Welche Wichtigkeit hatte es, daß ein kubanisches Zivilflugzeug mit 73 Menschen an Bord während des Fluges zerstört wurde?

Ansprache des Präsidenten der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, während der Offenen Tribüne der Revolution zum Gedenken an den 25. Jahrestag des Verbrechens von Barbados, auf dem Platz der Revolution am 6. Oktober 2001.


Gedenken an den 25. Jahrestag des Verbrechens von Barbados

Foto: Granma


Mitbürger:

Die Geschichte bewegt sich willkürlich durch seltsame Labyrinthe. Vor 25 Jahren verabschiedeten wir auf diesem selben Platz einige wenige Särge mit menschlichen Überresten und persönlichen Wertgegenständen von einigen der 57 Kubaner, 11 Bürger Guyanas, von denen die meisten in Kuba studierten, und 5 koreanischen Kulturfunktionäre, die als Folge eines brutalen und unglaublichen Terroraktes starben. Besonders bewegend war der Tod der gesamten Männer- und Frauen- Juniorenfechtmannschaft, die mit allen bei einer mittelamerikanischen Meisterschaft in dieser Disziplin errungenen Goldmedaillen zurückkehrte.

Eine Million Mitbürger, soviel wie heute, verabschiedeten mit Tränen in den Augen, die oftmals über ihre Gesichter liefen, auf eine mehr symbolische als reelle Weise unsere Brüder und Schwestern, deren Körper auf dem Grund des Ozeans lagen.

Außer einer Gruppe von befreundeten Persönlichkeiten und Institutionen teilte niemand unseren Schmerz; es gab weder Betroffenheit auf der Welt noch schwerwiegende politische Krisen, Sitzungen der UNO oder unmittelbare Kriegsgefahren.


Möglicherweise begriffen nur wenige auf der Welt die schreckliche Bedeutung dieses Ereignisses. Welche Wichtigkeit hatte es, daß ein kubanisches Zivilflugzeug mit 73 Menschen an Bord während des Fluges zerstört wurde? Es war fast etwas Gewöhnliches. Waren nicht bereits Tausende von Kubanern bei der Sabotage des Schiffes La Coubre, im Escambray-Gebirge, in der Schweinebucht und bei Hunderten von terroristischen Aktionen, piratenähnlichen Angriffen und anderen Geschehnissen dieser Art getötet worden? Wer würde den Anklagen eines kleinen Landes Bedeutung beimessen? Scheinbar genügte ein einfaches Leugnen seitens des mächtigen Nachbarn und seiner Massenmedien, mit denen er die Welt überflutete, um die Angelegenheit zu vergessen.

Wer konnte damals voraussagen, daß fast genau 25 Jahre später ein Krieg mit unvorhersehbaren Folgen aufgrund eines gleichermaßen abscheulichen Terroranschlags, der Tausende von unschuldigen Menschenleben in den USA kosten sollte, unmittelbar bevorstehen würde? Während damals als trauriges Vorzeichen unschuldige Bürger mehrerer Länder starben, sollten diesmal Menschen aus 86 Nationen ihr Leben verlieren.

Damals wie heute blieben nur einige Überreste der Opfer. In Barbados konnte kein einziger Leichnam geborgen werden; in New York nur einige wenige und nicht alle konnten identifiziert werden. In beiden Fällen wurden die Familienangehörigen durch eine immense Leere und unendliche Angst erfüllt; das schreckliche Verbrechen führte in jedem der beiden Völker zu unerträglichem Schmerz und tiefer Wut. Es handelte sich nicht um einen Unfall, mechanische Defekte oder menschliches Versagen; es waren absichtliche und kaltblütig geplante und durchgeführte Taten.

Es gab trotzdem einige Unterschiede zwischen dem monströsen Verbrechen von Barbados und dem unglaublichen und unheilvollen Terroranschlag gegen das Volk der USA: in den Vereinigten Staaten war es das Werk von Fanatikern, die bereit waren, gemeinsam mit ihren Opfern zu sterben; in Barbados handelte sich um das Werk von Söldnern, die nicht das geringste Risiko eingingen. Jene in den USA verfolgten offensichtlich nicht als Hauptabsicht, die Passagiere zu töten; sie entführten die Flugzeuge, um die Twin Towers und das Pentagon-Gebäude anzugreifen, wobei ihnen der Tod der unschuldigen Menschen, die in den Flugzeugen reisten, absolut egal war; in Barbados war das Hauptziel der Söldner die Ermordung der Passagiere.

In beiden Fällen muß die Angst der im Flugzeug Reisenden in den letzten Minuten ihres Lebens - besonders der Passagiere der vierten in den USA entführten Maschine, die bereits von den Ereignissen in New York und Washington wußten – schrecklich gewesen sein, ähnlich der Angst der Besatzung und der Passagiere bei dem verzweifelten Versuch des kubanischen Flugzeugs, auf den Boden zurückzukehren, als das Erreichen dieses Ziels bereits unmöglich war. Auch in beiden Fällen konnte man Mut und Entschlossenheit wahrnehmen: in Barbados durch die aufgezeichneten Stimmen der kubanischen Besatzung; in den Vereinigten Staaten durch Berichte aus diesem Land über die von Passagieren eingenommene Haltung.

Von den schrecklichen Ereignissen in New York blieben bewegende Fernsehbilder; von der Explosion des Flugzeuges in Barbados und seines Absturzes ins Meer blieb nicht ein einziges Foto, was auch gar nicht möglich war; man konnte einzig und allein über die dramatischen Gespräche zwischen den Besatzungsmitgliedern der tödlich getroffenen Maschine und dem Tower des Flughafens von Barbados verfügen.

Zum ersten Mal in der Geschichte Lateinamerikas kam es zu einer aus dem Ausland betriebenen Tat dieser Art.

In unserer Hemisphäre begann der systematische Gebrauch solcher grausamer und furchterregender Praktiken und Vorgehensweisen im Bereich der Politik eben genau gegen unser Land. Dem ging seit 1959 eine andere gleichsam absurde und unverantwortliche Praktik voraus: die Entführung und erzwungene Kursänderung von Flugzeugen mitten im Flug, ein Phänomen, das man bis dahin auf der Welt praktisch nicht kannte.

Das erste Ereignis dieser Art war die Entführung eines Passagierflugzeugs des Typs DC-3 auf der Route von Havanna nach Isla de la Juventud durch einige ehemalige Mitglieder der Repressionsorgane der Batista-Diktatur, die am 16. April 1959 das Flugzeug vom Kurs abbrachten und den Piloten zwangen, nach Miami zu fliegen. Es waren noch keine vier Monate seit dem Sieg der Revolution vergangen. Die Tat wurde nicht bestraft.

Zwischen 1959 und 2001 wurden insgesamt 51 kubanische Flugzeuge entführt und fast alle in die Vereinigten Staaten gewaltsam umgeleitet. Viele dieser entführten Flugzeuge wurden dem Land nie zurückgegeben. Nicht wenige Piloten, Wachleute und andere Personen wurden ermordet oder verletzt; einige Flugzeuge wurden als Folge von fehlgeschlagenen Entführungsversuchen zerstört oder schwer beschädigt.

Die Folge war, daß die Plage der Flugzeugentführungen inmitten des Fluges sich schnell auf die USA selbst ausbreitete, wo überwiegend verrückte Personen, Abenteurer oder gemeine Kriminelle, sowohl US-amerikanischer als auch lateinamerikanischer Herkunft, aus den verschiedensten Motiven damit begannen, Flugzeuge mit Schußwaffen, Messern und Molotow-Cocktails zu entführen, und nicht wenige Male mit einfachen Wasserflaschen, die den Eindruck erwecken sollten, sie seien mit Benzin gefüllt, womit sie drohten, die Flugzeuge in Brand zu stecken.

Dank der Sorgfalt unserer Behörden kam es zu keinem einzigen Unfall bei der Landung, die Passagiere bekamen immer eine angemessene Betreuung und wurden sofort zu ihren Abflugorten zurückgebracht.

Der größte Teil der Entführungen und erzwungenen Kursänderungen von kubanischen Flugzeugen geschah zwischen 1959 und 1973. Angesichts des Risikos, daß es zu einer Katastrophe in den USA oder in Kuba kommen könnte – denn es gab sogar Entführer, die mit dem Flugzeug in ihrer Gewalt damit drohten, die Maschine am Atomkraftwerk von Oak Ridge zerschellen zu lassen, wenn bestimmten Forderungen nicht nachgekommen würde -, ergriff die Regierung Kubas die Initiative, der US-Regierung – mit Richard Nixon als Präsident und William Rogers als Außenminister – ein Abkommen über die Behandlung der Fälle von Flugzeugentführungen und Meerespiraterie vorzuschlagen. Der Vorschlag wurde akzeptiert und man arbeitete mit Hochdruck an der Anfertigung des besagten Abkommens, das von den Vertretern beider Regierungen am 5. Februar 1973 unterzeichnet und unmittelbar darauf in der Presse unseres Landes veröffentlicht wurde, wobei man es ausführlich verbreitete.

In diesem vernünftigen und gut ausgearbeiteten Abkommen wurden harte Strafen bei der Entführung von Flugzeugen und Schiffen festgelegt. Es war abschreckend. Seit diesem Zeitpunkt verringerte sich die Zahl der Entführungen von kubanischen Flugzeugen beträchtlich und in mehr als zehn Jahren kam es in unserem Land nur zu fehlgeschlagenen Versuchen.

Dieses vorbildliche und wirksame Abkommen bekam mit dem brutalen terroristischen Attentat, durch das ein kubanisches Flugzeug mitten im Flug zur Explosion gebracht wurde, einen vernichtenden Schlag versetzt. Aufgrund einer solch unglaublichen Aggression und unter Berücksichtigung dessen, daß die Tat inmitten einer Ende 1975 entfesselten neuen terroristischen Welle gegen Kuba geschah, kündigte die kubanische Regierung im Einklang mit den festgelegten Klauseln das Abkommen, obwohl sie die in selbigem enthaltenen Maßnahmen gegen die Entführung US-amerikanischer Flugzeuge unangetastet ließ, darunter die Verhängung von harten Strafen, die in Übereinstimmung mit dem besagten Abkommen beträchtlich auf bis zu 20 Jahre Gefängnis erhöht worden waren. Bereits vor dem Abkommen hatten die kubanischen Gerichte die in unserem Strafgesetzbuch vorgesehenen Strafen bei Flugzeugentführungen verhängt, obgleich diese weniger hart waren.

Trotz der rigorosen Anwendung der Strafen kam es weiter zu einigen Entführungen von US-amerikanischen Flugzeugen, die zur Kursänderung in Richtung unseres Landes gezwungen wurden. Nachdem sie frühzeitig genug darauf hingewiesen hatte, übergab die Regierung Kubas den Vereinigten Staaten am 18. September 1980 zwei Entführer und unterstellte sie der Verfügung der US-Behörden.

In dem Zeitraum zwischen September 1968 und Dezember 1984 sind 71 Entführungsfälle von Flugzeugen registriert, die gewaltsam nach Kuba umgeleitet wurden. Es ist erwiesen, daß 69 Beteiligte an den erwähnten Entführungen vor Gericht gestellt und zu Freiheitsstrafen zwischen 3 und 5 Jahren verurteilt wurden; später, ausgehend von dem Abkommen von 1973, schwankten die Strafen zwischen 10 und 20 Jahren.

Als Ergebnis dieser von Kuba ergriffenen Maßnahmen besteht die Tatsache, daß es seit 17 Jahren zu keiner einzigen Entführung oder erzwungenen Kursänderung eines US-Flugzeugs mehr gekommen ist.

Was war dagegen die Haltung der US-Regierungen? Von 1959 bis heute haben die US-amerikanischen Behörden keine einzige von den Hunderten von Personen bestraft, die Dutzende von kubanischen Flugzeugen entführt und zur Kursänderung gezwungen haben, nicht einmal diejenigen, die Morde begingen, um die Entführung durchzuführen.

Man kann sich kein größeres Fehlen von elementarer Gegenseitigkeit oder einen größeren Anreiz zum Entführen von Flugzeugen und Schiffen vorstellen. Diese inflexible Politik wurde ohne eine einzige Ausnahme über mehr als 42 Jahre beibehalten.

Das konstruktive Abkommen zwischen den Regierungen Kubas und der USA über Entführungen von Flugzeugen und Schiffen, deren Ergebnisse man sofort bemerken konnte, wurde zum Schein von den Hauptanführern der terroristischen Gruppen befolgt. Einige hatten aktiv an der Organisierung des irregulären Krieges mittels bewaffneter Banden mitgearbeitet oder teilgenommen, die sich zu bestimmten Zeitpunkten auf die sechs damaligen Provinzen des Landes ausbreiteten. Die Mehrheit von ihnen war von der Regierung der Vereinigten Staaten in den Tagen der Schweinebucht-Invasion, der Oktoberkrise und in darauffolgenden Jahren rekrutiert worden, um an jeder Art von gewaltsamen Aktionen teilzunehmen, besonders an Attentatsplänen und terroristischen Aktionen, die keinen Bereich des wirtschaftlichen und sozialen Lebens, kein Mittel, keine Vorgehensweise und keine Waffe ausschließen.

Sie durchliefen alle Arten von Institutionen, Schulen und Ausbildungen, gelegentlich, um sie zu trainieren, und manchmal mit dem Ziel, ihnen Unterhaltung zu bieten.

Dramatische Ereignisse wie die Ermordung Kennedys führten zu bedeutenden Untersuchungen - wie derjenigen, die eine Kommission des US-Senats durchführte -, die verfängliche Situationen und große Skandale entstehen ließen. Sie zwangen zu Veränderungen der Taktiken, aber in Wirklichkeit niemals zu irgendeiner Änderung der Politik gegenüber Kuba. Aus diesem Grund kamen nach Perioden relativer Ruhe neue Wellen des Terrorismus auf.

So geschah es Ende 1975. Die Church-Kommission hatte am 20. November dieses Jahres ihren berühmten Bericht über die Attentatspläne gegen Führungspersönlichkeiten Kubas und anderer Länder vorgelegt. Die Central Intelligence Agency (CIA) konnte nicht weiter die direkte Verantwortung für die Attentatspläne und terroristischen Aktionen gegen Kuba übernehmen. Die Formel war einfach: das vertrauenswürdigste und am besten ausgebildete terroristische Personal würde die Form von unabhängigen Gruppen annehmen, die auf eigene Rechnung und Verantwortung agierten. Auf diese Weise entsteht plötzlich eine seltsame gemeinschaftliche Organisation namens CORU, zusammengesetzt aus den wichtigsten terroristischen Gruppen, die in der Regel wegen Führungsambitionen und Interessenkonflikten kräftig gespalten waren. Es wird eine Welle von gewaltsamen Aktionen dieser Art entfesselt. Um einige zu nennen, ausgesucht unter den zahlreichen und bedeutenden Terrorakten, die in dieser neuen Etappe stattfanden, kann ich darauf hinweisen, daß es in nur vier Monaten zu den folgenden kam:

- Angriff aus Florida kommender piratenartiger Boote auf zwei Fischerboote am 6. April 1976, was zum Tod eines Fischers und schweren Schäden an den Booten führte.

- Bombenanschlag auf die kubanische Botschaft in Portugal am 22. April, der den Tod zweier kubanischer Funktionäre, weitere Schwerverletzte und die vollständige Zerstörung des Gebäudes verursacht.

- Attentat mit Sprengsätzen gegen die Diplomatische Vertretung Kubas bei der UNO am 5. Juni, was schwere Sachschäden zur Folge hat.

- Kurz vor dem Verladen an Bord explodiert am 9. Juli eine Bombe in dem Wagen, in dem das Gepäck des Fluges der Airline Cubana de Aviación auf dem Flughafen von Kingston, Jamaika, transportiert wurde.

- Am 10. Juli detoniert eine Bombe in den Büros der Firma British West Indies en Barbados, die die Interessen der Airline Cubana de Aviación in diesem Land vertrat.

- Ermordung eines Fischereitechnikers während des Versuchs der Entführung des kubanischen Konsuls in der mexikanischen Stadt Mérida am 24. Juli.

- Entführung und Verschwindenlassen von zwei Funktionären der kubanischen Botschaft in Argentinien am 9. August. Von beiden hörte man nie wieder etwas.

- Am 18. August explodiert eine Bombe in den Büros der Fluggesellschaft Cubana de Aviación in Panama, was zu beträchtlichen Schäden führt.

Wie man sehen kann, handelt es sich um einen wahrhaften Krieg. Einige Anschläge zielen auf die Fluggesellschaften.

Die Zeitung New York Times und die Zeitschrift U.S. News and World Report , zwei namhafte US-Presseorgane bezeichneten dies als eine neue Welle des Terrorismus gegen Kuba.

Die Gruppen, aus denen sich die Organisation CORU zusammensetzte – die in den ersten Monaten des Jahres 1976 mit ihren Operationen begann, obwohl sie formell erst im Juni dieses Jahres gegründet wurde -, gaben in den USA öffentliche Erklärungen ab, in denen sie sich jede der durchgeführten Aktionen selbst zuschrieben. Sie schickten die Kriegsberichte – so bezeichneten sie dies – von Costa Rica aus an die Presse in Miami. Im August veröffentlichte eines ihrer Presseorgane einen Artikel mit diesem selben Namen: " Kriegsbericht", in dem die Zerstörung der kubanischen Botschaft in Kolumbien geschildert wurde. Das war der Tag, an dem die Organisation nicht zögerte, ein Kommuniqué zu veröffentliche, das eine Schlüsselbedeutung hat, unterzeichnet von den fünf terroristischen Gruppen, die die CORU bildeten: " Sehr bald werden wir Flugzeuge während des Fluges angreifen."

Zur Ausführung ihrer Anschläge benutzten die Terroristen der CORU ohne Schwierigkeiten als Hauptoperationsbasen die Staatsgebiete der Vereinigten Staaten, Puerto Ricos, des von Somoza regierten Nicaraguas und des von Pinochet regierten Chiles.

Weniger als acht Wochen später sollte das kubanische Flugzeug in Barbados mit 73 Menschen an Bord mitten im Flug zerstört werden.

Hernán Ricardo und Freddy Lugo, zwei venezolanische Söldner, die die Bomben während des Fluges von Trinidad-Tobago nach Barbados legten und dort aus dem Flugzeug ausstiegen, kehrten nach Trinidad zurück, wurden dort verhaftet und gestanden sofort ihre Beteiligung an dem Verbrechen.

Der Polizeichef von Barbados erklärte vor einer Untersuchungskommission, daß Ricardo und Lugo zugaben, für die CIA zu arbeiten. Er fügte hinzu, daß Ricardo eine Karte der CIA aus der Tasche gezogen habe und eine weitere, auf der die Regeln für den Gebrauch des C-4-Plastiksprengstoffes erklärt wurden.

Am 24. Oktober 1976 kommentierte die New York Times, daß " die Terroristen, die während der letzten beiden Jahre eine Attentatswelle in sieben Ländern entfesselten, Produkte und Instrumente der CIA waren".

Die Zeitung Washington Post erklärte, daß die bestätigten Kontakte mit der US-Botschaft in Venezuela "zweifeln ließen" an der am 15. Oktober vom Außenminister der Vereinigten Staaten, Henry Kissinger, abgegebenen Erklärung, in der es sinngemäß hieß, daß " niemand, der mit der US-Regierung in Verbindung steht, mit der Sabotage des [kubanischen] Flugzeugs zu tun hatte".

Der Korrespondent der mexikanischen Zeitung Excelsior kommentierte damals von Port of Spain aus, daß "man mit dem Geständnis von Hernán Ricardo Lozano, dem hier in Trinidad verhafteten Venezolaner, über seine Verantwortung für das Attentat gegen ein Flugzeug der Fluggesellschaft Cubana, das an der Küste von Barbados mit 73 Menschen an Bord ins Meer stürzte, kurz davor ist, ein wichtiges gegen Castro gerichtetes terroristisches Netzwerk aufzudecken, das in irgendeiner Weise mit der CIA in Verbindung steht".

Die Zeitung Le Monde schrieb, daß die Verbindungen der CIA zu terroristischen Gruppen kubanischer Herkunft, die sich auf dem Boden der USA bewegten, öffentlich bekannt seien.

Viele der ernsthaftesten internationalen Presseorgane äußerten sich im gleichen Sinn.

Luis Posada Carriles und Orlando Bosh, die geistigen Urheber des terroristischen Verbrechens, seit 1960 mit der CIA in Verbindung stehend, werden verhaftet und inmitten von kolossalem Druck einem verworrenen, von Irregularitäten geprägten Prozeß unterworfen. Die venezolanische Richterin Delia Esteba Moreno eröffnete ein Justizverfahren gegen sie wegen Mord, Herstellung und Gebrauch von Feuerwaffen und Herstellung und Tragens von gefälschten Dokumenten. Ihre würdige Haltung weckte die heftige Reaktion der rechtsextremen politischen kubanisch-venezolanischen Mafia.

Der General Elio García Barrios, Präsident des Obersten Militärgerichts, behielt eine standhafte und entschlossene Haltung bei, dank derer beide Terroristen einige Jahre im Gefängnis verbringen mußten. Die terroristische Mafia von Miami rächte sich, indem sie 1983 einen seiner Söhne mit Gewehrkugeln durchlöcherte.

Posada wird von der Cuban American National Foundation (CANF) befreit, die 50.000 Dollar über Panama schickt, um die Flucht zu finanzieren; am 18. August 1985 flieht Posada. Innerhalb von Stunden taucht er in El Salvador auf. Dort besuchten ihn kurz nach seiner Ankunft die wichtigsten Anführer der CANF. Es war die Zeit des schmutzigen Krieges in Nicaragua. Sofort beginnt Posada unter Anleitung des Weißen Hauses wichtige Aufgaben bei der luftgestützten Versorgung der konterrevolutionären Banden in Nicaragua mit Waffen und Sprengkörpern zu erfüllen.

Die kalte Zahl von 73 in Barbados ermordeten unschuldigen Menschen sagt nicht alles aus über den Sinn und die Tragweite der Tragödie.

Möglicherweise verstehen die US-Amerikaner dies besser, wenn sie die Bevölkerung Kubas von vor 25 Jahren mit derjenigen der Vereinigten Staaten vom 11. September 2001 vergleichen. Der Tod von 73 Personen in einem in der Luft zur Explosion gebrachten kubanischen Flugzeug ist das, was es für das Volk der USA bedeuten würde, wenn sieben Flugzeuge US-amerikanischer Airlines mit jeweils mehr als 300 Passagieren am gleichen Tag und zur gleichen Stunde durch eine terroristische Verschwörung mitten im Flug zerstört würden.

Wenn wir ein bißchen weitergehen und die 3.478 Kubaner berücksichtigen, die in mehr als 42 Jahren durch die aggressiven Aktionen zu Tode gekommen sind, einschließlich der Schweinebucht-Invasion und aller Terrorakte mit Ursprung in den USA, die Kuba erlitten hat, ist dies so, als ob in den Vereinigten Staaten

88.434 Menschen umgekommen wären, eine Zahl, die fast den US-Amerikanern entspricht, die in den Kriegen in Korea und Vietnam zusammen starben.

All das, was ich hier anprangere, ist nicht von Gefühlen des Hasses oder der Rachsucht erweckt. Ich verstehe, daß die US-amerikanischen Regierungsbeamten nicht einmal den Wunsch haben, zu hören, wie über diese heiklen Themen gesprochen wird. Sie sagen, man müsse nach vorne schauen.

Es wäre blind, nicht zurückzuschauen, um zu erkennen, wo die Fehler liegen, die nicht wiederholt werden dürfen, welche die Gründe sind für große menschliche Tragödien, Kriege und andere Katastrophen, die vielleicht hätten verhindert werden können. Es gibt keinen Grund, warum es an irgendeinem Ort der Welt den Verlust von unschuldigen Menschenleben geben müßte.

Wir haben aufgerufen zu dieser grandiosen Kundgebung gegen den Terrorismus als eine Ehrerbietung und ein Tribut an die Erinnerung unserer vor 25 Jahren in Barbados ums Leben gekommenen Schwestern und Brüder, doch sie ist auch ein Ausdruck der Solidarität mit den Tausenden von unschuldigen Menschen, die in New York und Washington starben, und ein Ausdruck der Verurteilung des gegen sie begangenen brutalen Verbrechens, auf der Suche nach Wegen, die zur reellen und dauerhaften Beseitigung des Terrorismus, zum Frieden und nicht zu einem blutigen und unendlichen Krieg führen.

Ich hege die tiefste Überzeugung, daß die in den ersten 15 Jahren der Revolution aufgebauten Beziehungen zwischen den in den USA gegen Kuba gegründeten Terrorgruppen und den US-Behörden niemals abgebrochen wurden.

An einem Tag wie heute haben wir das Recht, uns zu fragen, welche Maßnahmen ergriffen werden hinsichtlich Posada Carriles und Orlando Bosh, die Verantwortlichen für den monströsen Terrorakt von Barbados, und hinsichtlich derer, die die Bomben planten und finanzierten, die in den Hotels der Hauptstadt gelegt wurden, sowie die Versuche zur Ermordung von kubanischen Führungspersönlichkeiten, die in mehr als 40 Jahren nicht eine Minute aufgehört haben.

Man fordert nicht viel, wenn man verlangt, daß Gerechtigkeit walten gelassen wird im Falle der Fachleute des Terrors, die vom Staatsgebiet der USA selbst damit fortgefahren haben, ihre zweifelhaften Methoden gegen unser Volk anzuwenden, um Terror zu säen und die Wirtschaft eines angefeindeten und blockierten Landes zu zerstören, dessen Territorium niemals ein terroristisches Gerät oder auch nur ein Gramm Sprengstoff verlassen hat, um ihn in den Vereinigten Staaten explodieren zu lassen. Niemals wurde als Folge einer aus Kuba kommenden Aktion auch nur ein einziger US-Amerikaner getötet oder verletzt, noch eine einzige große oder kleine Einrichtung in diesem immensen und reichen Territorium auch nur im geringsten beschädigt.

In dem weltweiten Kampf gegen den Terrorismus, bei dem wir verpflichtet sind, uns gemeinsam mit der UNO und dem Rest der Völkergemeinschaft daran zu beteiligen, stehen uns die erforderliche moralische Autorität und das Recht bei, die Beendigung des Terrorismus gegen Kuba zu verlangen. Der Wirtschaftskrieg, dem unser Volk seit mehr als 40 Jahre unterworfen ist, eine völkermörderische und brutale Aktion, muß ebenfalls beendet werden.

Unsere in Barbados gestorbenen Schwestern und Brüder sind nicht nur einzig und allein Märtyrer; sie sind auch Symbole des Kampfes gegen den Terrorismus, sie erheben sich heute als Giganten in dieser historischen Schlacht zur Beseitigung des Terrorismus vom Antlitz der Erde, dieser abscheulichen Methode, die so viel Schaden seinem Land verursacht und ihre Liebsten und ihr Volk so hat leiden lassen; ein Volk, das bereits beispielhafte Seiten in den Annalen seines Vaterlandes und seiner Epoche geschrieben hat. Das Opfer ihres Lebens war nicht unnütz. Die Ungerechtigkeit beginnt zu zittern angesichts eines energischen und starken Volkes, daß vor 25 Jahren aus Wut und Schmerz weinte und das heute aus Emotion, Hoffnung und Stolz weint, wenn es sich an sie erinnert.

Die Geschichte, mit aller ihrer Willkür, hat es so gewollt.

Mitbürger:

Im Namen der Märtyrer von Barbados:

Sozialismus oder Tod!

Vaterland oder Tod!

Wir werden siegen!

Fidel Castro Ruz
6. Oktober 2001, Platz der Revolution, Havanna

Quelle: Soldado de las Ideas