Debatten in Kuba

Einführende Worte.

Mit den Beiträgen von Iramís Rosique Cárdenas und Agustin Lage Dávila bringen wir in dieser Ausgabe der Cuba Libre zwei exemplarische Beispiele der lebendigen Debatte, die derzeit in Kuba zu verfolgen ist.

Diese gesellschaftliche Debatte ist die logische und auch notwendige Begleitung eines Prozesses, der mit dem VI. Parteitag der KP Kubas begann, auf dem das kubanische Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell für hinterfrag- und erneuerbar erklärt wurde. Die zahlreichen Veränderungen, die mit den letzten Endes über 300 beschlossenen "Líneamientos" verbunden waren, entfachten eine gesellschaftliche Debatte über das zu Bewahrende und das zu Erneuernde der Kubanischen Revolution.

Iramís Rosique Cárdenas, Mitglied der internationalen fortschrittlichen Intellektuelleninitiative "Red en Defensa de la Humanidad", kritisiert den Vorrang, welcher in seinen Augen in dieser Debatte einem einseitigen Ökonomismus zukommt. Sein Versuch, die Werte der kubanischen Revolution mit dem Begriff der Politischen Macht bei Foucault zu verbinden, mag ungewöhnlich sein. Er zeigt jedoch, dass die jungen kubanischen Intellektuellen von heute darum ringen, die gesellschaftliche Diskussion mit den gesellschaftlichen Phänomenen in Einklang zu bringen, die sie beobachten. Bemerkenswert ist, dass dieser Beitrag zuerst im Theorieorgan der KP Kubas, Cuba Socialista, erschien. Ein Hinweis darauf, in welcher Breite der Offenheit die Diskussion in Kuba derzeit geführt wird.

Die zweite Position, welche wir hier dokumentieren, ist ein Beitrag, den der ehemalige Leiter des Biotechnologie-Standorts Centro de Inmonulogía Molecular, Agustín Lage Dávila, auf seinem Blog veröffentlicht hat. Agustin Lage bereichert seit seiner Pensionierung die Debattenlandschaft in Kuba durch seine exzellenten Beiträge. Er ist ein Paradebeispiel für das politische Selbstverständnis, das viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Kuba antreibt. In seinem hervorragenden Beitrag "Kapitalismus, Unterentwicklung und das Ziel, beides zu überwinden" gibt er einen komprimierten und zugleich erhellenden Überblick über die Herrschafts- und Abhängigkeitsverhältnisse, die der Kolonialismus und Post-Kolonialismus über den Süden etabliert haben. Lage erinnert daran, dass diese globalen Unterdrückungsverhältnisse bis heute den Kontext darstellen, in dem sich die Kubanische Revolution bewegt (und zu dem sich jede Revolution ins Verhältnis zu rücken hat).

Mit dem Abdruck beider Texte wollen wir für die Leserinnen und Leser der Cuba Libre die Intensität, die Breite und die Ernsthaftigkeit illustrieren, mit denen in diesen Zeiten in Kuba um den richtigen Weg für die Fortführung der Revolution und den fortgesetzten Aufbau des Sozialismus gerungen wird.

CUBA LIBRE Tobias Kriele

CUBA LIBRE 3-2022