oder mit zwei Parteien, selbst wenn es nur eine Zweiteilung wäre, wäre es unmöglich.

Wie ich vor kurzer Zeit zu einigen italienischen Parlamentariern sagte, als wir über dieses Thema sprachen: Sehen Sie, unsere NATO - und ich begann von der NATO zu sprechen, weil es sich um Italiener handelte – ist die Einheit, unser Warschauer Pakt, der uns verteidigt, ist die Einheit, und mit dieser Waffe, mit dieser Kraft verteidigen wir, die wir keinem Militärbündnis angehören wollen – uns seit Jahren auf eigene Rechnung. Vor langer Zeit haben wir die entsprechenden Überlegungen angestellt, um diese Entscheidung zu treffen. Aber wir haben unsere NATO und unseren Warschauer Pakt, um uns zu verteidigen, und das ist unsere Einheit, und niemals werden wir irgendetwas erlauben, was unser Volk auch nur im Geringsten entzweien könnte; niemals werden wir es zulassen, daß dieser elementarsten Kraft unseres Volkes auch nur der geringste Schaden zugefügt wird. Das ist so sonnenklar, ich glaube, daß das sogar die Kinder im Kindergarten verstehen können; selbst denen, die erst zwei oder drei Jahre alt sind, kann man, glaube ich, erklären, warum die Einheit für uns so wichtig ist, warum wir eine einzige Partei haben.

Nun denn, bei allen Vorteilen gibt es auch Schattenseiten, und die sind es, die wir in unserem Prozeß der Berichtigung von Fehlern überwinden müssen, aber wir müssen dabei immer von diesen Prinzipien ausgehen.

Was ich jetzt sagen werde, ist nicht neu, ich habe es im Zentralkomitee vorgetragen, als wir dort die Vorschläge des Politbüros analysierten, erwarten Sie also nichts Spektakuläres. Lassen wir das Spektakuläre beiseite, laßt uns viel tun, viel arbeiten und wenig versprechen. Ich sagte: Es ist wichtig, daß die Schritte, die wir unternehmen, nicht falsch interpretiert werden, daß nicht im In- und Ausland eine Flut von Spekulationen entsteht. Im Inland wurde unser Dokument, das die Entscheidungen des Zentralkomitees erläuterte, voll verstanden; im Ausland wurde es nicht auf gleichermaßen korrekte Art interpretiert.

In der Zeitung las ich eine Überschrift, die mir, das sage ich ganz offen, nicht gefiel: "Transzendentale Beschlüsse". Es war nicht nötig, das Wort transzendental zu benutzen. Wichtige, sehr wichtige Beschlüsse. Es könnte so scheinen, als sei der Prozeß der Berichtigung etwas neues, als ob man zum ersten Mal von Berichtigung spräche, denn wir sind ein kleines Land, und weil wir so klein sind, schauen Sie sich an, was man im Ausland über das schreibt, was Kuba macht, oft nicht ein einziges Wort!

Der Prozeß der Berichtigung konnte nicht kritischer sein, als er bereits damals war, heute wird er noch kritischer sein, weil wir mehr wissen. Mit dem Bericht zum dritten Kongreß der Partei begann der Prozeß der Berichtigung, als man in keiner anderen Partei des sozialistischen Lagers davon sprach. In dem Moment, in dem unser Kongreß stattfand, sprach man weder von Umstrukturierung noch von etwas anderem - beachten Sie die historischen Daten bzw. die historische Reihenfolge -, das war Anfang Februar 1986. Danach wurde er verlängert bzw. eine zweite Sitzungsperiode fand am Jahresende statt; und im April 1986 fiel dann der Trompetenstoß gegen eine Reihe von Phänomenen, die uns aufgefallen waren, und es begann ein hartnäckiger Kampf, zäh, beharrlich, um Fehler, Mängel und negative Tendenzen zu überwinden.

Für viele Menschen auf der Welt könnte es so aussehen, al sei der vergangene Freitag der Tag gewesen, an dem In Kuba zum ersten Mal von Berichtigung von Fehlern gesprochen wurde, dabei begann unsere Berichtigung vor vor der jeder anderen Partei. Aber wir sind unserem eigenen Weg gefolgt, wir haben niemanden nachgeahmt. Und eine der Maßnahmen er Berichtigung von Fehlern bestand gerade darin, eine Reihe von Konzeptionen, Ideen bzw. Formen des Aufbaus des Sozialismus, die wir tatsächlich kopiert hatten, hinwegzufegen. Wir entdeckten mehr als genug Phänomene, einen ganzen Hauen, und wir sagten: Das führt zu nichts, das muß überwunden werden, und in vielen Bereichen ist hart gearbeitet worden, es ist viel gearbeitet worden.

Aber die Welt weiß nicht, daß wir die ersten waren, die ernsthafte Fehler aufgedeckt haben, und heute weiß sie offensichtlich nicht, wohin wir gehen. Ich möchte das mit einem Satz klarstellen, der hier eine Zeitlang benutzt wurde: Zurück nicht mal um Schwung zu holen, es geht nur vorwärts! (Beifall) Oder wie ich vor den Arbeitern sagte: Veränderungen Ja, aber revolutionäre Veränderungen, auf dem Weg zu noch mehr Revolution, um die Revolution stärker zu machen. Daß niemand auch nur davon träumt, daß wir Richtung Kapitalismus oder ähnliches marschiere, in Richtung des Privateigentums an Produktionsmitteln etwa, oder ähnliches. Wir müssen außerdem solche Dinge wie zum Beispiel den unabhängigen Landwirt nicht erfinden, weil wir in allen Provinzen unabhängige Produzenten haben, individuelle Bauern. Wieviele gibt es noch? 70.000, das sind nicht wenige, sie besitzen bis zu 65 Hektar Land, und einige sind reich.

Zu Beginn der Revolution wurden die zwei Agrarreformen durchgeführt, und man sagte den Bauern: "Euer Wille wird respektiert, auch wenn Ihr Euer ganzes Leben unabhängige Eigentümer bleiben wollt".

Wir wissen, was unabhängiges Eigentum ist, wir wissen auch, was es einbringt und wir wissen, was es nicht einbringt. Ich könnte euch hier die Erträge der staatlichen Produktion aufzählen und sagen: Diese 2,4 Milliarden Eier, die die Bevölkerung konsumiert, produziert der Staat; und wieviel Prozent Reis und Zuckerrohr, wieviel Prozent der Milch und des Rindfleisches, nahezu 100 %, wieviel Prozent Geflügelfleisch, wieviel Prozent aller Grundnahrungsmittel - beim Schweinefleisch z. B. sind es ebenfalls fast 100 %. Es ist soviel von den berühmten freien Bauernmärkten geredet worden, und dabei wurden über die freien Bauernmärkte nie mehr als 2 % der Versorgungsgüter umgesetzt; und häufig waren es Produkte, die vorher dem Staat verkauft worden waren, die die Bauern aber von jenem Augenblick an zu jedem nur möglichen Preis frei verkauften.

Wieviele Leute, einschließlich unserer Freunde, haben uns gesagt: "Und diesen freien Bauernmarkt, warum habt ihr ihn abgeschafft?" Man muß die ganze Geschichte erzählen, was ein freier Bauernmarkt ist und was Produktion in großem Maßstab ist, und daß es nirgendwo eine Zukunft auf der Basis kleiner unabhängiger Landwirte geben kann. Ich akzeptiere sogar die kapitalistische Landwirtschaft in großem Maßstab, die Technik, Hybridsamen, Düngemittel, Maschinen einsetzt, was wir auch auf unseren Ländereien einsetzen, die heute 80% der verfügbaren Böden unseres Landes ausmachen. Wenn das nicht so wäre, wie könnte man dann erklären, daß wir die Zahl von 350.000 Zuckerrohrschneidern um 300.000 reduziert haben, so daß heute nur noch etwa 65.000 Leute Zuckerrohr schneiden. Was ist das anderes, als Mechanisierung? Was ist das anderes, als Produktivität? Was ist das anderes, als Anwendung der Technik?

Und warum haben wir heute so viele Hunderttausende von Bauarbeitern und anderen Arbeitern in unseren Betrieben und Industrien, wenn nicht deshalb, weil wir die Zuckerrohrernte mechanisiert haben. Stellen Sie sich das Zuckerrohr in diesem Moment. ohne Mechanisierung vor, wie sähe das Land dann aus? Ein Land, das darüber hinaus aller Welt die Möglichkeit gegeben hat, zu studieren, und wo Hunderttausende zu Lehrern, Professoren, Akademikern wurden. Welchen Fortschritt hätte es in diesem Lande ohne die Mechanisierung des Zuckerrohrs gegeben? Und welche Art von Mechanisierung hätten wir auf der Basis von landwirtschaftlichen Kleinstbetrieben durchführen können? Die Genossenschaften setzen ihre Erntemaschinen ein, denn eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft ist eine andere Sache, die Genossenschaft hat nicht irgendwo ein abgelegenes Stückchen Land - sie funktioniert mit kollektiver Selbstversorgung -;. die Erntemaschinen können sich auf den Ländereien eines Staatsbetriebes oder eine Genossenschaft frei bewegen und Zuckerrohr schneiden; die Bewässerungskanäle können so gelegt werden, daß sie das Wasser in jeden Winkel transportieren, wie eine Art Arterie für das Leben der Pflanzen. Aber wir haben erlebt, was es für Arbeit macht, wenn man in den Kleinsthöfen und den Ländereien kleiner Landwirte einen Bewässerungsplan durchführen will.

Und man muß nicht einmal sehr weit gehen, dort bei Camalote in Camagüey haben wir wer-weiß-wieviel Arbeit gehabt, um einen Kanal bauen zu können, und der Kanal mußte Umwege machen, eine Kurve machen, ein Rechteck, einen ganzen Stern: Er kommt hier vorbei, da befindet sich ein Kleinbauer mitten im Verlauf des Kanals, ein anderer dort - eine Katastrophe. Wir führen einen Plan gemeinsam mit den Vereinten Nationen durch, und wir arbeiten, dort; wir legten Staubecken an, Wasserspeicher, Bewässerungskanäle, aber wir haben eine furchtbare Arbeit damit! Weil das Kleineigentum heute der Technik im Wege steht, den Maschinen im Wege steht, der Wissenschaft im Wege steht.

Ihr wißt, daß wir unsere größten Hoffnungen im Bereich des Zuckerrohrs auf die Bewässerung und die Bodeneinebnung setzen. Wir verfügen schon über 121 Brigaden, die daran arbeiten, und bis zum Jahresende werden wir 200 haben, und dadurch werden die Hektarerträge des Zuckerrohrs fast verdoppelt. In nicht allzuferner Zukunft werden wir viele Felder haben, die den doppelten Ertrag bringen, nicht alle, weil man die Bewässerung und diese Systeme nicht überall anwenden kann, aber wir haben 800.000 Hektar, auf denen wir das System anwenden können.

Stellen Sie sich vor, das in einem System des Kleinlandbesitzes zu machen, mit 100.000 Eigentümern, 200.000. Ich zerbreche mir den Kopf, aber ich sehe keinen Weg, wie man das machen könnte. Oder eine Erfindung der Technik; oder das technische System beim Reisanbau, das ebenfalls die Erträge fast verdoppelt; oder die Sprinkler und die Berieselungsanlagen in großem Maßstab.

Wir wissen, was die staatliche Wirtschaft und die staatliche Landwirtschaft in unserem Lande produzieren, trotz aller Mängel, die wir auf verschiedenen Wegen zu überwinden gedenken, weil eines der Probleme auf dem Land darin besteht, daß die Leute sich andere Beschäftigungen gesucht haben, die nicht so schwer sind oder ihnen besser gefallen oder die beständiger sind als die landwirtschaftliche Arbeit: Und wir kennen die Perspektiven unserer Landwirtschaft sehr gut, und die können wir nicht zerstören.

Das heißt, daß es für uns Konzeptionen gibt, die sehr fest sind, sehr fest! Wir respektieren diesen unabhängigen Landwirt! Es ist wahr, daß der freie Bauernmarkt die Genossenschaftsbewegung bremste - man muß die Wahrheit sagen - ;, die Bauern begannen, eine Menge Geld zu verdienen: Wenn es keinen Knoblauch gab, verkauften sie in so einem Engpaß eine Knolle Knoblauch für einen Peso; ein Individuum, das einen Hektar Knoblauch pflanzte, bekam dafür wer-weiß-wieviel Geld.

Es gibt auch einige Eigentümer von Lastwagen, die sich in einer Situation, in der eine große Nachfrage nach Transportmitteln besteht, in eine immense Einnahmequelle verwandeln. Oft haben sie sich nur an eine Ecke gestellt und gesagt: "Ich fahre an den Strand", und schon sprangen wer-weiß-wieviele Leute auf; oder sie sagten: "Ich fahre zum Schullager auf dem Lande", und luden wer-weiß-wieviele Leute auf und verdienten wer-weiß-wieviel Geld. Nicht umsonst sieht man diese alten Kisten der verschiedensten Marken aus vorhistorischer Zeit auf den Landstraßen umherfahren, fast alle sind in den Händen von Bauern. Mit Hilfe des freien Bauernmarktes konnten sie sagen: "15.000", "20.000", "25.000" Peso für ein Auto. "Bitte schön, nehmen Sie!" Manchmal, wenn man über Land fährt, findet man bis zu 3 dieser Autos vor einem Haus.

Nein, der freie Bauernmarkt brachte nichts ein, um ein Beispiel zu geben: Allein unser Schweinezuchtplan, der staatliche, soll in dreieinhalb Jahren 100.000 Tonnen Schweinefleisch mehr produzieren, und das ist nur eine Sorte Fleisch. Und von den Plänen zur Produktion von Hammelfleisch, von Milchprodukten, von Geflügel spreche ich gar nicht erst, denn innerhalb eines dreijährigen. Programms werden bis 1991 600 Aufzuchtställe pro Jahr gebaut, um die Eierproduktion zu steigern, um die Geflügelproduktion zu steigern. Aber, ich zitiere nur ein Beispiel, ich glaube der gesamte freie Bauernmarkt lieferte insgesamt nicht einmal 4 000 Tonnen Fleisch, und selbst diese wurden vorher auf die eine oder andere Art angekauft. Die Düngemittel, die für das Zuckerrohr, unser Hauptanbauprodukt, bestimmt waren, wurden - ebenso wie andere Produkte für alles andere genutzt, nur nicht für ihren eigentlichen Zweck. Das ist die Realität. Wir haben dies alles praktisch erlebt, real.

Wir wissen, wie man die Produktion steigert. Wie man aus 12 Millionen Zentnern Feuchtreis, die auf den Feldern geerntet werden, 24 Millionen machen kann, wir wissen, womit wir fähig sind, das zu erreichen: mit all den Bewässerungsplänen, all den Kanälen. Wir arbeiten daran, 12 Millionen Zentner in 20 Millionen, 22 Millionen, in bis zu 24 Millionen zu verwandeln, wir wissen wie, und wir arbeiten daran, wir nehmen die entsprechenden Investitionen vor, wenden die dementsprechende Technik an, durch die unter anderem 40 % Wasser eingespart wird, die die Produktivität des Bewässerungstechnikers, dieses Mannes, der mit der Hacke an den Niveaulinien entlanggeht, um 4- bis 5mal steigert. Mit dem traditionellen System kann dieser Mann nur 4 Hektar betreuen, mit dem anderen kann er durch das Öffnen und Schließen der Schleusentüren 180 Hektar betreuen - ein Mann mit einem Fahrrad auf den Wegen, die zwischen den Feldern angelegt werden!

Machen Sie das mal mit einer Landwirtschaft von Kleinstbetrieben!

Aus diesen Gründen haben wir wirklich sehr feste Ansichten und sind völlig überzeugt, daß es das ist, was man in der Landwirtschaft tun muß.

Wenn Sie vom traditionellen Bewässerungssystem im Bananenanbau zu Sprinklern übergehen, müssen Sie - wie alle Welt weiß - die Büsche festbinden, denn statt 6.000 Zentner Fruchtbananen kann man zwischen 18.000 und 20.000 Zentner ernten, und die Pflanzung trägt 10 Jahre lang, wirklich, man muß sie nicht völlig neu pflanzen, es sei denn, es kommt ein Zyklon; das ist einer der Feinde der Bananen in unserem Land. Wir wissen, wie man durch konsequente und richtige Anwendung der Technik die Produktion steigert. Auch das ist Teil der Berichtigung falscher Konzeptionen.

Es gibt klimatische Veränderungen. Sie können z. B. Gerade jetzt Regenfälle beobachten, die nicht aus dem Norden kommen, sondern durch Erwärmung der Atmosphäre entstehen, mitten im Februar; all das schafft Probleme. Manchmal gibt es zu viel Regen, manchmal Trockenheit, ein anderes dieser Phänomene. Man muß sich verzweifelt an die Bewässerungspläne halten und das Wasser dort herholen, wo es welches gibt, es für die Bewässerung umleiten und dorthin leiten, wo es gebraucht wird. Genau das machen wir, um dadurch so weit wie möglich diese Phänomene der Klimaveränderungen zu kompensieren. Der Mensch muß sich an die Natur passen und seine Intelligenz benutzen, um die Widrigkeiten der Natur zu überwinden.

Ich habe dieses Beispiel aufs Tapet gebracht. Sollen wir die Landwirtschaft etwa privatisieren? In Lateinamerika wird auf Anordnung des Weltwährungsfonds alles privatisiert; viele der Industrien, die im Staatsbesitz waren, sogar viele Grundstoffindustrien, werden privatisiert. Das alles ist ein großer Kreuzzug des Imperialismus für die Privatisierung in der Welt von heute, und wir sind für die Sozialisierung.

Was sollen wir machen, unser Gesundheitssystem Privatisieren, bei dem was wir haben? Ihr wißt genau, was wir haben, und jedesmal wird es etwas mehr: unser Netz von Spezialkrankenhäusern, in denen z. B. die Kinder dieses Landes behandelt werden und mit deren Hilfe die Kindersterblichkeit fast auf 11 je 1000 Lebendgeborene gesenkt worden ist. Wir gehören zu den Ländern mit der niedrigsten Quote der Welt, man sieht genau, noch etwas weiter und unter normalen Bedingungen wird sie auf unter 10 sinken; ich könnte nicht dasselbe sagen, wenn außergewohnliche Situationen eintreten. Was sollen wir in unserem System tun, das Krankenhaus "Gebrüder Ameijeiras" im Rahmen der imperialistischen Privatisierungsoffensive privatisieren? Was sollen wir mit unserem Familienarzt machen, ihn privatisieren? Dieser Arzt, den man in jedem Winkel unserer Gebirge vorfindet, den es immer häufiger auch in der Stadt gibt, dieser Arzt, der in der Fabrik praktiziert, der in der Schule praktiziert, was sollen wir mit ihm machen, ihn privatisieren?

Wir können absolut nichts privatisieren. Im Gegenteil, wir müssen in zunehmendem Maße vergesellschaftlichen, aber wir werden niemandem etwas beschlagnahmen, keinem dieser Bauern werden wir etwas beschlagnahmen, keinem dieser Bauern, die uns so viele Lehren über die Landwirtschaft erteilt haben, die uns gelehrt haben, wie wenig man von einer in ‚Kleinstparzellen zerstückelten Landwirtschaft erwarten kann. Trotzdem gehören sie zu den privilegiertesten Bauern der Welt: Sie haben Kredite aller Art erhalten; man hat Hunderte Male Nachsicht mit ihnen gehabt, jedesmal wenn eine kritische Situation auftrat; sie bezahlen praktisch keinerlei Steuern; sie sind die einzigen Bauern auf der Welt, die keine Steuern zahlen müssen.

Wir schätzen unsere Bauern, wir werfen ihnen ihren Privatbesitz nicht vor; wir achten sie, denn sie sind Teil unserer Revolution, sind Teil unserer Geschichte, und was wir für sie getan haben, hat man in keinem Land der Welt getan: Man gab ihnen alle Traktoren, die sie brauchten; man hat alles mechanisiert, was mechanisiert werden konnte; man hat Verkehrsnetze geschaffen, man hat ihnen die Elektrizität ins Haus gebracht. Natürlich, in abgelegenen Gegenden ist das schwieriger, aber die Genossenschaften haben alle Strom gelegt bekommen und sogar einige abgelegene Gegenden haben Strom bekommen.

Erst gestern las ich, daß 92 % der Bevölkerung mit Elektrizität versorgt sind. Diese Ziffer ist beeindruckend, und ein großer Teil der Nutznießer lebt auf dem Lande. Das heißt, was Kuba für die Bauern getan hat, hat sonst niemand getan, aber auch was sie für uns getan haben, hat sonst niemand getan, denn sie kämpften gemeinsam mit uns, und sie lehrten uns, daß die Landwirtschaft sozialistisch sein mußte, und daß es großangelegte staatliche Betriebe in der Landwirtschaft geben muß, unter der Anwendung von Wissenschaft und Technik, und Genossenschaften in der Viehwirtschaft. Das haben uns die Bauern beigebracht, und wir sind ihnen dafür sehr verbunden.

Sie trifft keinerlei Schuld, wir selbst leisteten dem Prozeß der Korruption der Bauern Vorschub, indem wir den berühmten freien Bauernmarkt nachahmten, der in anderen Ländern und unter anderen historischen Bedingungen geschaffen worden war. Sie besitzen ihr Stückchen Land-innerhalb der kollektiven Ländereien. Dort spielen sie eine Rolle, da mische ich. mich nicht ein, ich kritisiere niemanden, wir haben keinen Grund, jemanden zu kritisieren. Wir müssen allerdings wissen, was zu tun ist. Und deshalb ist eine der Grundfragen diese: Wir müssen vorankommen, vorankommen ohne Ungerechtigkeiten zu begehen, ohne jemandem Gewalt anzutun, ohne die Rechte irgendjemandes zu verletzen.

Vielleicht werden sogar die Urenkel der hier Anwesenden noch unabhängige Landwirte kennenlernen, denn es kann sein, daß jemand darauf beharrt, Generation um Generation jenes Stück Land zu behalten; soll er es behalten. Wir haben nie jemanden gezwungen, in eine Genossenschaft einzutreten oder auf einem Staatsgut zu arbeiten, wir wenden das Gesetz nur an oder belästigen manchmal jemanden, wenn ein Staubecken gebaut werden soll, denn wir f dem Grund des Staubeckens leben lassen, können ihn nicht au oder wenn ein Kanal gelegt werden muß, oder eine doppelspurige Eisenbahnlinie, oder eine Autobahn. Manchmal müssen wir also die Bauern belästigen, weil das nicht unserem willen unterliegt; und in allen Verfassungen der Welt ist das enthalten: das Recht, jemanden zu enteignen, wenn es im öffentlichen Interesse oder zum gesellschaftlichen Nutzen ist.

Das ist in Gesetzen auf der ganzen Welt enthalten, und wir haben das noch nie angewandt, sondern wir haben immer mit den Betroffenen verhandelt, sei es auf dem Lande oder in der Stadt. Wenn eine Autobahn gebaut werden muß: "Schauen Sie, hier soll eine Autobahn verlaufen, das ist sehr wichtig, wir werden Ihnen eine neue Wohnung an anderer Stelle geben." Wir versuche, die betroffene Person zufriedenzustellen, und wir sagen ihr nicht; "Bitte schön, hier haben Sie Geld", weil wir wissen, daß man mit Geld keine neue Wohnung bekommen kann. Jeden, dessen Wohnung betroffen ist, bauen wir seine neue Wohnung; jedem den wir aus irgendeinem Grund unfreiwillig belästigen müssen, versuchen wir zu helfen und ihn in den Verhandlungen mit dem Staat zufriedenzustellen.

Der Staat wendet das Gesetz nicht einmal in den Fällen an, ich glaube nur in ganz wenigen Ausnahmefällen, in denen einige Leute sich hingesetzt haben und im Tausch für ihre Wohnung das Kapitol verlangt haben. Wir haben gesagt: "Das ist nicht möglich, und hier wird das gebaut, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, werden wir das Gesetz anwenden."

Deshalb sage ich: Wir werden keine Ungerechtigkeit begehen und das respektieren, wie es logisch ist. Wir würden uns von unserer Linie und unseren Versprechen entfernen, wenn wir versuchen würden, mit Gewalt vergesellschaftlichen zu wollen oder einen Bauern in eine Genossenschaft stecken. Alles was in diesem Bereich geschieht geschieht, muß durch Überzeugung der Bauern erreicht werden, und wir würden nie durch den Einsatz staatlicher Gewalt versuchen, diese Ziele durchzusetzen, wir haben das auch nicht nötig, wir haben für eine lange Reihe von Jahren genug damit zu tun, die Ländereien der staatlichen Betriebe und der Genossenschaften zu bearbeiten. Wie ich sagte, sind in diesem Land 80 % des Bodens im Besitz staatlicher Betriebe und weitere 12 % in den Händen landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften. Unser Problem besteht darin, Mängel und Schwierigkeiten auf dem Lande zu überwinden, und wir sind dabei, Lösungen für diese Probleme zu suchen, und wir werden sie finden, um die Produktion von Nahrungsmitteln für unsere Bevölkerung beträchtlich zu erhöhen und um die Exporte zu steigern, indem wir uns die Technik zu Nutze machen, das Modernste, was es auf der Welt gibt und was wir kennen. Das ist es, was wir machen.

Aber es ist sehr "wichtig, daß man den Sinn unseres Prozesses der Berichtigung von Fehlern kennt, das ist sehr wichtig, im In- und im Ausland.

Dort drüben erschienen große Überschriften in der gesamten Presse - man sagt, in Spanien war das spektakulär -, man glaubte schon, daß hier dasselbe geschehen würde, wie in anderen Ländern, daß man das machen würde, was in anderen Ländern gemacht worden ist: "Castro säubert das Politbüro". Gut, laut Presse wurde Pepe aus dem Politbüro "herausgesäubert"; eine Säuberung. Wenn Genossen, die den vollen Respekt, die Zuneigung unserer Partei und unseres Volkes genießen, eine andere Aufgabe übernehmen müssen oder es nicht mehr gerechtfertigt ist, daß sie einen bestimmten Posten innehaben, eine bestimmte Verantwortung, nennen sie das Säuberung.

Gut, zwei Genossen verließen das Politbüro und vier traten neu ein - hier ist auch Veiga, einer der Genossen, der es verließ, anwesend, dann müßte das statt einer Säuberung eine Gegensäuberung gewesen sein, weil es nur zwei Genossen verließen, aber vier eintraten.

Sie können sich vorstellen, daß das die Welt ist, mit der es zu Ende geht, denn sie befindet sich in einer schrecklichen Situation. Der Rest ganz Lateinamerikas befindet sich in einer schrecklichen Situation, sie ist wirklich schrecklich: Länder, in denen Millionen und Abermillionen von verlassenen Kindern auf der Straße leben, ohne Eltern, ohne Familien; in denen es einen ungeheuren Analphabetismus gibt, wo nicht einmal die Hälfte, manchmal nicht einmal 40 % der Kinder ‚die 6. Klasse erreichen bzw. die Grundschule abschließen; in denen es Prostitution, Hunger, Unterernährung, Elend gibt.

Man sprach uns dort vom entwickelten Kapitalismus Europas, aber worauf wir schauen müssen, ist auf den unterentwickelten Kapitalismus der Dritten Welt. Das ist der Kapitalismus, den wir betrachten müssen, wir müssen sehen, was dort passiert. Und was dort passiert, passiert hier in keiner Weise; was geschieht ist, daß man Berechnungen anstellt und sich schon die Klauen wetzt.

Drüben in Miami soll es Leute geben, die schon ihre Koffer gepackt und Kommissionen gebildet haben, für den Fall, daß es mit der kubanischen Revolution zu Ende ist. Eher soll unsere Insel im Meer versinken, wie gesagt worden ist. Ich glaube es war Martí, der gesagt hat: Bevor wir in unserem Bestreben, das Vaterland zur Blüte und zur Freiheit zu bringen, muß sich die Südsee mit der Nordsee vereinen und eine Schlange aus dem Ei eines Adlers schlüpfen. Und hier werden keine Schlangen aus Adlereiern schlüpfen! (Anhaltender Beifall)

Was glauben sie denn? Etwa, daß sie sich Gebäude zurückholen können, daß sie alles privatisieren können, daß sie Schulen, Krankenhäuser, einfach alles privatisieren können? Anfangen müßten sie da mit einer neuen Landkarte, um festzustellen, wo die Grenzen des Besitzes dieses oder jenes Großgrundbesitzers verlaufen.

Was glauben sie wohl, wer wir sind? Was glauben sie wohl, ist unser Volk? Was halten sie von der Geschichte unseres Vaterlandes und wozu glauben sie, sind unser Volk und unser Vaterland fähig?

Ich glaube, die Schiffsbesatzung der »Hermann« hat es ihnen gezeigt. Sie sollen von der Besatzung der »Hermann« lernen, von jenen unbewaffneten Männern – unbewaffnet! -; ihnen war es gleich, ob da ein oder zwanzig Boote der nordamerikanischen Küstenwacht waren, oder ob hinter der Küstenwacht vielleicht ein Flugzeugträger wartete, sie sagten; "Hier kommt ihr nicht rein, und Schluß!"

Unser Land ist eine gewaltige »Hermann«, aber mit Eisen, mit genügend Eisen, um uns zu verteidigen. Deshalb sage ich, daß wir unsere eigene NATO haben und unseren eigenen Warschauer Pakt, sie bestehen in der Einheit, der Bewaffnung und der Organisation unseres Volkes nach dem Prinzip des Krieges des ganzen Volkes.

Was glaubt man denn an vielen dieser Orte? Von welcher Herkunft, glauben sie, wer wir sind? Von welchem Blut, glauben sie, sind wir, diese – wie ich schon oft sagte – wunderbare Mischung? Glauben sie etwa, daß ihnen die reifen Äpfel in den Schoß fallen, wenn sie hierherkommen, oder was? Das soll sich nur keiner einbilden!

Der Sinn, den unsere Arbeit und der Bescluß des Zentralkomitees der Partei haben, wird genau durch die Parole ausgedrückt: Die Zukunft unseres Vaterlandes wird ein ewiges Baraguà sein! (Beifall)

Einige kluge Journalisten haben das erkannt und schickten realistischere Telexinformationen ins Ausland, denn sie haben den Sinn, den dieser Satz hat, verstanden und nicht nur den Satz an sich, sondern auch die Tatsache, daß der Aufruf zum Kongreß am 15. März, dem Tag, an dem einst der Protest von Baraguá stattfand, erfolgen wird. Und alle Welt überstürzt sich und verlegt Kongresse vor, wir aber tun nichts dergleichen, wir berufen den Kongreß zu geeigneter Zeit ein, und es kann sogar sein, daß er sich wegen der Leute in Santiago um einige Tage verzögert, um ihnen Zeit zu geben, um ihr Theater fertigzubauen; aber wenn sie es nicht fertig bekommen sollten, halten wir ihn in einem Zirkuszelt ab, im Zirkuszelt halten wir unseren Kongreß ab. (Beifall)

Es scheint bereits unumgänglich zu sein, ihn in Santiago abzuhalten, und vielleicht gibt es dann schon das Hotel; falls nicht, richten wir die Wohnblöcke, die sie bauen, für die Delegierten und alle Welt her. Wir hoffen aber, daß es dann das Hotel schon gibt, es werden ja alle Anstrengungen unternommen.

So basiert also alles auf der Idee von Baraguá, inspiriert von der glorreichsten Seite im Buch unserer Geschichte, dem herausragendsten Beispiel von Heroismus in dieser Hemisphäre im Angesicht des Verrates, im Angesicht von Zanjón.

Jeder versteht den Sinn der Anstrengungen unserer Partei und unseres Staates, versteht, in welche Richtung sie gehen, was die Perfektionierung bedeutet, wozu die Perfektionierung dienen soll. Ganz einfach, sie dient der Stärkung der Revolution, der Stärkung der Partei, der Stärkung unserer Institutionen, der Stärkung unserer Nationalversammlung, der Stärkung unserer Massenorganisationen. Sie dient dazu, uns stärker zu machen und nicht, uns zu ergeben!

Es gibt einige, die glauben, daß sich dieses Volk ergeben könnte, einige glauben das, und dabei ist dieses Wort aus dem kubanischen Wortschatz schon wer-weiß-wie-lange gestrichen. Jawohl, seit der Epoche von Maceo ist es aus dem Wortschatz"gestrichen. Maceo konnte nicht alles tun, was wir tun konnten, sie haben damals für die Unabhängigkeit gekämpft, aber die Revolution hat ein gigantisches Werk zu verteidigen und eine außergewöhnliche Seite im Buch der Geschichte zu bewahren, und sie wird dies unter allen nur denkbaren Bedingungen tun, und wenn es nötig wäre, trotz aller Hindernisse und aller nur erdenklichen Schwierigkeiten! Das ist es, was die Welt über unser Land wissen sollte.

Und wir arbeiten alle daran: Was können wir tun und was müssen wir tun, um unsere Partei und ihre führende Rolle zu vervollkommnen, und wie sollen wir das tun? Was sollen wir mit dem Staat machen, wie ihn verbessern? Wie sollen unsere Staats- und Parteiorgane arbeiten, damit jedes von ihnen seine Funktion, seine Aufgabe erfüllt und genügend Autorität und die notwendige Verantwortung hat?

Gerade heute habe ich den Genossen der Wahlkommission erläutert, daß es im Gedankengut der Partei auch andere Vorstellungen in bezug auf die Wahl der Leitung der Nationalversammlung gibt. Wir hatten eine Reihe von Gesichtspunkten erörtert: Vor allem mußte es sich um einen Genossen handeln, der alle Bedingungen erfüllte, einschließlich des Alters, um die schwere Arbeit der Nationalversammlung auf sich nehmen zu können; wir wollten prinzipiell, daß eine Frau Vizepräsidentin würde. Es war nicht einfach, unter so vielen wertvollen Genossinnen auszuwählen – selbstverständlich sind einige nicht Mitglieder der Nationalversammlung, andere wieder sind es -; je mehr Qualität im Kollektiv vorhanden ist, um so schwerer fällt die Wahl, denn es gibt von Mal zu Mal mehr geschulte Kader, die fähig sind, eine Aufgabe zu übernehmen.

In diesem Sinne erklärte ich in der Wahlkommission unter anderem auch, daß wir dabei sind zu analysieren, wie wir eine engere, systematischere Beziehung zwischen der Regierung und der Nationalversammlung herstellen können; ich legte ihnen unsere Idee dar, das Exekutivkomitee des Ministerrats und den Präsidenten der Nationalversammlung zu den systematischen Sitzungen, auf denen alle Regierungsfragen analysiert werden, einzuladen, damit die Nationalversammlung nicht nur die gesetzgebenden Aufgaben ausführt, sondern damit auch so weit wie möglich in die Durchführung der Entwicklungspläne des Landes einbezogen wird; um die Kader, die Erfahrung, die Talente der Nationalversammlung, ihrer Kommissionen zu nutzen; das ist auch eines der Dinge, die wir im Rahmen des Konzepts der Perfektionierung des Staates überdenken.

Hier werden wir die berühmte Gewaltenteilung des weltberühmten Montesquieu, die jetzt wieder in Mode gekommen ist – Dinge aus der Vorgeschichte kommen jetzt wieder ganz groß in Mode -, nicht wiederholen; hier gibt es nur eine Gewalt, und das ist die Macht des Volkes und die Macht der Revolution, die verschiedene Funktionen ausübt. Und diese Funktionen sind unabhängig voneinander, es sind keine vom Staat unabhängigen oder freien Organe, sondern es sind unabhängige Funktionen, die in Übereinstimmung mit den Gesetzen die Aufgaben der Regierung, die Aufgaben der Nationalversammlung, die Aufgaben des Gerichtshofes, die Aufgaben der Staatsanwaltschaft, etc. erfüllen müssen, und zwar auf kompetente und richtige Art und Weise.

Hier gehen wir nicht von der Doktrin der berühmten Gewaltenteilung aus, die auf Scheinheiligkeit hinausläuft. Denn bei einer konservativen Regierung, wie z. B. in den Vereinigten Staaten, werden die starrköpfigsten Richter des Landes ausgesucht und für immer und ewig auf die Posten gesetzt. Sie sind Funktionäre des kapitalistischen Systems und dienen dazu, das kapitalistische System gemäß ihrer alten Schule und ihrem politischen Denken zu verteidigen. Es steckt tatsächlich eine gewaltige Scheinheiligkeit hinter dieser Gewaltenteilung.

Wir sind da ehrlicher und sagen: Es herrscht Einheit im Staat, es gibt unabhängige Funktionen, aber es gibt keine Teilung der Gewalten, Gewaltenteilung gibt es innerhalb unseres Staates nicht. Und wieviele von diesen und ähnlichen Doktrinen anderswo auch in Mode sein mögen, wir tun gut daran, noch einmal zu wiederholen, daß der Sinn unseres Prozesses der Berichtigung von Fehlern unter anderem darin liegt, die Revolution zu stärken, die Revolution zu vertiefen. Das ist unser Ziel. Unter den Bedingungen, die wir gegenwärtig durchleben, in der Welt, in der wir gegenwärtig leben, ist das mehr denn je notwendig, und es ist notwendig, diesen Prozeß der Berichtigung, für den wir ununterbrochen gearbeitet haben, zu beschleunigen, denn noch immer gibt es viel zu tun.

Deshalb nutze ich diese Gelegenheit, um meine Gedanken darzulegen. Ich glaube, hier sind auch Vertreter‘ der Presse anwesend, einige von ihnen haben den Sinn unserer Sitzung im Zentralkomitee richtig erfaßt, andere wiederum gerieten in Verwirrung und stellten sich, aufgrund der Unkenntnis unseres Landes vor, daß wir sonst etwas machen würden. Wir sind ein kleines Land in der Karibik, und ich glaube, unser Land hat große Verdienste, enorme Verdienste errungen, aber es ist keine Großmacht, und wenn wir hier etwas tun, erfährt oft niemand davon, oder die Nachrichtenmonopole verhindern, daß jemand etwas erfährt. Auch wenn wir bestimmte Ideen seit Jahren umsetzen, gelingt es ihnen, wenn sie wollen, das als etwas Neues darzustellen. Aber der gegenwärtige Augenblick ist sehr wichtig, er ist entscheidend für das Leben in unserem Land, für die Geschichte unseres Landes, sogar für die Geschichte der Welt ist dieser Moment wichtig. Wir haben heilige Fahnen zu verteidigen, Fahnen, die uns sehr heilig sind! Und wir werden sie bis zur letzten Konsequenz zu verteidigen wissen. Daß man sich ja nicht irrt! Hier in den Tropen, auf dieser Insel in der Karibik liegen die Dinge anders! Und diejenigen, die das noch nicht wissen, sollten das zur Kenntnis nehmen.

Ich glaube, heute haben wir mit der Wahl der neuen Leitung der Nationalversammlung einen wichtigen Schritt in diese Richtung getan. Ich werde den Kandidaten nicht loben, nachdem er bereits gewählt worden ist, aber ich glaube, daß sein Lebenslauf zu stark zusammengefaßt wurde. Denn ich erinnere mich, daß Juan Escalona zur Zeit des Krieges in Angola war, im Jahre 1975, im Generalstab des MINFAR, zuerst ging er unter der Leitung Furrys nach Angola, dann ging er unter der Leitung Acevedos nach Angola, und dann blieb Escalona allein in Angola, und ich bin Zeuge, wie er in dieser schwierigen Situation, in der enorme Anstrengungen unternommen werden mußten, in der Zehntausende und Aberzehntausende von Männern in nur wenigen Wochen nach Angola entsandt werden mußten, seinen Mann gestanden hat. Seine Arbeit im dortigen Generalstab fand ich nicht erwähnt, als ich seinen Lebenslauf las. Und ihr alle hier habt ihn diskutiert.

Eine Genossin der Wahlkommission sprach voller Enthusiasmus und Lob von seiner Arbeit im Justizministerium; ändere sprachen von seinem Prestige, von seiner Rolle während der Verhandlung des Falles No. 1, von seiner Beliebtheit unter der Bevölkerung, vom Respekt ihm gegenüber und von seinem Ansehen.

Ich bin sicher, daß das ganze Volk auf diese Wahl, sowohl auf die von Juan, als auch auf die von Zoila, sehr positiv reagiert. Und das bedeutet nicht, daß wir keine große Wertschätzung und enorme Hochachtung für den Genossen Severo, unseren Veteranen, empfinden.

Severo war bereits ein Kommunist in unseren Reihen, als viele der hier Anwesenden noch nicht einmal geboren waren, und er diente der Revolution treu. Er sagt, er ist 78 Jahre alt, niemand wird es ihm glauben, denn er sieht kräftig aus, er sieht gesund aus. Die Natur war wohlwollend mit ihm, war großzügig mit ihm, aber er sagt es selbst: 78 Jahre. Und es war das Leben eines Revolutionärs der Erfüllung all der Funktionen gewidmet, die die Revolution ihm übertragen hatte: auf Verwaltungsposten, auf politischen Posten, auf diplomatischen Posten und hier, in der Nationalversammlung.

Was werden sie nun sagen, daß wir Severo "herausgesäubert" haben? Sie bringen es sogar fertig, in einer Überschrift zu schreiben: "Präsident der Nationalversammlung von Castro herausgesäubert" Und jedesmal behaupten sie, Castro hat die Schuld. Das beunruhigt mich nicht weiter, aber sie haben eben ihren Stil und das Konzept, alles, was wir tun, zu individualisieren.

Sie schreiben mir auch Verdienste zu, natürlich fast nie, aber immerhin, manchmal schreiben sie einem Individuum einen Verdienst zu, der einzig und allein dem ganzen Volk gebührt. Im allgemeinen haben sie im Westen diese Führervorstellung im Kopf: Castro hat etwas eingeführt und hat etwas abgeschafft, hat gesäubert und hat Nachsicht geübt. Aber ich möchte hier vor allen sagen, vor unseren Landsleuten und denen aus dem Ausland: Wir empfinden große Wertschätzung, große Hochachtung und großen Respekt für den Genossen Severo, der bis vor kurzem noch Präsident der Nationalversammlung war. (Beifall)

Wir sind heute einen wichtigen Schritt gegangen, einen Schritt der uns stärkt, der uns voranbringt. Wie sehr gefiel mir, was Juan gesagt hat und auf welche Art er es gesagt hat: daß, wenn es zu einer Aggression käme, die Abgeordneten mit der Waffe in der Hand den Gegner vernichten werden. Wie: sehr gefiel mir das! Denn was er gesagt hat, wird ohne Zweifel eintreten, wenn man uns angreift. Wir werden den Gegner vernichten. Daran kann es keinen Zweifel geben! (Beifall) Auch wenn er all seine Kraft einsetzte, auch wenn er unser Nationalgebiet besetzen sollte. In diesem Wespennest wird sich niemand halten können. Hier wird es nicht nur eine Front geben, hier wird es Tausende von Fronten geben, alles wird sich in Kampffront verwandeln, falls der Gegner uns angreift. Das ist die Überzeugung und die Sicherheit, die wir haben.

Ich sage es sonst nicht, ich halte mich eher an die Parole. Ich sage nicht: "Glaubt uns!", sondern wir sagen: "Wartet ab, was passiert!". Auch denen, die ihre Koffer schon gepackt haben: Wartet ab, was passiert! Denen, die glauben, daß die Revolution in sich zusammenfallen wird, wie ein Baiser: Wartet ab, was passiert!

Damit es nicht nach Prahlerei aussieht, sagen wir nie, daß wir die Aggressoren unseres Vaterlandes, einen nach dem anderen, wie Kakerlaken zerquetschen werden. Das sagen wir nicht, sondern wir sagen: Wartet ab, was passiert! Und wir wissen genau, was passieren wird, daran haben wir nicht den geringsten Zweifel.

Mir haben diese kurzen, bewegten und optimistischen Worte, dieses Konzept des Genossen Escalona gefallen, denn er sagte: … und wir werden erneut in dieser Versammlung zusammentreten, und wir werden weiter Gesetze machen … Das ist optimistisch, denn er glaubt offensichtlich nicht, daß ihn die Kugeln treffen könnten. Oder sollte Juan etwa eine kugelsichere Weste haben? (Lachen)

Wir werden erneut zusammentreten, oder Ihr werdet erneut zusammentreten, oder das Volk, das ewige und unsterbliche Volk wird erneut zusammentreten!

Sozialismus oder Tod!
Vaterland oder Tod!
Venceremos!

(Stürmischer Beifall)


Quelle: Verlag José Martí