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Nachrichten aus und über Kuba

Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.


Verrätergeneräle

Der Kampf Salvador Allendes und seiner Mitstreiter um den Präsidentenpalast »La Moneda« in Santiago de Chile am 11. September 1973 (Teil I)

Fidel Castro, der kubanische Ministerpräsident, gab am 28. September 1973 – gestützt auf Augenzeugenberichte von Hortensia Bussi de Allende, den Töchtern Beatriz und lsabel sowie weiteren überlebenden Mitarbeitern Salvador Allendes – eine ebenso präzise wie engagierte Darstellung über den Kampf und den Tod des Präsidenten Chiles am 11. September 1973.

Am Morgen jenes Tages, um 6.20 Uhr, erhielt der Präsident in seiner Residenz einen Telefonanruf, in dem er über den Militärputsch unterrichtet wurde. Er versetzt seinen Persönlichen Schutz unverzüglich in Alarmbereitschaft und faßt den Entschluß, sich in den Regierungspalast »La Moneda« zu begeben, um die Regierung der Unidad Populär von seinem Posten als Präsident der Republik aus zu verteidigen. (…)

Im Palast informiert er über den Ernst der Lage und über seine Entschlossenheit, bis zum Tode zur Verteidigung der verfassungsmäßigen und legitimen Regierung des Volkes von Chile vor dem faschistischen Putsch zu kämpfen. Er analysiert die zur Verfügung stehenden Mittel und erteilt die ersten Befehle zur Verteidigung des Regierungspalastes. Innerhalb einer Stunde wendet sich der Präsident dreimal über den Rundfunk an das Volk.

Um 8.15 Uhr fordert die faschistische Junta den Präsidenten auf, sich zu ergeben. Sie bietet ihm an, in Begleitung seiner Familienangehörigen und seiner Mitarbeiter auf dem Luftwege das Land zu verlassen. Der Präsident antwortet ihnen, daß »sie als Verrätergeneräle nicht wissen, was Ehrenmänner sind«, und weist das Ultimatum empört zurück. Der Präsident hält in seinem Büro eine kurze Zusammenkunft mit mehreren hohen Offizieren des Korps der Carabineros ab, die sich zu diesem Zeitpunkt in feiger Weise weigern, die Regierung zu verteidigen. Der Präsident macht ihnen schwere Vorwürfe und entläßt sie mit Verachtung. Er fordert sie auf, den Ort unverzüglich zu verlassen. (…)

Während dieser Ereignisse treffen zahlreiche Minister, Staatssekretäre, Assessoren, die Töchter des Präsidenten, Beatriz und lsabel, sowie weitere Genossen der Unidad Populär im Regierungspalast ein, um in diesen kritischen Stunden in der Nähe des Präsidenten zu sein.

Gegen 9.15 Uhr werden die ersten Geschützsalven gegen den Palast abgefeuert. Über zweihundert Infanteriesoldaten rücken durch die Teatinos- und die Morande-Straße zu beiden Seiten des Platzes der Verfassung gegen den Präsidentenpalast vor und geben Schüsse auf das Arbeitszimmer des Präsidenten ab. Die Kräfte, die den Palast verteidigen, zählen nicht mehr als vierzig Personen. Der Präsident befiehlt, gegen die Angreifer das Feuer zu eröffnen, und schießt selbst auf die Faschisten, die sich unter zahlreichen Verlusten ungeordnet zurückziehen. Daraufhin lassen die Faschisten Panzer in den Kampf eingreifen. Direkt vom Arbeitszimmer des Präsidenten aus wird eine Panzerfaust auf den dem Haupttor am nächsten befindlichen Panzer abgefeuert, die diesen völlig zerstört. Zwei weitere Panzer konzentrieren ihr Feuer auf das Arbeitszimmer des Präsidenten, und ein Schützenpanzerwagen entlädt seine Maschinengewehre gegen das Privatsekretariat und das Büro des Persönlichen Schutzes. Mehrere Artilleriegeschütze eröffnen von der anderen Seite des Platzes der Verfassung ebenfalls ihr Feuer auf den Palast. Der Präsident eilt von Kampfposten zu Kampfposten und ermutigt die Verteidiger. Der heftige Kampf dauert über eine Stunde, ohne daß die Faschisten einen einzigen Zoll Boden gewinnen.

Um 10.45 Uhr versammelt der Präsident die zu seiner Hilfe in den Palast geeilten Minister, Staatssekretäre und Adjutanten im Toesca-Salon. Er sagt, daß auch der zukünftige Kampf Führer und Kader erfordere, daß alle Unbewaffneten bei der erstbesten Gelegenheit die Moneda verlassen, und alle diejenigen, die im Besitz von Waffen seien, auf ihrem Kampfposten ausharren sollten. Natürlich ist keiner der Mitarbeiter des Präsidenten, die keine Waffe haben, mit dessen Vorschlag einverstanden; auch nicht die Töchter des Präsidenten und die anderen Frauen, die sich in der Moneda befinden. Sie alle weigern sich, den Palast zu verlassen. Der Kampf wird immer heftiger. Die Faschisten stellen wütend neue Ultimaten und kündigen den unverzüglichen Einsatz der Luftwaffe an, sollten sich die Verteidiger nicht ergeben.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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junge Welt, 31.08.2013