Ulli und Renate Fausten, deutsche "Granma Internacional", Havanna

Liebe "Cuba Libre",

wenn die Redaktion der deutschen "Granma Internacional" der heimischen "Cuba Libre" zu ihrem 40. Geburtstag gratuliert, dann ist das quasi eine Grußbotschaft von Sisyphus an Sisyphus.

CUBA LIBRE, Zeitschrift der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Was uns von euch unterscheidet, ist unter anderem, dass wir uns den Zeitungsartikel, den Fernsehbeitrag oder was auch immer es ist, das den soeben hochgerollt geglaubten Felsen wieder unfehlbar zum Abwärtskullern bringt, nicht antun müssen. Ihr dagegen seid an der Manipulation, die sich als Nachricht kostümiert, seid an all dem Lügen, Dekontextualisieren und Verschweigen näher dran als wir. Etwas, worum wir euch wahrlich nicht beneiden.

Unser aller Klientel, das sind die von den sogenannten "freien Medien" (mit dem unverdienten, aber hart erarbeiteten Ruf von Seriosität) Geimpften, die nach gnadenlos grimmigem Meinungsbombardement in Sachen Kuba, Venezuela und progressive Kräfte generell wieder behutsam in Wahrheitsnähe bugsiert werden müssen. Wir alle wissen, was für ein elend mühsames Geschäft das ist. Aber es ist nun mal unseres und es versteht sich auch niemand besser darauf als wir und ihr.

"Ihr seid ja befangen! Da glauben wir doch lieber der ARD Tagesschau, dem ZDF heute journal oder der Deutschen Welle. Die sehen das aus der Distanz und deshalb auch objektiver." Ja, kennt ihr das auch? Wie schön, wenn man unter den wohlfeilen Argumenten alte Bekannte trifft! Aber, Hand aufs Herz, unintelligent ist diese Position nicht. Sie baut auf kindliches Urvertrauen. Warum sollten uns diese schon beinahe familiären Quellen denn die Unwahrheit sagen?

Ihr müsst euch in Deutschland gegen eine gewisse Schläue zur Wehr setzen. Das müssen wir in Kuba nur zum Teil. Wir haben es zum einen mit Antipoden mit dem Hirn eines Donald Trump oder Jair Bolsonaro zu tun. Und wenn diese wieder mal Äußerungen von sich geben, wie "Das Embargo (gemeint ist die Blockade) soll ja nur der Regierung Kubas schaden. Dem armen Volk wollen wir doch damit helfen", dann reagiert unser Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla in gerechter Empörung, aber sein Blutdruck wird dabei den Wert von 120 zu 80 nicht merklich verlassen. Die Reaktion auf solche Ungeheuerlichkeit ist ein inzwischen seit 60 Jahren praktiziertes notwendiges Ritual.

Aber da gibt es auch jene, die nicht so plump argumentieren. Intellektuelle, die scheinbar auf Seiten der Revolution stehen und subtil ihre Nadelstiche ansetzen. Ihre Artikel enthalten zum Teil berechtigte Kritik, aber das eigentliche Ziel, das sie verfolgen, ist Kubas Rückkehr zum Kapitalismus. Die Geldgeber von Gruppen wie beispielsweise OnCuba haben klar erkannt, dass Angriffe, die sich als wissenschaftlich und patriotisch tarnen, bedeutend wirkungsvollere Zersetzungsarbeit leisten als jene, bei denen man sofort erkennt, worauf sie hinauslaufen.

Trotzdem sind die Umfelder, aus denen heraus "Cuba Libre" und "Granma Internacional" versuchen, Gegenöffentlichkeit zu schaffen, sehr unterschiedlich. Ihr müsst die Menschen erst wachrütteln und ihnen die Zusammenhänge erklären.

Wir hingegen sitzen auf einem Pulverfass und wissen nicht, was uns der kommende Tag bringt. Kommen die Schiffe mit dem Rohöl durch? Können wir die Rechnungen bezahlen oder verweigert die Bank die Dienste? Schaffen wir es ohne Stromabschaltungen? Was passiert mit Venezuela? Welche neuen Erpressungen werden sie sich ausdenken?

Machen wir also weiter, jeder an seinem Platz – wir in der Hitze der Kriegsgefahr und ihr in der Kälte des falschen Spiels. Uns bleibt ja gar nichts anderes übrig. Oder, um einen schon etwas in die Jahre gekommenen Ausspruch des Che zu zitieren: Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche!

CUBA LIBRE

CUBA LIBRE 1-2020